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Agroenergiepflanzen-Glossar

Photo: Kurt Damm (FDCL)

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Glossar zu Agroenergiepflanzen

Verfaßt von Sandra Schuster und Franziska Löschner

FDCL - Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika

Berlin, Ende 2008

 


Batate (Süßkartoffel)

Alle Photos: FDCL

(en: sweet potatoe, es: batata, camote, pt: batata-doce, fr: patate douce)

Familie: Convolvulaceae (Windengewächse)

Herkunft und Geschichte:
In den gesamten Tropen und Subtropen verbreitete Nahrungspflanze, stammt wahrscheinlich aus Südamerika, Peru im 16.Jhdt kam die Batate über die Kanarischen Inseln nach England. In einigen Gebieten Hauptnahrungsmittel.

Biologie:
Einjährige, krautige Pflanze mit sortentypisch verschiedenen Blattformen wächst als niedrige Staude, die in zahlreichen Varietäten inzwischen pantropisch verbreitet ist, es gibt Tausende von Sorten, mit weißem hellgelben bis tief orange gefärbtem Fleisch, mit hellockerfarbener, brauner, roter bis tiefvioletter Rinde, kurze, fast runde längliche oder bis zu 1m langen Knollen, mit kurzer, mittlerer und langer Vegetationszeit. Die stärke- und zuckerhaltigen Knollen sind verdickte Wurzeln (hoher Nährwert, viel Calcium, Phosphor, Vitamin A und C, pflanzliches Eisen) und halten sich mehrere Wochen bis viele Monate. Wie beim Cassava / Maniok können die Knollen monatelang im Boden belassen und sukzessive geerntet werden. (Vgl. Tanzania-Network, Habari 3/ 2007:20, URL tanzania-network.de/download/HabarisOnline/2007_3.pdf.

Ansprüche:
Hohe Ansprüche an die Temperatur – gedeihen erst ab 18°C. allerdings nicht so anspruchsvoll wie andere Knollenpflanzen. Niederschlag 700-1250 mm. Pflanze überlebt lange Trockenperioden. Allerdings ist für gute Knollenqualität und hohe Erträge eine gleichmäßige Wasserversorgung wichtig. Braucht gut durchlüfteten und drainierten Boden

Düngung:

Schädlingsbekämpfung:
Viruserkrankungen, Käfer, Larven und Raupen; rechtzeitige Ernte, Insektizideinsatz und Fruchtwechsel. Herbizideinsatz in den ersten Wochen. Batate ist gut selbstverträglich.

Ertrag:
2005 betrug die Ernte weltweit knapp 130 Mio. Tonnen; Weltdurchschnitt liegt bei 14 t/ ha.

Größte Produzenten:

China, Nigeria, Uganda, Indonesien, Vietnam, Japan, Indien, Tansania, Ruanda, Madagaskar (FAOSTAT, Angaben für 2007). In Europa: Portugal, Spanien und Italien.

Analysten schätzen, dass derzeit weniger als 5 Prozent der weltweit produzierten Kartoffeln international gehandelt werden, ebenso sei auch die Preisentwicklung sortentechnisch, dh. abhängig von lokal verbreiteten Geschmacksrichtungen und wenig von der internationalen Nachfrage bestimmt. In Zusammenhang der Nahrungsmittelkrise und steigender Preise für Getreide und bestimmte Ölsaaten sei dies ein großer Vorteil. Entscheidend sei zudem, dass Kartoffeln kein „global gehandelter Rohstoff”sind, so dass Finanzspekulanten sich kaum angezogen fühlen dürften (Vgl. Reuters 15/4/2008, „As other staples soar, potatoes break new ground”, URL www.reuters.com/article/worldNews/idUSN0830529220080415)



Produkt und Verwendung:

Als stärkehaltige Pflanze zur Gewinnung von Ethanol. Die Kartoffel ist in ihren verschiedenen Sorten eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel weltweit und insbesondere in vielen Ländern des Südens, die Landwirtschaft- und Ernährungsorganisation der VN (FAO) erklärte 2008 zum „Jahr der Kartoffel”, um u.a. auf diese Bedeutung aufmerksam zu machen. Süßkartoffeln sind Hauptnahrungsmittel in vielen tropischen Ländern: als Kartoffeln zubereitet, verarbeitet zu Mehl, Stärke, alkoholischen Getränken (in Westindien, Lateinamerika), Blätter (eiweißreich) werden in afrikanischen Ländern wie Spinatgemüse zubereitet; Nutzung der Knollen und Blätter als Tierfutter, Knolle zur Herstellung von Biokunststoffen


Anbau und Verbrauch (Kartoffel)

