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Bildungswerk Berlin der hbs und FDCL laden ein in den Mehringhof:

08.09. 2006, 19.00 Uhr

Chile: erste Risse im neoliberalen Modell?

Eine offene Gesprächsrunde mit u.a. Alexander Schubert

Das neoliberale Modell scheint es längst geschafft zu haben, die Diktatur Pinochet zu überleben. Fast 17 Jahren seit dem so genannten Übergang zur Demokratie scheint auch die "Concertación", die Koalition von Christ- und Sozialdemokraten aller Couleur, fest im Sattel zu bleiben.
Michelle Bachelet, mit 53% der Stimmen als Präsidentin gewählt, verfügt über die Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments und die rechte Opposition schafft es nicht sich als Alternative zu profilieren.

Auf der ökonomischen Ebene geben die traditionellen Wirtschaftsindikatoren auch scheinbar keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Das Wachstum des BIP hält sich bei 5% jährlich. Die Inflation, seit Jahren unter Kontrolle, liegt nur etwas über 3% pro Jahr.
Aber der kapitalistische Konzentrationsprozess geht weiter: heutzutage produziert nur 1% der Unternehmen 96% der Exporte Chiles. 0,8% der Unternehmen des Landes generieren mehr als 80% der Umsätze und sorgen für 10% der Arbeitsplätze.
Doch das Witschaftswachstum generiert kaum neue Arbeitsstellen. Auf der sozialen Ebene hat sich die Situation ebenfalls nicht bedeutend geändert. Obwohl das Pro-Kopf-Einkommen der Chilenen schon die 7000 US$ erreicht hat, hat sich die Schere zwischen Armen und Reichen weiter geöffnet.
Eine offiziell anerkannte Arbeitslosenquote von über 8% (die von Forschungseinrichtungen sogar verdoppelt wird), immer mehr Menschen ohne jegliche soziale Absicherung und eine Jugendarbeitslosigkeit, die ca. 50% der junge Generation betrifft, zeigen uns eine reale Situation, die ganz anders ist als die offiziell als "chilenisches Erfolgsmodell" propagierte.

Und es ist gerade die Situation der Jugend, die uns die zunehmende Spaltung der chilenischen Gesellschaft aufzeigt. 50% der SchülerInnen besuchen die staatlich finanzierten Gemeindeschulen, 42% die halbstaatlichen Schulen und nur 8% die Privatschulen. Nach den Resultaten der letzten Universitätszugangsprüfung haben fast 70% der SchülerInnen der Privatschulen diese Prüfung bestanden, 22% aus halbstaatlichen Schulen und nur 13% aus staatlichen Gemeindeschulen.

Deshalb haben sich in den letzten Monaten ca. 800.000 SchülerInnen und StudentInnen mit großen Protestaktionen gegen den Zustand des Bildungssystems gewehrt und haben eine Reihe Forderungen durchgesetzt. Sie haben die Gründung eines Erziehungsrates erreicht, in dem StudentInnen und SchülerInnen repräsentiert sind. Dabei mussten am Ende der Erziehungsminister und sogar der Innenminister ihren Hut nehmen.
Vor kurzen fingen die SchülerInnen und StudentInnen an sich wieder in Bewegung zu setzen, da die versprochenen Reformen nicht mit der erwarteten Tiefe und Geschwindigkeit durchgeführt werden.

Darüber hinaus protestieren wichtige alte und neue soziale und politische Akteure für ihre Forderungen, unter anderen die "pobladores" (EinwohnerInnen der armen Viertel), die für eine Verbesserung ihrer Wohnungsituation kämpfen, die Mapuches,  die die volle Anerkennung der Rechte der Ureinwohner des Landes verlangen oder die neuen Organisationen, die versuchen ein alternatives Projekts zur neoliberalen Herrschaft zu entwickeln. Ebenso ist hier der Arbeitskampf der Bergarbeiter in der weltgrößten Kupfermine in Chile zu nennen.

Ort: Mehringhof (Versammlungsraum), Gneisenaustr. 2a, 10961; U-Mehringdamm (U6/U7)


Weitere Infos:
030 693 4029 (Eva Danninger) oder
030 395 57 52 (Isidoro Bustos V. e-Mail: isidorobustosv@web.de)