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Agroenergiepflanzen-Glossar

Photo: Kurt Damm (FDCL)

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Glossar zu Agroenergiepflanzen

Verfaßt von Sandra Schuster und Franziska Löschner

FDCL - Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika

Berlin, Ende 2008

 


Sonnenblume (Helianthus anuus)

Sonnenblumen auf Testgelände. Aufgenommen in Brasilien. Photo: Kurt Damm (FDCL)
Sonnenblume. Aufgenommen in Deutschland. Photo: Christian Russau (FDCL)
Sonnenblume. Aufgenommen in Deutschland. Photo: Christian Russau (FDCL)
Sonnenblumenfeld. Aufgenommen in Spanien. Photo: Klaus Schenck (Salva la Selva)
Sonnenblumenfeld. Aufgenommen in Spanien. Photo: Klaus Schenck (Salva la Selva)
Sonnenblumenfeld. Aufgenommen in Spanien. Photo: Klaus Schenck (Salva la Selva)
Sonnenblumenfeld. Aufgenommen in Spanien. Photo: Klaus Schenck (Salva la Selva)
Sonnenblumenfeld. Aufgenommen in Spanien. Photo: Klaus Schenck (Salva la Selva)

(en: sunflower, es: girasol, mirasol, pt: girassol, fr: helianthe, tournesol)

Familie: Astaraceae (Korbblütler)

Herkunft und Geschichte:
Stammt aus Nordamerika (Nord-Mexiko bis zum südlichen Kanada, dort schon von Indianern als Nahrungsmittel genutzt. Im 16. Jh. nach Spanien gelangt und von dort aus nach Mitteleuropa. In Russland durch Züchtung einen starken Aufschwung erhalten. Fettgehalt im Samen konnte von 30% auf 55% erhöht werden. Weltweit gehört die Sonnenblume mit Raps und Soja zur bedeutendsten Ölpflanze.

Biologie:

Einjährige Sonnenblume bildet eine Pfahlwurzel mit vielen Seitenwurzeln aus, der Stängel ist kräftig, aufrecht und bildet einen endständigen Blütenkorb. Die heutigen Kultursorten erreichen eine Länge von max. 2m. Blütenstand besteht aus sterilen, meist gelben Zungenblüten am Rand und fertilen Röhrenblüten (800-1500/ Blütenkorb) im Inneren. Die Frucht hat eine Länge von 7-25 mm und eine Breite von 4-13 mm. Ölgehalt zwischen 40% und 50%, Proteingehalt zwischen 15% und 22%. Hoher Anteil von Linolsäure (50%-70%), Heliotropismus.

Ansprüche:
Hohe Ansprüche an Temperatur. Warme Witterung während der Blüte (Juli) und während der Abreife (Ende August bis Ende September) für sichere Erträge unerlässlich. Durchschnittstemperaturen sollten von Mai bis September >15,5°C liegen. Niederschlag zwischen 450-500 mm/ a. hat keine hohen Bodenansprüche (milde Lehmböden, Lößböden, sowie Schwarzerden mit guter Wasserkapazität und guter Durchwurzelung)

Düngung:
N, Phosphor, Kalium und Magnesium als Gründünger, Kalibedarf, Hoher Borbedarf.

Schädlingsbekämpfung:
Insektizideinsatz bei Würmern, Mäusen, Schnecken und Larven. Fungizideinsatz bei Pilzkrankheiten, wie Wurzel-, Stängel- und Korbfäule, Grauschimmel und falscher Mehltau, wenige bakterien- und Virenerkrankungen, Unkrautbefall - reagiert in Anfangsentwicklung empfindlich auf Verunkrautung (vgl. www.inao.de, „Anbauempfehlungen für hochölsäurehaltige (HO-) Sonnenblumen in Deutschland”), komplexes Zusammenspiel acker- und pflanzenbaulicher und phytosanitärer Maßnahmen zur Bekämpfung der Pilze, Hacke, Herbizideinsatz im Vorauflauf; hervorragende Bienenweide.
    