Heute werden weltweit fast doppelt so viele Kartoffeln geerntet wie vor zwanzig Jahren. Laut FAO ist seit 1991 ein Produktionszuwachs von 95 Prozent zu verzeichnen, der insbesondere auf Ernteertragssteigerungen in Entwicklungs- und Schwellenländern zurückzuführen ist. Regional vor allem in Asien: in Indonesien wurden in den letzten zehn Jahren zehn Prozent mehr Kartoffeln geerntet, in Nepal fast neun, China verzeichnet jährliche Zuwächse von sechs Prozent. In Lateinamerika werden die meisten Kartoffeln in Mexiko und Peru geerntet. (Vgl. FAO 2008, „International Year of the Potato 2008 - New light on a hidden treasure”: 133, URL www.potato2008.org/pdf/IYPbook-en.pdf, vgl. hierzu u. zum folgenden zudem gtz, „Kartoffelanbau und Verbrauch”, URL https://www.gtz.de/de/themen/laendliche-entwicklung/22226.htm)

Die Nation mit dem größten Verbrauch ist Russland, pro Kopf und Jahr rund 250 Kilo, das Fünffache des Weltdurchschnitts. Dahinter folgen Ukraine und Weißrussland mit etwa der vierfachen Durchschnittsmenge sowie die EU mit der dreifachen. Weit abgeschlagen kommen die USA und China. Die Menschen im Reich der Mitte liegen mit 53 Kilo ziemlich genau im Schnitt. Schlusslichter sind Südamerika und Afrika.

Gentechnik:
Forschung an Herbizidtoleranz, Virus-, Pilzresistenz, Anreicherung mit gesundheitsförderenden Inhaltsstoffen; Freilandversuche: 12 in den USA;

Nutzung für Treibstoffgewinnung:
Zunehmende Rolle der Batate in Chinas Biotreibstoffplanung: Im Mai 2007 wurde vom chinesischem Staatsrat eine Direktive beschlossen, anstelle von Mais und anderen Getreidesorten, die wichtige Grundnahrungsmittel stellten, u.a. die Süßkartoffel zu nutzen. Bereits im Rahmen der 11. Fünfjahresplanung ( 2006-2010) hatte die Regierung deutlich gemacht, dass sie keine neue Anlagen, die Getreide für Biotreibstoff verwendeten, genehmigen würde. (Vgl. USDA Foreign Agricultural Service 17/7/2009, „China Biofuels Annual”, URL gain.fas.usda.gov/Recent%20GAIN%20Publications/BIOFUELS%20ANNUAL_Beijing_China%20-%20Peoples%20Republic%20of_2009-7-17.doc.pdf) Chinas „Erneuerbare Energien Plan”sieht vor, die Produktion von aus Pflanzenstoffen gewonnenem Ethanol bis 2020 von einer Millionen auf zehn Millionen Tonnen auszuweiten. (Für weitere Information vgl. SciDevNet 5/9/2007, „China launches large-scale renewable energy plan”, URL www.scidev.net/en/news/china-launches-largescale-renewable-energy-plan.html)

In Nigeria wird neben anderen Anbausorten der Einsatz von transgenen Süßkartoffel-Varietäten erwogen, die eine kosteneffiziente Ethanol-Produktion versprechen und im Rahmen einer langfristigen Planung gefördert werden sollen. (Vgl. Nigerian National Petrolium Corporation, “Draft Nigerian Bio-Fuel Policy and Incentives”: 22, URL www.globalbiofuelsltd.com/NNPC%20Approved%20Ethanol%20policy.pdf)


Bewertung als Treibstoff:
Einem Forscherteam an der North Caroline State University zufolge bietet die Süßkartoffel Potenzial für die Nutzung als Biotreibstoff.  Ausgangspunkt ihrer Untersuchungen bildet eine für den industrie-mechanischen Anbau entwickelte Hybridsorte mit höherem Stärkegehalt, die nicht zum Verzehr geeignet ist. Bislang bestehe jedoch ein Hauptproblem in der kosteneffizienten Produktion, so dass sich hieran weitere Forschungen anschließen. Üblicherweise werden Süßkartoffeln mit der Hand gepflanzt und geerntet. (Zu den Forschungen vgl. Associated Content 1/10/2007, “Sweet Potatoes May Prove a Strong Alternative Biofuel Source, Researchers Say”, URL www.associatedcontent.com/article/464260/sweet_potatoes_may_prove_a_strong_alternative.html, zudem Farmpress 18/11/2008, “Sweet potatoes enter biofuels arena”, URL southeastfarmpress.com/biofuels/biofuels-feedstock-1118/) Wissenschaftler der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt Empa stellen heraus, dass bei Treibstoff aus Kartoffeln, hohe Rohstoff-, Lager- und Verarbeitungskosten ins Gewicht fallen. (vgl. Rainer Zah, Heinz Böni, Marcel Gauch, Roland Hischier, Martin Lehmann und Patrick Wäger (Empa): Ökobilanz von Energieprodukten: Ökologische Bewertung von Biotreibstoffen: 31)

Treibhausgasbilanz:

