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Ausländische Direktinvestitionen, bilaterale Investitionsabkommen und internationale Investitionsstreitigkeiten

Ein Projekt des FDCL

 

Projekthintergrund             Projektaktivitäten und Publikationen

 


Ausländische Direktinvestitionen, bilaterale Investitionsabkommen und internationale Investitionsstreitigkeiten

 

Seit einigen Jahren steigt die Zahl der Klagen vor internationalen Schiedsgerichten zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten beträchtlich an. Die auf dieses Gebiet spezialisierten internationalen Anwaltskanzleien sprechen von dem „hot issue“ der Zukunft, und auch die UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika CEPAL spricht von einem regelrechten Boom derartiger Verfahren, die hauptsächlich beim internationalen Schiedsgericht der Weltbank ICSID (International Centre for the Settlement of Investment Disputes) eingereicht wurden. Andere Organisationen, die die Schlichtung von Investitionsstreitigkeiten anbieten, sind neben anderen die International Chamber of Commerce (ICC), die UN-Commission on International Trade Law (UNCITRAL) sowie die Handelskammer von Stockholm. Während das 1965 gegründete ICSID zunächst nur jährlich einen Fall registrierte, wurde seit 1998 bereits monatlich eine neue Klage seitens transnationaler Konzerne eingereicht. Seit 2001 nahmen die Fälle abermals zu. Sie stehen damit in direktem Zusammenhang zu den seit den 1990er Jahren ansteigenden ausländischen Direktinvestitionen in Schwellen- und Entwicklungsländern.

Die Zunahme der Klagen vor internationalen Gerichten ist ebenfalls eine Folge der in den letzten Jahren sprunghaft angestiegenen bilateralen Investitionsabkommen (Bilateral Investment Treaty - BIT), die vielfach anstelle von Verfahren vor nationalen Gerichten den Gang vor ein internationales Tribunal wie das ICSID vorsehen. Hauptsächlich Industrieländer, allen voran die Bundesrepublik, schlossen derartige Abkommen mit den Zielländern ihrer im Ausland tätigen Unternehmen ab. Existierten 1989 lediglich 400 bilaterale Investitionsabkommen, kletterte laut UNCTAD World Investment Report ihre Zahl gegen Ende des Jahres 2005 weltweit auf 2495 bilaterale Investitionsverträge.

Wie sich nun zeigt, nahmen viele südliche Regierungen mit der leichtfertigen Unterzeichnung dieser Verträge einen empfindlichen Souveränitätsverlust hinsichtlich der entwicklungspolitischen Steuerung ausländischer Direktinvestitionen in Kauf.

Die in den betroffenen Ländern beginnende öffentliche Auseinandersetzung mit der Rolle der internationalen Investitionstribunale sowie der bilateralen Investitionsabkommen förderte bisher folgende Kritikpunkte zutage:
1.) Die bedenkliche Leichtigkeit, mit der Unternehmen Klagen bei den internationalen Streitschlichtungsorganen wie dem ICSID oder dem ICC u.a. einreichen konnten und diese akzeptiert wurden;
2.) Der Konflikt zwischen dem privaten Charakter internationaler Streitschlichtung in Investitionsfragen und dem öffentlichen Charakter der vorgebrachten Fälle. Private Unternehmen können gegen souveräne Staaten klagen. Anders als bei nationaler Gerichtsbarkeit berücksichtigen die internationalen Tribunale aber nicht, dass Staaten gänzlich andere Verpflichtungen haben (z.B. gegenüber ihren StaatsbürgerInnen) als Konzerne;
3.) Die beschränkten Revisionsmöglichkeiten;
4.) Die „Privatisierung der Justiz“, nach welcher bei privatrechtlichen Institutionen (bspw. ICC) Klage gegen Staaten eingereicht werden kann, anstatt die Beurteilung dieser nicht zuletzt auch öffentliche Interessen berührenden Streitigkeiten von Gremien unter demokratischer Kontrolle durchführen zu lassen;
5.) Die dem privaten Charakter der Tribunale geschuldeten intransparenten Verfahren. Meistens besteht nicht einmal die Verpflichtung zur Veröffentlichung von Klageschriften oder Urteilen und Betroffene werden nicht gehört;
6.) Das Fehlen eines vereinheitlichenden Fallrechts. Das ICSID beispielsweise setzt auf Initiative einzelner Unternehmen ad hoc-Tribunale ein, die – was bereits vorkam – zu ein und derselben Regierungsmaßnahme einander widersprechende Urteile fällten.
7.) Nicht zuletzt konkurrieren die verschiedenen existierenden Schlichtungsstellen um Streitfälle. Dieser Wettbewerb ermöglicht es den Konzernen, sich das für sie vorteilhafteste Gremium auszusuchen. Vielfach eröffnen die bilateralen Investitionsabkommen explizit diese Wahlmöglichkeit.
8.) Und nicht zuletzt die diese Investitionsstreitigkeiten vor internationalen Tribunalen erst ermöglichenden bilateralen Investitionsabkommen, die im Interesse des „Schutzes“ der Konzerne letztlich auch die demokratische Souveränität der beteiligten Staaten zu unterhöhlen drohen, indem ganze Politikbereiche im Sinne der „Regulierung der Deregulierung“ in einem grenzübergreifenden Netz dem Diktat der Profitinteressen der Konzerne unterworfen werden.

