de en es pt

Agroenergiepflanzen-Glossar

Photo: Kurt Damm (FDCL)

[zur Übersicht]

 

Glossar zu Agroenergiepflanzen

Verfaßt von Sandra Schuster und Franziska Löschner

FDCL - Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika

Berlin, Ende 2008

 


Raps

Rapsfeld in Deutschland. Photo: Klaus Schenck (Salva la Selva)
Alle weiteren Photos: Christian Russau (FDCL)

(en: rape / rapeseed, es: colza / canola / nabicol / raps, pt: colza / couve-nabiça, br: canola [Die Doppelnull-Rapssorten wurden in Kanada entwickelt und in ganz Nordamerika kultiviert. Dort sowie in weiten Teilen Amerikas und Australiens  wird Raps als Canola (Canadian oil, low acid) bezeichnet.], fr: colza)

Familie
Brassicaceae (Kreuzblütler)

Herkunft und Geschichte
Ursprünglich aus dem östlichen Mittelmeerraum als spontane Kreuzung aus Wildkohl (Brassica oleracea) und dem Rübsen (Brassica rapsa). Junge Kulturpflanze – Anbau in Europa begann erst im Mittelalter. Mit Beginn der Industrialisierung weitete sich der Anbau aus. Mitte des 19. Jh. sank die Nachfrage aufgrund preiswerter Importe von Petroleum. Im 20 Jh. war der Rapsanbau starken Schwankungen unterworfen. Durch Gehalt an Erucasäure (einfach ungesättigte Fettsäure) schmeckte der Raps sehr bitter. Außerdem führten Glucosinulate zu Verdauungsproblemen. Mit Beginn der 1970-er Jahre erfuhr der Anbau durch neue Züchtungen einen nachhaltigen Aufschwung. Heute wird Raps weltweit in den gemäßigten Breiten angebaut (v.a. in Kanada, Europa und China).

Biologie
Einjährige Pflanze, die 1-2 m hoch wächst. Gelbe Blüten in Trauben angeordnet. Die Früchte sind die typischen Schoten mit max. 20 Samen, die schwarzbraun, rund und wenige mm groß sind.

Ansprüche

Bevorzugt niederschlagsreiche Gebiete mit hoher Luftfeuchtigkeit (600-800mm/ a), hoher Wasserverbrauch während der Schoßphase und der Blüte – Wassermangel in dieser Phase führt zu einer verringerten Ausbildung von Schoten. Raps zieht kühlgemäßigtere Temperaturen vor. Verlangt tiefgründige und gut strukturierte Böden mit hoher nutzbarer Feldkapazität (nFK). Lehmige Sandböden, sandige Lehmböden und Lehmböden. Selbstunverträglich, sollte nur alle 3-4 Jahre angebaut werden, sonst verstärkter Krankheitsbefall (Zunahme des Pflanzenschutzes), entscheidend ist die Wahl der richtigen Vorfrucht.

Düngung
Düngung mit Stickstoff nimmt eine wichtige Rolle ein und bildet die Grundlage für eine ausreichende Schotenbildung. Ausreichende Kalium- und Phosphorversorgung nötig. Hohe Ansprüche an die Mikronährstoffversorgung (Bor, Mangan, Molybdän). Raps ist guter Verwerter organischer Dünger.

Schädlingsbekämpfung
Während der gesamten Vegetationsperiode von einer Vielzahl von Schaderregern befallen: Insektizideinsatz bei Käfern und ihren Larven, Nacktschnecken, Erdflöhe,. Fungizideinsatz bei Pilzbefall, Fruchtfolgekrankheiten wie Wurzelhals und Stängelfäule. Beachtung der Fruchtfolge.

