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Regenwald als Park?

Bild: Zeitschrift World Watch, Ausgabe Nov/Dez 2004

Naturschutz gegen schützende Nutzer

Diskussionsveranstaltung mit
Mac Chapin, Center of Support of Native Lands (USA)


Datum und Zeit: Freitag, 6. Februar 2009, 19:00 Uhr
Ort: Versammlungsraum im MehringHof, Gneisenaustr. 2a, 10 961 Berlin

Eintritt wie immer frei!
Sprache: englisch.

Im Kontext der sich zuspitzenden globalen, dreifachen Klima-, Energie- und Ernährungskrise rücken auch die verbliebenen tropischen Regenwälder wieder vermehrt in den Fokus des internationalen Interesses. Der sich vor diesem Hintergrund vollziehende Zugriff auf das Land - Agrarflächen und Naturräume - setzt dabei auf vielen Ebenen ein: "Inwertsetzung" der Natur durch Land- und Viehwirtschaft, Bergbau und Infrastrukturprojekte, Bioprospektion und Biopiraterie, - aber auch durch eine neue Form der "Inwertsetzung": mit dem Argument des Klimaschutzes werden Zertifikate ausgegeben und gehandelt, die "Klimaschutz durch Waldschutz" bewerkstelligen sollen.

 

Gleichzeitig wird vermehrt auch auf die "Erhaltung der Naturräume" durch Einrichtung von "Schutzzonen" abgezielt. Jedoch: welche Konsequenzen haben diese Schaffung von "Schutzzonen" für die tradionellen BewohnerInnen des Waldes? Was bedeutet für sie ein Konzept eines "Naturschutzgebietes" in der Realität? Welche sozialen und menschenrechtlichen Konsequenzen zeitigt ein solcher Naturschutz, der sich letztlich auch gegen die schützenden NutzerInnen des Territoriums selbst richtet? -  Werden die Regenwälder beispielsweise Mittelamerikas oder in Amazonien einerseits gerodet, verbrannt und "inwertgesetzt", - und der verbleibende Rest wird ein Park? Ein Park ohne Menschen?
Gemeinsam mit dem renommierten Anthropologen Mac Chapin vom Center of Support of Native Lands (USA) wollen wir diesen Fragen nachgehen.

Es laden ein:
FDCL - Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika
ASW - Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt
KoBra - Kooperation Brasilien
FIAN - Berlin

 

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Mac Chapin ist Anthropologe, der mit Indigenen in verschiedenen Teilen der Welt seit über 40 Jahren zusammen arbeitet. Er ist Direktor des Center of Support of Native Lands (USA). Im November 2004 publizierte er den Aufsehen erregenden Artikel im World Watch Magazine: "A Challenge to Conservationists".

Klaus Pedersen schreibt über Mac Chapins Artikel:
"Nüchtern betrachtet zählen zu den ersten Gewinnern der Schutzgebietspolitik die Naturschutzorganisationen, die sich so ihre eigene Existenzgrundlage schaffen. Mit den »großen internationalen Naturschutzorganisationen« sind in erster Linie der World Wildlife Fund for Nature (WWF), The Nature Conservancy (TNC) und Conservation International (CI) gemeint, gefolgt von der kleineren Wildlife Conservation Society (WCS), die in dem Ruf steht, Naturschutzziele gegenüber den indigenen und lokalen Gemeinschaften besonders rücksichtslos zu vertreten.

[...]

Chapin beginnt mit der Bezugnahme auf eine unveröffentlichte Evaluierung der Ford-Stiftung (ein wichtiger Geldgeber für die »großen drei«), in der festgestellt wurde, daß diese Organisationen in kurzer Zeit extrem groß und reich geworden seien und daß sie eine globale Herangehensweise an den Naturschutz verfolgten, »die eine Reihe von Fragen und Beschwerden durch lokale Gemeinschaften, nationale NGO und MenschenrechtsaktivistInnen hervorriefen« (Chapin 2004). [...] Chapin problematisierte die Zusammenarbeit der großen Naturschutz-NGO mit multinationalen Unternehmen, insbesondere aus der Öl-, Gas-, Arzneimittel- und Bergbaubranche und beklagte, daß die Zusammenarbeit mit indigenen Gemeinschaften nach einem Hype Anfang der 1990er Jahre zu einem Lippenbekenntnis geschrumpft sei. Als Ursache für das Scheitern der Zusammenarbeit mit Basisorganisationen identifizierte er die arrogante Herangehensweise der großen Organisationen, die den indigenen und lokalen Gemeinschaften stets die Projekte vorsetzten und zur »Teilnahme« einluden, aber den Basisorganisationen nie die Chance gaben, ihre eigenen Projekte zu entwerfen und durchzuführen. Bezüglich der Prioritäten kollidierten die Interessen der beiden Gruppierungen regelmäßig. Während auf der indigenen Agenda fast immer (und verständlicherweise) der Schutz der eigenen Landnutzung und die Legalisierung der Eigentumsverhältnisse an der Spitze stand, wollten die Naturschutzorganisationen als erstes die Schutzgebiete demarkieren und Managementpläne entwerfen. Chapin bescheinigt den großen Naturschutz-NGO, daß sie über die Köpfe der lokalen Bevölkerung hinweg agieren. [...]"
Aus: Klaus Pedersen: "Partner der Multis. Vorabdruck. Die internationalen Naturschutzunternehmen". junge welt vom 19.05.2008