Das FDCL sieht die Dringlichkeit dieser Fragen, diskutiert und hinterfragt mit diesem Projekt die Konsequenzen der bisherigen Praxis bilateraler Investitionsabkommen und internationaler Investitionsstreitigkeiten am Beispiel der jüngsten Erfahrungen in Lateinamerika.

 

 

FDCL-Projektaktivitäten und Publikationen zu ausländischen Direktinvestitionen, bilateralen Investitionsabkommen und internationalen Investitionsstreitigkeiten

 

Publikation: The Bilateral Investment Treaties and the cases at ICSID: The Argentine experience at the beginning of the XXI century
Ricardo Ortíz (FOCO - Foro Ciudadano de Partcipación por la Justicia y los Derechos Humanos, Argentina). Sept. 2006 [more].

Publikation: Die Plünderung ist vorbei. Boliviens Nationalisierung der Öl- und Gasindustrie. Hintergrundpapier von Thomas Fritz, ISBN-13: 978-3-923020-32-4, ISBN-10: 3-923020-32-5, FDCL, Berlin, Sept. 2006 [mehr].

Veranstaltung: 10.-13.05.2006 Investitionsstreitigkeiten vor internationalen Tribunalen: Die Fälle Argentiniens und Boliviens. Klagen vor dem ICSID und entwicklungspolitischer Reformbedarf
Seminar & Workshop des Lateinamerikareferats der Heinrich Böll Stiftung (Berlin) und des Forschungs- und Dokumentationszentrums Chile-Lateinamerika (FDCL, Berlin) auf dem Enlazando Alternativas-Kongress in Wien [mehr].

Veranstaltung: 08.05.2006 Investitionsstreitigkeiten vor internationalen Tribunalen: Die Fälle Argentiniens und Boliviens. Klagen vor dem ICSID und entwicklungspolitischer Reformbedarf
Informations- und Diskussionsveranstaltung des Ökumenischen Büros für Frieden und Gerechtigkeit (München), des Lateinamerikareferats der Heinrich Böll Stiftung (Berlin) und des Forschungs- und Dokumentationszentrums Chile-Lateinamerika (FDCL, Berlin). Mit Ricardo Ortíz (FOCO - Foro Ciudadano de Participación por la Justicia y los Derechos Humanos, Argentinien), Julián Perez (FEJUVE - La Federación de Juntas Vecinales, EL ALTO, Bolivien) und Thomas Fritz (FDCL/BLUE21, Berlin), Ort: Kulturladen Westend, Ligsalzstraße 44, 80 339 München, Zeit: 19:00 Uhr [mehr].

Veranstaltung: 06.05.2006 Investitionsstreitigkeiten vor internationalen Tribunalen: Die Fälle Argentiniens und Boliviens. Klagen vor dem ICSID und entwicklungspolitischer Reformbedarf
Informations- und Diskussionsveranstaltung des Lateinamerikareferats der Heinrich Böll Stiftung und des Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika mit Ricardo Ortíz (FOCO - Foro Ciudadano de Participación por la Justicia y los Derechos Humanos, Argentinien), Thomas Fritz (FDCL/BLUE21, Berlin). Ort: Haus der Demokratie, Zeit: 20:00 Uhr [mehr].