Ertrag
Weltweit 17,2 Dezitonnen/ ha (Quelle: FAOSTAT, 5/2006)

Hauptanbauländer / -regionen
Weltweit 49 Mio t auf einer Fläche von ca. 30 Mio ha (FAOSTAT, Angaben für 2007), Weltweite Rapserzeugung für 2007/2008 52,7-53,7 Mio. Tonnen und damit 12-13% höher als im Vorjahr. (Quelle: Oil World), China, Kanada, Indien, Deutschland, Frankreich, Polen, Großbritannien, Australien, Ukraine, Tschechische Republik (FAOSTAT, Angaben für 2007)

In Deutschland wurden für den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen im Jahr 2006 1,6 Millionen ha, ca. 13% der Ackerfläche genutzt. Die Ölfrucht Raps hat mit ca. 1,1 Mio. ha die größte Anbaufläche eingenommen, weit dahinter liegen mit unter 0,3 Mio. ha. Anbaufläche Mais, Getreide oder Gräser. (Vgl. Sachverständigenrat für Umweltfragen 2007: 36); Autoren des Wuppertal-Institut sprechen für 2008 von bereits 1,4 Mio ha Rapsanbau, die maximal mögliche Anbaufläche wird für Deutschland auf 1,6 Mio bis 1,8 Mio ha geschätzt (Vgl. Bringezu / Schütz 2008, „Auswirkungen eines verstärkten Anbaus nachwachsender Rohstoffe im globalen Maßstab”in: Technikfolgenabschätzung – Theorie und Praxis Nr. 2 / 2008, S. 12-23, zitiert S. 3 der Online-Version, abrufbar unter URL www.itas.fzk.de/tatup/082/brsc08a.htm)

Innerhalb der EU konstatiert Eurostat für 2007 eine Zunahme der Rapsanbauflächen von 13,6 % gegenüber 2006 auf insgesamt 6,1 Mio ha (Vgl. Eurostat, „Statistik kurz gefasst”, Landwirtschaft und Fischerei 86 /2007).

Verwendung als Treibstoff
Rapsöl ohne weitere Verarbeitung als Rapsölkraftstoff, nach der Verarbeitung des Rapsöls zu Rapsölmethylesther als Agrodiesel. Bei Veresterungsprozess von Rapsöl in Biodieselproduktion entsteht als Beiprodukt zudem Glycerin, ebenfalls Verwendung in Futtermittelindustrie, in chemischer Industrie sowie zunehmend als Energieträger. Biodieselabsatz in Deutschland aus inländischer Produktion lag 2005 bei 1,5 Mio. Tonnen (Quelle. FNR, 2006) Rapsölproduktion EU-27: 7,6 Mio. Tonnen
Genutzt werden die Samen, die in der Schote sitzen. Große wirtschaftliche Bedeutung aufgrund der sehr guten Ölqualität (Ölgehalt von 40-46%).
„0-Raps”: Erucasäure-freier Raps
„00-Raps”: Erucasäurefreier und Glucosinulatarmer Raps (Doppel-null genannt);
In Amerika als canola bezeichnet.

Treibstoffertrag
Lt. Agrodiesel/ ha und Jahr (Schätzung, BMELV, 2006), vergleichsweise geringer Ertrag, Aus einem durchschnittlichen Ertrag von 3-4 Tonnen Rapssamen/ ha lassen sich 1.300-1.700 Liter Biodiesel erzeugen.(Quelle: URL www.biosicherheit.de)

Gentechnik
Forschung an der Herbizidtoleranz, Pilz- und Insektizidtoleranz. Produkteigenschaften für eine veränderte Zusammensetzung oder Anreicherung mit gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen.
Freilandversuche in der EU: 376 im Zeitraum 1990-2007 (Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Schweden, Niederlande), weltweit: 270 im Zeitraum 1986-2008 (Kanada, Argentinien, China, Neuseeland). Anbau in USA, Kanada, Mexiko, Australien, China, Korea, Philippinen, Südafrika. Anbau in EU wird angestrebt, bisher 3 Zulassungen (Quellen: URL www.proplanta.de; www.transgen.de)


