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FDCL-Filmreihe: 02.03. - 05.03.2006

 

Kollektive Erinnerung aus der Perspektive junger argentinischer FilmemacherInnen

30 Jahre nach dem Militärputsch - 24. März 1976-2006

Das Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL) in Berlin führt anlässlich des 30. Jahrestages des Putsches in Argentinien eine Filmreihe zum Thema kollektive Erinnerung von Kindern Verschwundener durch. Diese Filme junger argentinischer Filmemacherinnen werden erstmals in Berlin präsentiert.

Am 24. März 2006 jährt sich zum 30. Mal der letzte Putsch in Argentinien. Die bis 1983 andauernde Militärdiktatur in Argentinien war eine der repressivsten und brutalsten in der lateinamerikanischen Geschichte. 30.000 Verschwundene und Ermordete, unzählige Verletzungen der Menschenrechte, sind die traurige Bilanz dieses Regimes. Außerdem blieben zahlreiche Kinder dieser Verschwundenen als Halb- oder Vollwaisen zurück. Andere wurden mit den Eltern entführt oder in den geheimen Folterzentren geboren - und später illegal an kinderlose Familien von Militärs oder ihre Freunde abgegeben. So sollte nicht nur eine sozial und politisch engagierte Generation ausgelöscht, sondern auch die Identität ihrer Kinder verändert werden.

30 Jahre sind seit dem Putsch in Argentinien vergangen - der 24. März 1976 ist jedoch nicht einfach ein Datum der Geschichte, dem regelmäßig auf die eine oder andere Art gedacht wird. Denn das politische, soziale und wirtschaftliche "Erbe" der Diktatur wirkt sich auf die gesamte argentinische Bevölkerung bis in die heutige Gegenwart aus. Und die Täter genießen nach wie vor größtenteils Straflosigkeit.

Noch heute leben (zu) viele dieser Kinder unter einer falschen Identität, oftmals aufgezogen von den Mördern ihrer Eltern. Auf der anderen Seite haben sich Kinder von Verschwundenen, die ihre Geschichte kennen, 1995 in der Organisation H.I.J.O.S. zusammen geschlossen. An der Seite zahlreicher Menschrenrechtsorganisationen kämpfen sie für die kollektive Erinnerung an die Militärdiktatur und für "Wahrheit und Gerechtigkeit, gegen das Schweigen und Vergessen".

 

Ort:

Acud Kino

Veteranenstraße 21

10119 Berlin-Mitte

U8 Rosenthaler Platz

 

Zeit:

2. - 5. März 2006

jeweils ab 19.00 Uhr, in Anwesenheit des argentinischen Filmproduzenten und Regisseurs Marcelo Céspedes

Eintritt 4,- Euro

 

Filmprogramm:

[Plakat zu Filmreihe als pdf]

Donnerstag, 02.03.:

19.00 Uhr

Präsentation der Filmreihe mit Marcelo Céspedes, Filmproduzent von Cine Ojo, Buenos Aires, Argentinien

 

H.I.J.O.S. El alma en dos (H.I.J.O.S. Mit geteilter Seele) von Carmen Guarini, Cine Ojo, 80 Min, OmeU

Das Thema der Identität ist für die Kinder von Verschwundenen, die in der Organisation H.I.J.O.S. (Kinder für die Identität und Gerechtigkeit, gegen das Vergessen und Schweigen) organisiert sind, Ursprung und Motor für ihre Aktionen. Ausgehend von einem nationalen und internationalen Netzwerk, das mittlerweile entstanden ist, agiert H.I.J.O.S. für den Aufbau einer Gesellschaft, in der Gerechtigkeit und Wahrheit nicht bloße theoretische Konzepte sind, sondern gelebte Praktik und alltägliche (Menschen)Rechte. Der Film begleitet ihre Suche nach Identität - Identitäten von individuellen ProtagonistInnen, die jedoch in einer kollektiven Suche verbunden sind. Ihre Geschichten erlauben uns, einen Blick in die jüngste Vergangenheit Argentiniens zu werfen, jedoch gleichzeitig die Gegenwart kritisch zu hinterfragen.

