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25 Jahre Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e.V.

Ein Wegstrecke, die geradezu einlädt, sich in einem ausschweifenden Rückblick zu verlieren. Anekdotenreich könnte auf die bewegten ersten Jahre des Vereins bis Ende der 70er Jahre zurückgeblickt werden, als ausgehend von der Solidaritätsarbeit zu Chile die Auseinandersetzung mit den lateinamerikanischen Militärdiktaturen zum zentralen Bezugspunkt der Aktivitäten des FDCL wurde. Gegen Ende der 70er kamen neue Themensetzungen und Debatten hinzu: die kritische Solidarität und Unterstützung der revolutionären Bewegungen in Mittelamerika, das sukzessive Ende der Militärdiktaturen und der Übergang zu demokratisch verfassten Regierungen auf nahezu dem ganzen Kontinent, die Verschuldungsproblematik Lateinamerikas. Die legendären "Lateinamerika-Tage" wurden durchgeführt und zahlreiche Publikationen erstellt. Das FDCL etablierte sich in diesen Jahren als ein wichtiger Akteur der bundesdeutschen Solidaritätsbewegung. Höhe- und zugleich Endpunkt dieser Entwicklung waren die Lateinamerika-Tage 1991 ("Gegen die HERRschende Weltordnung") und die Gegenkampagne zu den 500-Jahre-Feiern im "Kolumbus-Jahr" 1992.

 

Der Fall der Mauer, die Niederlage der Sandinisten in Nicaragua 1990, der vermeintlich alternativlose Siegeszug der neoliberalen Marktideologie auch in Lateinamerika - um hier nur einige Stichworte zu nennen - und die damit einhergehende Orientierungslosigkeit der Linken führten zu deutlichen Verfallserscheinungen innerhalb der internationalistischen Solidaritätsszene, der sich das FDCL immer zugehörig fühlte. Zahlreiche Publikationen und Diskussionspapiere dokumentieren diese Krise und die damit zusammenhängenden "Suchbewegungen" innerhalb der Solidaritätsbewegung. Jenseits der Pflege alter Gewissheiten, Orientierungen, und Abgrenzungsrituale hat dieser Prozess auch im FDCL zu offenen und produktiven Diskussionen geführt, die es mit ermöglicht haben, Mitte der 90er Jahre einen dramatische ressourcenbedingte Krise zu meistern, aufgrund derer das FDCL zeitweise kurz davor war, "den Laden dicht zu machen".

 

Die Verengung der materiellen Rahmenbedingungen korrespondiert gleichsam mit einem politischen Anpassungsdruck, der sich heute in der erheblichen Ausdifferenzierung der entwicklungspolitischen und solidaritätsbewegten Szene manifestiert. Dem haben wir versucht, offensiv zu begegnen - auf Grundlage einer politischen Auseinandersetzung mit eben diesen sich verändernden ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen für unsere Arbeit und den für uns relevanten Dikussionspozessen und Debatten. Ausgehend von unserem über die Jahre gewonnenen besonderen Profil, unseren originären Themenbereichen und Handlungsfeldern, ist es uns in den letzten Jahren gelungen, das Spektrum unserer Aktivitäten im Bereich der entwicklungspolitischen und solidaritätsbezogenen Inlandsarbeit auszubauen uns so neue Handlungsoptionen, Zielgruppen, aber auch Ressourcen(!) für unsere Arbeit zu erschließen. Nach 25 Jahren ist das FDCL heute politisch die bedeutendste und bekannteste Berliner Nichtregierungsorganisation zum Thema Lateinamerika. Die Menschenrechtsthematik war und ist für das FDCL der zentrale Bezugspunkt seiner solidaritäts- und entwicklungsbezogenen Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit.

 

Verschiedene Gruppen (u.a. die Mexiko-Gruppe, das Chile-Komitee, die Boliviengruppe, das Strassenkinderkomitee Brasilien) arbeiten unter dem "Dach" des FDCL und nutzen wie viele andere "externe" Initiativen und Einzelpersonen dessen Infrastruktur. Diese "Servicefunktion" als Anlaufstelle, Treffpunkt und Versammlungsort auch - und gerade für die LateinamerikanerInnen in Berlin - aufrechtzuerhalten, hat für das FDCL einen hohen Stellenwert. Hervorzuheben ist auch die enge Kooperation mit den Lateinamerika Nachrichten und - bei der Ausgestaltung des entsprechenden Arbeitsschwerpunktes im FDCL - mit der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Umwelt und Entwicklung BLUE 21.

 

Das Herzstück des FDCL ist und bleibt das umfangreiche, öffentlich zugängliche Zeitungs- und Zeitschriftenarchiv, das mittlerweile zum größten unabhängigen, nicht-staatlichen Lateinamerika-Archiv im deutschsprachigen Raum herangewachsen ist und über einen in dieser Form einzigartigen Bestand verfügt. Inzwischen ist das FDCL-Archiv technologisch "aufgerüstet" worden und in den vor kurzen ins Leben gerufenen bundesweiten Archivverbund "Archiv3" eingebunden, was den Austausch innerhalb der bundesweiten solidaritätsbewegten Archivszene erheblich befördert hat. Ob das FDCL auch noch in 25 Jahren auf eine ähnlich beeindruckende Vita zurückblicken kann, ob wir dann noch immer im Berliner Mehringhof residieren werden, darüber eine Aussage zu treffen, wäre angesichts all der bevorstehenden Unwägbarkeiten wirklich vermessen. Was wir uns aber nicht nehmen lassen, ist auch weiterhin mit illusinoslosem Optimismus in die Zukunft zu schauen!
Jan Dunkhorst
 
 
 
Aus den Urzeiten des FDCL
 
Veranstaltungsprogramm vom 7. bis 31. Oktober 1999

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FDCL
Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e.V.
Centro de Investigación y Documentación Chile-América Latina
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