Führende Unternehmen

Archer Daniels Midland Company (ADM), in Deutschland der führende Produzent von Biodiesel aus Pflanzenöl, betreibt mehrere Verarbeitungsanlagen, für Rapssaat insbesondere in Hamburg, eigene Biodieselmarke: connediesel; weitere: Cargill und Bunge mit Ölmühlen in Deutschland, in Mainz und Mannheim in Kombination mit Biodieselanlagen; Greenenergy, größte Biodieselproduzent u.a. aus Raps in Großbritannien, mit Standorten in Deutschland, Neckermann Renewables WittenbergGmbH (Schweiz, Zug) eröffnete im Juni 2007 in Wittenberg, Sachsen-Anhalt, die damals größte Biodiesel-Raffinierie Europas, Rapsmühle und Raffinerie sind in einer Anlage vereint, (Vgl. GATE, PM 15/6/2007); Unternehmen aus Deutschland: z.B. Campa, Vergio.
In der Schweiz plant die Firma GBF Green Bio Fuel AG in Zurzach eine Raffinerie, die aus Schweizer Raps und aus Jatropha (Purgiernuss) aus Mozambik Biotreibstoff produzieren soll. Die 80 Millionen teure Anlage mit einer Kapazität von 135 Millionen Liter soll eine der größten Biodieselfabriken der Schweiz werden.
URL www.landwirtschaft.ch/de/aktuell/agronews/detail/article/2008/01/03/biodieselanlage-in-zurzach-geplant/

Energiebilanz
Nutzbare Energiemenge (Output) im Verhältnis zur für die Produktion eingesetzten Energiemenge (Input), Durchschnitt für Europa: 1:1,4 (Arnold in Caritas International 2007)

Treibhausgasbilanz
Treibhausgaseinsparung von ungemischtem Pflanzentreibstoff (Rapsöl / Schweiz) gegenüber fossilem Treibstoff (Benzin, EURO3): über 30%, bei Rapsöl aus Europa (Durchschnittswert) liegen die THG-Emissionen im Vergleich mit fossilen Treibstoffen bei unter 30% (Empa-Studie 2007), anfallende THG-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette wurden mit einberechnet, wie landwirtschaftlicher Anbau, Treibstoff-Produktion, Treibstofff-Transport, Fahrzeug-Betrieb, Infrastruktur (Fahrzeug, Straßen)

1 Liter Rapsdiesel im Vergleich zu Ottonormaldiesel: 1,0 bis 1,7 mal höher, aufgrund von N²O/Lachgas-Emissionen, die durch verwendete Stickstoff-Düngemittel freigesetzt werden (Crutzen et al, 2007)


Bemerkungen zur Ökogesamtbilanz
Gegenüberstellung mit Umweltbelastungen insgesamt: negative Ökobilanz angesichts Zunahme von ökologischen Belastungen im Vergleich zu fossilen Treibstoffen, insbesondere hohe Belastungen bei Bodenversauerung und Überdüngung, die durch das Auswaschen von Nährstoffen verursacht werden (Empa-Studie 2007)



Sozio-ökonomische Dimensionen

Konkurrenz / Nutzen
Als Nahrungsmittel für Margarine, Backfett, Speiseöl; als proteinreiches Futtermittel wird der Pressrückstand, der bei der Rapsölgewinnung anfällt, in Form von Rapskuchen, Rapsexpeller oder Rapsextraktionschrot genutzt. Im non-food Bereich für Spezialöle, Textil- und Lederverarbeitung. Das bei Ernte anfallende Rapsstroh bleibt meist als Humus- und Nährstofflieferant auf dem Feld, kann grundsätzlich auch energetisch genutzt werden.