Publikation: Ricardo Ortiz (FOCO): Los tratados bilaterales de inversiones y las demandas en el CIADI: la experiencia argentina a comienzos del siglo XXI
Informe de FOCO - Foro Ciudadano por la Justicia y los Derechos Humanos. Argentina. Informe preparado por Ricardo Ortiz, sociólogo, investigador del equipo de FOCO. Informe elaborado por encargo del FDCL - Centro de Documentación e Investigación Chile-Latinoamerica, Berlín, Alemania, Abril 2006 [mehr].

Publikation: Globale Wertschöpfung und abhängige Entwicklung. Das Automobilregime im MERCOSUR, Studie von Thomas Fritz, Berlin, Dezember 2005 [mehr].

 

Publikation: Brasiliens handelspolitische Agenda zwischen Multi- und Bilateralismus,
Studie von Christian Russau, Berlin, Dezember 2005

 

Publikation: INVESTMENT REGIMES IN THE EU-MERCOSUR NEGOTIATIONS, by Christian Russau, Berlin, September 2005 [mehr].

Publikation: Investitionsregime in den EU-MERCOSUR-Verhandlungen [Teil II von Produktion der Abhängigkeit, ISBN 3-923020-31-7]
Studie von Christian Russau, im Auftrag des Forschungs- und Dokumentationszentrums Chile - Lateinamerika e.V. (FDCL), Okt.2005.

 

Publikation: Produktion der Abhängigkeit:Wertschöpfungsketten. Investitionen. Patente
Thomas Fritz, Christian Russau, Cícero Gontijo
© FDCL, Berlin, Oktober 2005, 1.Aufl.
ISBN: 3-923020-31-7. Herausgegeben vom Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile - Lateinamerika e.V. (FDCL) [mehr].

 

Publikation: PRÄFERENTIELLE HANDELSABKOMMEN UND EXPORTHYBRIS - MULTI- UND BILATERALISMUS IN DER POLITISCHEN FREIHANDELSAGENDA ZWISCHEN EU UND BRASILIEN, Christian Russau (Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile/Lateinamerika e.V. - FDCL), 2.Sept.2004 [mehr].

Publikation: Jorge Carpio / Ricardo Ortiz (Foro para la Participación Ciudadana -FOCO): Posibles impactos de un acuerdo de libre comercio entre la Unión Europea y América Latina - el caso argentino, FDCL-Verlag 2004, 71 S. [mehr].

Publikation: Milton Torrelli / Claudia Torrelli (REDES-Amigos de la Tierra, Programa Comercio y Sustentabilidad): Inversión Directa Extranjera en Uruguay, transnacionales europeos y agenda de la sociedad civil de cara a un acuerdo de libre comercio MERCOSUR-UE, FDCL-Verlag 2004, 63 S. [mehr].

 

Publikation: Christian Russau (FDCL): Enforcement of international trade regimes between the European Union (EU) and the Common Market of the South (MERCOSUR)? Foreign direct investment as the object of free trade negotiations: Between investors´ rights, development and human rights, FDCL-Verlag 2004, 137 S. [mehr].

Publikation: Durchsetzung internationaler Handelsregime zwischen Europäischer Union (EU) und dem Gemeinsamen Markt des Südens (Mercosur)? Christian Russau (Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile/Lateinamerika e.V. - FDCL): EU - Mercosur Info-Bulletin N°1: Ausländische Direktinvestitionen als Gegenstand der Freihandelsverhandlungen im Spannungsfeld von Investorenrechten, Entwicklung und Menschenrechten, Januar 2004 [mehr].


Publikation:
Dokumentation zu: Die panamerikanische Freihandelszone ALCA / FTAA. Herausforderungen und Alternativen. Eine Fachtagung der Heinrich-Böll-Stiftung (hbs) und des Forschungs-und Dokumentationszentrums Chile-Lateinamerika (FDCL) in Kooperation mit dem Lateinamerikainstitut der Freien Universität Berlin (LAI) und dem Ibero-Amerikanischen Institut Berlin. FDCL-Verlag, 2003, 176 Seiten. [mehr].

Veranstaltung: 25.06.2003 Fachtagung ALCA und Investitionen: Lateinamerika und die aktuelle Agenda der Liberalisierung von Handel, Dienstleistungen und Investitionen / Zivilgesellschaftliche Netzwerke und Monitoringprojekte [mehr].

Veranstaltung: 24.06.2003 Fachtagung ALCA und Investitionen: Lateinamerika und das Szenario der grossen Freihandelszone ALCA / Auswirkungen von Freihandelsabkommen / "Die Grosse Freihandelszone Amerika ? Herausforderungen und Alternativen: Protesta con Propuesta [mehr].