 

CheVoCachai von Laura Bondarevsky, 56 Min, OmU

Der Dokumentarfilm CheVoCachai ist ein Streifzug durch die verschiedenen Gruppierungen von Kindern Verschwundener aus Argentinien, Chile und Uruguay. Dabei werden auch die ähnlichen Diktatur-Vergangenheiten der drei Länder thematisiert. Die Kamera ist unsichtbare Beobachterin verschiedener Versammlungen von H.I.J.O.S. in diesen benachbarten Ländern Südamerikas. Innerhalb der Organisationen und im Austausch miteinander begegnen sich sehr persönliche, intime Sucheprozesse von einzelnen ProtagonstInnen. Der geschützte Raum von H.I.J.O.S. bietet ihnen Verbundenheit und die Möglichkeit, das Geschehene gemeinsam zu verarbeiten. Gleichzeitig entstehen hier kollektive und aktive Strategien für die Gegenwart, um die anhaltende Straflosigkeit der Mörder gegenüber einer Gesellschaft anzuprangern, die es vorzieht wegzuschauen.

 

Freitag, 03.03.:

19.00 Uhr

El tiempo y la sangre (Die Zeit und das Blut), von Alejandra Almirón, Cine Ojo, 65 Min, OmeU

Sonia Severini ist eine ehemalige Aktivistin der Montoneros. In den 70er Jahren kämpfte sie in der Peronistischen Jugend JP in den Arbeitervierteln von Morón, ein Außenbezirk im Westen der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires. Der Film stellt eine Reise in diese Vergangenheit dar. Am Beginn ihrer Reise "in den Westen" steht die Frage, was von den revolutionären Praktiken im eigenen Land, wo versucht wurde, neue Wege zu gehen und mit denen man scheiterte, heute übrig geblieben ist. Sie glaubt daran, dass das Heute als direkte Konsequenz aus dem Gestern existiert - und ist auf der Suche nach Antworten auf ihre Fragen. Jedoch scheitert sie mit ihrer ursprünglichen Intention und findet schlussendlich etwas anderes: Ein unerwartetes Zögern und eine Anklage von den Kindern dieser "unbesiegbaren" Generation. Sie entdeckt, dass es "im Westen" fast keine Überlebenden gibt, da dort im (Gegensatz zu andern Gegenden) die Repression besonders hart und unerbittlich wütete. Am allerwichtigsten ist jedoch, dass sie ihr persönliches Bedürfnis entdeckt, über diese intensive und tragische Etappe ihres Lebens zu reflektieren, um sie irgendwann abschließen zu können.

 

Los Rubios (Die Blonden), von Albertina Carri, 91 Min, OmeU

Ist es möglich eine Geschichte aus Erinnerungen zu konstruieren, die im Gedächtnis verstreut sind? Los Rubios ist ein Streifzug durch die verschiedenen Etappen der Erinnerung, ausgehend von der Abwesenheit der Eltern der Protagonistin. Fragmente, Phantasien, Erzählungen und Photos geben einer Realität eine Form, die zwar der Vergangenheit angehört, sich aber bis in die Gegenwart auswirkt. Ein Filmteam an der Seite, eine Schauspielerin die sie selbst repräsentiert und ein paar glückliche Playmobilfiguren ergeben das fragmentierte Universium dieser filmischen Collage, in der die Protagonistin Albertina Carri ein ums andere Mal die Unmöglichkeit(en) der Erinnerung entdeckt.

 

Samstag, 04.03.:

19.00 Uhr

Buenos Aires Viceversa von Alejandro Agresti, 122 Min, OmeU

Die ProtagonistInnen dieses Spielfilms von Alejandro Agresti sind desorientierte Jugendliche, zwei von ihnen Kinder von Verschwundenen der letzten Militärdiktatur Argentiniens, deren Leben mit denen von Erwachsenen verwoben werden. Das entstehende Beziehungsgeflecht mehrerer Parallelhandlungen führt schließlich zu einem dramatischen Ende. Dieses steht symbolisch für die Auswirkungen der gewaltsamen Vergangenheit bis in die heutige Gegenwart, die die Gefühle und Taten der zwei ProtagonistInnen beeiflussen.

 

Sonntag, 05.03.:

19.00 Uhr

Botín de Guerra (Kriegsbeute), von Davíd Blaustein, 112 Min, OmeU

Botín de Guerra ist ein Dokumentarfilm, in dem die Geschichte der Menschenrechtsorganisation der Großmütter der Plaza de Mayo und ihr Kampf um die Identifizierung und Rückführung der entführten und von Militärs angeeigneten Kindern rekonstruiert wird. Ebenfalls aufgezeigt wird, wie sich ihnen die Kinder von Verschwundenen in ihrem eigenen Organisations- und Politiserungsprozess sowie Geschwister, die sich auf der Suche nach ihren bis heute verschwundenen Brüdern und Schwestern befinden, anschließen.

 

Die Filmvorführungen finden mit anschließender Diskussion mit Marcelo Céspedes statt.