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"El Vindicador! Kurt Gustav Wilckens"

 

MehringHof e.V. in Kooperation mit FDCL laden ein zu einem Abend mit Osvaldo Bayer im kreuzberger MehringHof:

"El Vindicador! Kurt Gustav Wilckens"

[Arg./BRD 1989, 45 min]
Regie: Frieder Wagner
Drehbuch: Osvaldo Bayer

Im Anschluß Vortrag und Diskussion mit Osvaldo Bayer (Drehbuchautor, Schriftsteller, Historiker, Journalist, Publizist und Menschenrechtsaktivist)

Zeit:
Freitag, 16. Januar 2009, 18:30 Uhr

Ort:
Versammlungsraum im MehringHof (Aufgang 3, 1.Stockwerk links über dem MehringHof-Theater), Gneisenaustr.2a, 10961 Berlin

Film und Diskussion auf deutsch (ggf. Flüsterübersetzung dtsch-span).

Eintritt wie immer frei! Entrada libre!

"El Vindicador! Kurt Gustav Wilckens"

Im August letzten Jahres zeigten wir in Anwesenheit Osvaldo Bayers den Film "La Patagonia rebelde", der die Vorkommnisse in Patagonien im Jahre 1921 schilderte: Vor dem Hintergrund einer Wirtschaftskrise starten die Ortsgruppen der anarchistisch geprägten Gewerkschaft FORA in ihren Hochburgen San Julián und Río Gallegos eine Kampagne, um neue Mitglieder unter den Tagelöhnern, Holzfällern und anderen Lohnarbeitern zu gewinnen. Die Antwort der Grossgrundbesitzer ist knallhart: Entlassungen, Gewalt, Drohungen. Allein das Verfassen einer Petition kann Repression bedeuten. Der Konflikt verhärtet sich und führt zu einer Erhebung der Arbeiter gegen die Oligarchie und die Institutionen des Staates. Es endet in einem Massaker an 1.500 Arbeitern und Tagelöhnern.

Nun zeigen der MehringHof e.V. in Kooperation mit FDCL - wiederum in Anwesenheit Osvaldo Bayers - die Fortsetzung, die zu Beginn des Filmes "La Patagonia rebelde" angedeutet wurde: Der aus Bad Bramstedt in Schleswig Holstein stammende Kurt Gustav Wilckens, Arbeiter, Gewerkschafter und Anarchist, plant ein Attentat auf den "Schlächter von Patagonien", Oberst Varela, das er am 27. Januar 1923 in Buenos Aires ausführte. Der Dokumentarfilm "El Vindicador! (Der Rächer!) Kurt Gustav Wilckens" von Frieder Wagner und Osvaldo Bayer aus dem Jahr 1989 erzählt die Geschichte Kurt Gustav Wilckens'.


Veranstaltet von Mehringhof e.V. - Verein zur Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung und Völkerverständigung (Berlin) in Kooperation mit FDCL (Berlin).



Zur Person Kurt Gustav Wilckens (Quelle wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Gustav_Wilckens)

Wilckens wurde 1886 in Bad Bramstedt (damals noch kein 'Bad'), Kreis Segeberg in Schleswig Holstein als eines von 8 Kindern von August Otto Wilckens und Johanna Henriette Harms geboren. Er begann früh in den Minen von Schlesien zu arbeiten und imigrierte mit 24 Jahren in die USA, wo er Arbeit in den Minen von Arizona fand. In Arizona bekam er Kontakt mit der Industrial Workers of the World (IWW), einer revolutionär-syndikalistischen Gewerkschaft. Er beteiligte sich an den Streiks und trat als Redner in den Massenversammlungen der Minenarbeiter auf. Gegen die wachsende Macht der Gewerkschaften heuerten die Minenbesitzer bewaffnete Streikbrecher an, die die Streikenden angriffen. Es kam zu Schießereien mit Toten auf beiden Seiten, schließlich zu einem handfesten Aufstand, der in einer Niederlage der Streikenden endete. 1186 Arbeiter, darunter 104 Wobblies genannte Mitglieder der IWW, wurden in Viehtrucks verladen und hinter der Grenze in der Wüste von Neu-Mexiko ausgesetzt.

Wilckens wurde als IWW-Gewerkschaftsmitglied gefangen genommen, ihm gelang die Flucht, aber er wurde schon bald wieder gefangen und zurück nach Deutschland deportiert. In Deutschland hatte er Kontakt zur anarchistischen Zeitschrift Alarm um Carl Langer in Hamburg und wurde zu einem Mitarbeiter. Es hielt Kurt Wilckens aber nicht lange in Deutschland, diesmal verließ er Europa Richtung Argentinien.

Ende September 1920 kam Wilckens in Buenos Aires an. Er arbeitete eine Zeit lang als Schauermann im Hafen und bewegte sich in der anarchistischen Szene dort, die damals eine Massenbasis in Argentinien hatte. Die Repression der Polizei brachte ihn im Mai 1921 für 4 Monate ins Gefängnis, einer Abschiebung konnte er entgehen. Nach seiner Freilassung setzte er all seine Energie und sein Geld dafür ein, seine Gefangenen Genossen zu unterstützen.

Die vom argentinischen Militär 1921 verübten Massaker an der Landbevölkerung Patagoniens verfolgte er von Buenos Aires aus. Die anarcho-syndikalistische Federación Obrera Regional Argentina (FORA) hatte die Landarbeiter zum Generalstreik organisiert; Oberst Héctor B. Varela befehligte die Massaker an ihnen mit 1500 Opfern. Sie erschütterten den von hohen ethischen Werten geleiteten Vegetarier, Abstinenzler und an einem Anarchismus von Leo Tolstoi orientierten Kurt Wilckens zutiefst.

Kurt Wilckens entschloss sich zum Handeln und plante allein ein Attentat auf den "Schlächter von Patagonien" Oberst Varela. Am 27. Januar 1923 warf er eine Granate auf ihn. Obwohl an den Beinen verletzt, machte dieser nun Anstalten seinen Attentäter anzugreifen, worauf Wilckens ihn mit einem Revolver erschoss. Als Wachmänner ihn überwältigten, rief er aus: "Ich habe meine Brüder gerächt!" Im Prozess erklärte er, daß er Varela erschoss, um zu verhindern, daß dieser jemals wieder jemanden tötet.

Das Gericht verurteilte Wilckens zu 17 Jahren Gefängnis. Bei der Armee und der argentinischen Rechten stieß das in ihren Augen zu milde Urteil auf keinen Zuspruch. Ein Komplott wurde geschmiedet. In der Nacht des 15. Juni 1923 schleusten Gefängniswächter Ernesto Perez Millan, Mitglied der faschistoiden, antisemitischen Gruppe Patriotische Liga, die von Armee, Kirche und Unternehmern unterstützt wurde, in die Haftanstalt ein. Während Wilckens in seiner Zelle schlief, schoss ihn Millan in die Brust. Kurt Wilckens starb am folgenden Tag. Nach der Ermordung von Wilckens kam es in Argentinien zu einem Generalstreik, in Deutschland zu einer Protestkundgebung, am 9.Juli 1923 in Berlin von der FAUD, Redner waren: Rudolf Rocker, Augustin Souchy und Berthold Cahn. Kurt Gustav Wilckens zum Gedächtnis entstanden in Argentinien Gedichte und Lieder (El Heroe) um ihn zu ehren, denn er galt in Argentinien als Held der Arbeiterklasse. Der Mörder Millan wurde wegen Unausgeglichenheit in eine Nervenklinik eingewiesen, wo er bald von einem anderen Patienten erschossen wurde.