Rapsdieselproduzenten sprechen von „Koppelprodukt Biodiesel”, da das bei der Herstellung von Futtermittel anfallende Pflanzenöl, das in der Lebensmittelindustrie keine Verwendung findet, optimal in der Biodieselgewinnung genutzt werden könnte. (Vgl. Biopetrol Industries AG, „10 Fakten über Biodiesel”)

Nach Angaben der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft zeigt sich in Deutschland seit 2003/2004 eine immer deutlichere Verlagerung der Verwendung von Rapsöl für die Biodieselproduktion. 2006/2007 überstieg der Anteil mengenmäßig alle anderen Verbrauchsbereiche zusammen und lag bei 1.583 Tausend t. Rapsöl von insgesamt ca. 2370 Tausend t. (Vgl. Landesanstalt für Landwirtschaft Bayern, Agrarmärkte, Jahresheft 2007, Teilauszug Ölpflanzen und Eiweißpflanzen, S. 19)

Perspektivisch gehen Bringezu / Schütz davon aus, dass Rapsöl aus deutschem Anbau unter den gegebenen Rahmenbedingungen auch zukünftig überwiegend energetisch genutzt wird, die Entwicklungspotenziale der stofflichen Nutzungen bleiben dahinter deutlich zurück. Zudem erwarten sie, dass diese direkten Nutzungskonkurrenzen sich verstärkt auf die Kosten von Raps zur Nahrungsmittelproduktion auswirken werden. (Vgl. Bringezu / Schütz 2008)


Konkurrenz im Anbau
Steigende Milchpreise im Juli 2007 in Deutschland: Molkereiindustrie begründet diese neben anderen Faktoren auch damit, dass Futtermittelbauer mit zunehmender Tendenz auf den Anbau von Energiepflanzen, an erster Stelle Raps, umsatteln. (Quelle: „Regenwald tanken. Biomasse als Energiequelle droht zum Umweltdesaster zu werden”, Schlandt, Jakob, Berliner Zeitung 10/9/2007.)

Laut Bringezu / Schütz muss ab 2010 bereits mit verschärften indirekten Nutzungskonkurrenzen gerechnet werden, da dann aller Voraussicht nach die Anbauflächen für Raps in Deutschland infolge Fruchtfolgeeinschränkungen nicht mehr weiter ausgedehnt werden können. Die maximal mögliche Anbaufläche wird auf 1,6 bis 1,8 Mio. ha geschätzt, in 2008 wurden jedoch bereits 1,4 Mio. ha Raps angebaut.



Dokumentierte Fälle


Verschärfung / Landkonflikte
Südafrika: Bauernorganisationen und ländliche Gemeinschaften widersetzen sich Plänen der Eastern Cape-Regierung, 500.000 ha Gemeindeland (communal land) in der Transkei -Region in Anbaufläche für Rapsproduktion umzuwandeln. Derzeit wird das Gebiet als gemeinschaftliches Weide- und Grasland sowie für das Anlegen von Gemüsegärten genutzt. Eine Agrotreibstoff-Plantage soll ebenso auf einer Fläche von 70.000 ha im Umzimvubu Tal errichtet werden. (Vgl. African Centre for Biosafety et al., 2007, “Report of Civil Society Workshop to critically assess & respond to the ‘SA Biofuels Strategy”, Durban 5 March 2007, URL stopbp-berkeley.org/docs/Biofuel-Workshop-Durban-Proceedings.pdf)



Gefördert von der Deutschen Behindertenhilfe - Aktion Mensch e.V., der Europäischen Union und der InWEnt GmbH aus Mitteln des BMZ.


 

 

This publication was made possible through the financial support of the European Community. The opinions expressed therein represent the opinion of the author and do not represent the official opinion of the European Community.

This publication  was elaborated within the framework of the cooperation-project "Handel-Entwicklung-Menschenrechte" of the Heinrich Böll Foundation (hbs), the Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL), and the Transnational Institute (TNI). More information at:

http://www.handel-entwicklung-menschenrechte.org



FDCL, Berlin: fdcl-berlin.de/de/
TNI - Transnational Institute, Amsterdam: www.tni.org
Fundação Heinrich Böll, Rio de Janeiro: www.boell-latinoamerica.org/pt/nav/35.htm
Heinrich Böll Stiftung, Referat Lateinamerika, Berlin: www.boell.de