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Agroenergiepflanzen-Glossar

Photo: Kurt Damm (FDCL)

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Glossar zu Agroenergiepflanzen

Verfaßt von Sandra Schuster und Franziska Löschner

FDCL - Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika

Berlin, Ende 2008

 


Leindotter (camelina sativa)

(en: false flax, gold-of-pleasure, es: camelina, lino falso, pt: camelina, fr: cameline)

Familie: Cruciferae (Kreuzblütler) - zu unterscheiden von Leinsaat / Leinsamen (Linum usitatissmum), Samen des Flachs (zugehörig zur Familie der Leingewächse = Linaceae)

Herkunft und Geschichte:
Ursprünglich aus Südostasien, als Unkraut in ganz Europa und nördlichen Asien und östlich bis zum Baikalsee vorkommend, Kulturform hat sich aus Wildform (Lein) entwickelt, entscheidende Schritt geschah, als die Menschen bemerkten, dass der Samen Öl beinhaltet, und die Pflanze erstmals getrennt vom Lein kultivierten. (Für weitere Informationen vgl. „Leindotter-Infos”URL www.leindotter.de/literatur.html);  

Biologie:
Einjährige Pflanze, die 30 bis 120 cm langen Stängel mit Nebentrieben ausbildet. Laubblätter sind von lanzettlicher Form. Die Blüten bilden eine lockere Traube (4-5 mm groß) mit kleinen hellen bis dunkelgelben Blättern. Die birnenförmigen winzigen Schoten (8-12 keilförmige, gelb bis rotbraune Samen) entstehen nach der Selbstbefruchtung. Der Ölgehalt ist, mit ca. 42%, hoch.

Ansprüche:

Anspruchslos und trockentolerant, Schnellwüchsigkeit, Sommerform kaum frostempfindlich, Leindotter erreicht selbst auf leichten, nährstoffarmen und wenig tiefgründigen Böden ausreichende Erträge, d.h. wächst auch auf trockenen und sandigen Böden (vgl. Technologie und Förderzentrum Bayern, „Leindotter. Reichlich Öl bei Minimalaufwand”, URL www.tfz.bayern.de/sonstiges/16459/07brs049_leindotter_reichlich_oel_bei_minimalaufwand.pdf)

Düngung:
Stickstoffdüngergaben je nach Bodenbeschaffenheit (Quelle: URL www.umweltlexikon-online.de/fp/archiv/RUBlandwirtsrohstoffe/Leindotter.php)

Schädlingsbekämpfung:
Wenig anfällig gegenüber Krankheiten und Schädlingen

Ertrag:

20-35 dt/ ha

Hauptanbauländer:
Russland, Balkanregion, Nordfrankreich, Belgien, Holland

Produkt und Verwendung:
Verwendung für Pflanzen/Speiseöl, Leinöl hat natürlich hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren, was Öl wertvoll zum Kochen, insbesondere für die kalte Küche macht; zudem Verwendung als Zutaten für Brot und Getreidebrei; Leindottersamen für Tier- (Vogel-)futter, allerdings Fütterungs-, bzw. Vermarktungsverbot für Leindotter-Presskuchen; Verwendung für pharmazeutische Produkte, Cremes und Kosmetikprodukten angesichts hohen Gehalts an alpha-Linolensäure sowie in technischer Industrie (Farben, Lacke)

Ölanteil bei Leindotter – ähnlich wie bei Raps, insgesamt wird von geringeren Produktionskosten ausgegangen, da weniger Bedarf an Düngemitteln und Pestiziden besteht. Aufgrund dieser Faktoren wächst das Interesse an Leindotter als alternative Anbausorte für Biodiesel, beispielsweise in westlichen Bundesstaaten der USA. (Vgl. Pahl, Greg, Mc Kibben, Bill, „Biodiesel: growing a new energy economy”: 40f.)