Treibhausgaseinsparung von ungemischtem Pflanzentreibstoff aus der Kartoffel (Ethanol / Schweiz) gegenüber fossilem Treibstoff (Benzin, EURO3): unter 10% (Empa-Studie 2007), anfallende THG-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette wurden mit einberechnet, wie landwirtschaftlicher Anbau, Treibstoff-Produktion, Treibstoff-Transport, Fahrzeug-Betrieb, Infrastruktur (Fahrzeug, Straßen)

Umwelt- und Prognose-Institut (UPI) ermittelt CO²-Ausstoss über 0,20kg/km, entstehend vor allem bei Anbau und Produktion, Wert liegt höher als bei Erdöl-Benzin durch Verbrauch/sprich Auto fahren anfällt. Berechnungen aus dem Jahr 1992, unter Bedingungen der Landwirtschaft in Europa, Emissionen anderer klimawirksamer Gase mit einberechnet. (Vgl. URL www.upi-institut.de/biosprit.htm)


Bemerkungen zur Ökogesamtbilanz:
Gegenüberstellung mit Umweltbelastungen insgesamt: negative Ökobilanz angesichts Zunahme von ökologischen Belastungen im Vergleich zu fossilen Treibstoffen, hohe Belastung bei der Nutzung Schweizer Kartoffeln ist insbesondere durch die hohe Gewichtung der Nährstoffauswaschung (Eutrophierung) zu erklären neben Belastungen wie Atemwegserkrankungen und Versauerung, letzteres beinhaltet verschiedene Auswirkungen auf den Boden, Grundwasser, Oberflächengewässer, Ökosysteme, aber auch auf Gebäude. (Empa-Studie 2007)


Weiterführende Informationen:

Nutzung der Süßkartoffel für Ethanolproduktion in Brasilien (Paraná), Artikel gibt Einschätzungen parlamentarischer Vertreter, Forschungsunternehmen und staatlicher Einrichtungen in Zusammenhang öffentlicher Anhörung wieder: Correio Paranaense 26/6/2008, “Álcool produzido a partir da batata-doce poderá ser fonte de renda para agricultura familiar”, URL ethanolbrasil.blogspot.com/2008/06/lcool-produzido-partir-da-batata-doce.html

Zu Biotreibstoffen in China, insbesondere Diskussionen über den Wasserverbrauch von Anbausorten, vgl. SciDevNet 11/10/2007,  „Chinese biofuel 'will not stress water resources'”, URL www.scidev.net/en/news/chinese-biofuel-will-not-stress-water-resources.html)

Umfangreiche Informationsbroschüre der FAO, anlässlich dem „Jahr der Kartoffel”herausgebracht: Food and Agriculture Organziation of the United Nations 2008, „International Year of the Potato 2008 - New light on a hidden treasure”, URL www.potato2008.org/pdf/IYPbook-en.pdf

Internationales Kartoffelforschungszentrum in Lima, Peru (CIP-nach spanischer Bezeichnung Centro International de la Papa) ist ein führendes Forschungszentrum, das sich mit Kartoffeln und Süßkartoffeln befasst: URL www.cipotato.org

„Kartoffelwelt. Karriere einer Knolle”, Wanderausstellung der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (gtz) zur Kartoffel, dreht sich um die Themenfelder "Produktion und Verbrauch", "Botanik und Kultur", "Vielfalt, Forschung und Züchtung" sowie "Ernährungssicherung und Entwicklungszusammenarbeit", Informationen zu Stationen der Ausstellung sowie die dazugehörigen Poster und Publikationen, URL https://www.gtz.de/de/themen/laendliche-entwicklung/22224.htm

Zur Stärkebildung in, und -gewinnung aus der Kartoffel, vgl. Smetanska, Iryna, „Physiologie pflanzlicher Lebensmittel, Vorlesung 4 Plastide, Amyloplaste”, URL www2.tu-berlin.de/~foodtech/Smetanska/Vorlesungen/VL-Physiologie4-Amyloplaste-Smetanska-web%20%5BCompatibility%20Mode%5D.pdf



Gefördert von der Deutschen Behindertenhilfe - Aktion Mensch e.V., der Europäischen Union und der InWEnt GmbH aus Mitteln des BMZ.


 

 

This publication was made possible through the financial support of the European Community. The opinions expressed therein represent the opinion of the author and do not represent the official opinion of the European Community.

This publication  was elaborated within the framework of the cooperation-project "Handel-Entwicklung-Menschenrechte" of the Heinrich Böll Foundation (hbs), the Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL), and the Transnational Institute (TNI). More information at:

http://www.handel-entwicklung-menschenrechte.org



FDCL, Berlin: fdcl-berlin.de/de/
TNI - Transnational Institute, Amsterdam: www.tni.org
Fundação Heinrich Böll, Rio de Janeiro: www.boell-latinoamerica.org/pt/nav/35.htm
Heinrich Böll Stiftung, Referat Lateinamerika, Berlin: www.boell.de