Potenziale werden in Deutschland für dezentralen Mischfruchtanbau gesehen, Berechnungen von E. Schrimpff, Professor a.D. an der FH Weihenstephan und Vorsitzender des Bundesverbandes Pflanzenöle, legen vergleichsweise großes Energie-Input-Output-Verhältnis nahe, zudem erreicht Leindotteröl im Vergleich mit anderen flüssigen biogenen Treibstoffen eine hohe Energiedichte (kWh/L = 9,2), vgl. Prof. em. Dr. E. Schrimpff, „Pflanzenöl im Vergleich zu anderen biogenen Kraftstoffen – Zur Absurdität der Politik der Bundesregierung -”, Vortrag anlässlich des Forums ‚Bioenergie‘ der enertec 2009 in der Neuen Messe Leipzig, URL www.biosolar.de/images/ATT00063.pdf; vgl. zudem „Leistungsfähigkeit und Wechselwirkungen von Ölpflanzen in Mischkultur”, Beitrag von Beitrag von Dr. Petra Becker im Magazin Pflanzenöl, Ausgabe 3-08, URL biokraftstoff-portal.de/mv/index.php

Forschungsprojekt an der Universität Rostock untersuchte das Ertragspotenzial von Leindotter (Anbau), durchgeführt wurden zudem Grundlagenuntersuchungen im Biotreibstofflabor (Eigenschaften / Treibstoff), Motorenprüftest sowie Dauerlauftest in einem Traktorenmotor, für eine Zusammenfassung der Ergebnisse vgl. Prof. Horst Harndorf et al. / Universität Rostock, „Nutzung von Leindotteröl als Kraftstoff”, Vortrag anlässlich des 6. Pflanzenölfahrertreffens in Luplow 2008, URL www.biokraftstoff-portal.de/data/partner/File/Mecklenburg-Vorpommern/Veranstaltungen/Leindotter-Vortrag-Luplow-2008.pdf


Testflüge in USA
Das weltweit tätige Express-Luftfrachtunternehmen FedEx strebt bis 2030 an, ein Drittel seines Flugzeugkraftstoffes durch Biokraftstoffe zu ersetzen. Die Vorgabe, “30 bis 30”genannt, beabsichtigt die Biokraftstoffe der zweiten Generation zu nutzen, die aus Rohmaterialien wie der Purgiernuss, Algen, Chinaschilf und Leindotter hergestellt werden. Fred Smith, CEO und Vorstandsvorsitzender von FedEx gab laut greenbiz.com bekannt, dass es 2008 erfolgreiche Erprobungsflüge mit Biokraftstoff gab, die Mischungen aus Petroleum und Purgiernuss, Algen und Leindotter verwendeten. Vgl. ICCA, This week in CSR – 4/5/2009, URL www.cca-institute.org/pdf/twicsr/04_05_09_ger.pdf

Nach Ansicht des Flugzeugbauers Boeing könnte Pflanzentreibstoff bereits in wenigen Jahren dem Kerosin Konkurrenz machen. "Wir erwarten für Ende 2010 die Zertifizierung des Treibstoffs für Verkehrsflugzeuge", sagte Boeing-Umweltstratege Billy Glover während der ITB in Berlin, im März 2009. Eine Option sei es, den Kraftstoff aus Algen zu produzieren, wobei es voraussichtlich noch 10 bis 15 Jahre dauere, bis dieser Kraftstoff marktreif sei. Zunächst sei mit Flugbenzin aus anderen Pflanzen wie Leindotter zu rechnen. Zeitungsberichten zufolge hat auch Japan Airlines hat im vergangenen Testflüge mit Jatropha- /Algen- und Leindottermischungen vorgenommen. (Vgl. Caribbean News Digital 19/3/2009, „Biosprit in wenigen Jahren marktreif”, URL www.caribbeannewsdigital.com/de/News%282872%29.html, zudem: The New York Times 29/5/2009, “Plant-derived fuels could be certified for flights within a year, says Boeing exec”, URL www.nytimes.com/gwire/2009/05/29/29greenwire-plant-derived-fuels-could-be-certified-for-fli-24118.html; Studie der Boeing Company, “Evaluation of Bio-Derives Synthetic Paraffinic Kerosene (Bio-SPK)”, URL www.boeing.com/commercial/environment/pdf/PAS_biofuel_Exec_Summary.pdf

Berichten der Berliner Zeitung zufolge rüstet das Pentagon auf mit Pflanzensprit betriebene Kampfjets um. Vom US-Marinestützpunkt Patuxent River Amerikas aus sind Testflüge für Frühjahr, spätestens Sommer nächsten Jahres geplant. Die F/A-18 Super Hornet wird in ihren Tanks ein Gemisch haben, das nur zur Hälfte traditionelles Flugzeugbenzin ist. Der Rest beruht auf Pflanzenölen, gewonnen aus Leindotter, Purgiernuss-Sträuchern oder Algen. Sechs Millionen Dollar sind für die Entwicklung von militärtauglichem Alternativtreibstoff veranschlagt. Vgl. Berliner Zeitung 5/10/2009, „Gutes Klima machen. Energiewende auf Amerikanisch”, URL www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/1005/horizonte/0002/index.html


Weitere Informationen:

Bayerischer Rundfunk 21/8/2009, “Leindotter: Wie ein Biobauer auf Öl gestoßen ist”, URL www.br-online.de/bayerisches-fernsehen/unser-land/ernaehrung-biolandbau-leindotteroel-ID1250771044659.xml

Zu weiter zurückliegenden Untersuchungen der technischen Eignung Leindotterölmethylester für Biodieselproduktion („Biodiesel mit hoher Jodzahl”, Heinrich Prankl, Josef Rathbauer, BLT Wieselburg), vgl. Nachwachsende Rohstoffe, Nr. 7 – März 1998, S. 5f, URL www.blt.bmlf.gv.at/vero/mnawa/nr07.pdf

Zu gentechnischer Forschung an Saatgut und Potenzialen der Produktion von Leindotter-Biodiesel in Montana, vgl. NewWest.Net 2/11/2008 „Camelina Biofuel Development Center Slated for Bozeman”, URL www.newwest.net/topic/article/camelina_biofuel_development_center_slated_for_bozeman/C63/L36/

Anbau in Pennsylvania: Chemistry Times 15/6/2008, “Farmers grow camelina for biofuel”, URL www.chemistrytimes.com/research/Farmers_grow_camelina_for_biofuel.asp

Tierfutternutzung und wachsende Akzeptanz für Leindotter-Treibstoff-Entwicklung vgl. Reuters 6/2/2009, „FDA Approves Camelina for Broiler Chickens”, URL www.reuters.com/article/pressRelease/idUS274169+06-Feb-2009+PRN20090206

Zum Testflug von Japan Airlines: Cleantech Group 30/1/2009, „Japan Airlines completes camelina biodiesel flight”, URL cleantech.com/news/4114/japan-air-completes-camelina-biodie

Artikel zum „Forum in Saarbrücken. Nachfrage nach Leindotteröl wächst”, in: energie pflanzen III/2007, hrsg. v. Bundesverband Pflanzenöle e.V., URL www.bv-pflanzenoele.de/pdf/energiepflanzen_3-07.pdf

U.a. zum Fütterungsverbot von Leindotter-Presskuchen, vgl. Taz 11/3/2006, „Wiederkehr der Leindotter”, URL www.taz.de/nc/1/archiv/archiv-start/

Projekt der Agrarforschung an der Justus-Liebig- Universität Gießen, Wolfgang Fried / Institut für Pflanzenbau & Pflanzenzüchtung, „Züchtung von Nutzpflanzen für Nachwachsende Rohstoffe, URL www.agrarforschung.de/download/vor_friedt.pdf

Forschungspublikation zu verschiedenen Varietäten und Ölgehalt, “Genetic diversity in camelina germplasm as revealed by seed quality characteristics and RAPD polymorphism”, by J. Vollmann, H. Grausgruber, G. Stift, V. Dryzhyruk and T. Lelley  in: Plant Breeding, Volume 124, Issue 5 / October 2005, Pages 446-453, URL www3.interscience.wiley.com/journal/118695403/abstract
Forschung für Biodiesel-Gewinnung, vgl. „Camelina oil as a fuel for diesel transport engines”, by Aurore Bernardo, Robin Howard-Hildige, Adrian O'Connell, Robert Nichol, Jim Ryan, Bernard Rice, Edward Roche and J. J. Leahy, in: Industrial Crops and Products, Volume 17, Issue 3 / May 2003, Pages 191-197



Gefördert von der Deutschen Behindertenhilfe - Aktion Mensch e.V., der Europäischen Union und der InWEnt GmbH aus Mitteln des BMZ.


 

 

This publication was made possible through the financial support of the European Community. The opinions expressed therein represent the opinion of the author and do not represent the official opinion of the European Community.

This publication  was elaborated within the framework of the cooperation-project "Handel-Entwicklung-Menschenrechte" of the Heinrich Böll Foundation (hbs), the Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL), and the Transnational Institute (TNI). More information at:

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