Ertrag:   Weltproduktion 28,5 Mio. Tonnen Sonnenblumenkerne (2006/2007), ein Hektar ergibt etwa 774 Kg Pflanzenöl. (Quelle: www.terra-brasil.eu/LANDWIRTSCHAFT/AGRIBUSINESS/Biodiesel.html )

Größte Produzenten:
2.167,7 ha (1.000 ha) (EU25) (2006, Quelle: Eurostat, 2/07), Haupterzeugerländer sind 2007 Russische Föderation, Ukraine, Argentinien, China, Indien, Frankreich, USA, Ungarn, Türkei, Spanien (FAOSTAT, Angaben für 2007)

Russland verzeichnete 2008 ein Rekordhoch beim Export von Sonnenblumenöl, 266.000 Tonnen zwischen September und Dezember. Nach Einschätzung von Dmitry Rylko, Direktor des IKAR Agricultural Market Research Institute, hat sich bei pflanzlichen Ölen die Differenz zwischen globalem Angebot und Nachfrage verringert, was auf die Nachfrage für die Produktion von Biodiesel und auf die dürftig ausfallende Soja- und Sonnenblumenernte in Argentinien zurückzuführen sei. (Zit. n. Interfax 24/1/09, „Russian sunflower oil exports at record high”, siehe URL

Europäische Bauern dehnen 2009 die Anbaufläche von Ölsaaten aus, am stärksten soll der Sonnenblumenausbau expandieren, und zwar um 6,2 Prozent auf 3,87 Millionen ha, gleichwohl flächenmäßig stärkste Ölsaat nach wie vor der Raps bleibt, dessen Fläche auf 6,25 Millionen ha ansteigen soll. (Vgl. agrarcom.heute 8/4/2009, „Europas Bauern dehnen Ölsaatenanbau aus”.

Produkt und Verwendung:
Sonnenblumenöl als Grundstoff für Agrodiesel; Verwendung als Nahrungsmittel: Sonnenblumenöl ist wegen seines hohen Anteils an mehrfach ungesättigten Fettsäuren für die Ernährung besonders wertvoll, findet Verwendung u.a. als Speiseöl, für die Herstellung von Hart- und Weichfetten und als Margarine; Pressrückstände als Viehfutter. In der Industrie für Farben und Lacke, als Schmieröl, Weichmacher


Gentechnik:
Forschung an der Pilz- und Insektenresistenz, Herbizidtoleranz. Produkteigenschaften wie veränderte Zusammensetzung der Fettsäuren; Freilandversuche in der EU: 15 im Zeitraum von 1994-2001 (Frankreich, Spanien, Niederlande), weltweit: 32 1991-2003 (Kanada, Argentinien). Vor allem in den USA, Argentinien ist laut transgen auf mittlere Sicht mit einer Markteinführung von gv-Sonnenblumen zu rechnen.

Unternehmen:

Syngenta / Saatgut-Produktion, Sonnenblumen-Züchtung (Hybride), Marktführer auf europäischen Sonnenblumenmarkt, Züchtungsziele: Kornertrag, Ertragsstabilität, Ölgehalt; Cressud S.A. – ADR, argentinischer Agrarproduzent (Weizen, Mais und Soja neben Sonnenblumen); australische Unternehmen AWB Limited / Vermarktung und Verkauf von Getreide und Ölsaaten; Bunge Ltd / US-amerikanischer Agrarproduzent, weltweit führend bei Verarbeitung von Ölsaaten; Archer Daniels Midland (ADM) / US-amerikanischer Agrarproduzent, führend bei Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte, zu Position auf osteuropäischen Markt vgl. Foodnavigator.com 21/3/2007, „ADM taps Eastern European sunflower seed demand”, URL www.foodnavigator.com/Financial-Industry/ADM-taps-Eastern-European-sunflower-seed-demand

Bilanzrechnungen:
Wissenschaftler der Cornell University sowie der University of California in Berkeley David Pimentel und Tad Patze gelangen zu Ergebnis, dass Sprit-Produktion aus Sonnenblumen 118 Prozent mehr fossile Energie verbraucht als Diesel am Ende wieder freisetzt, zur Veröffentlichung ihrer Forschung vgl. „Natural Ressources Research”, 14:1, S.65, URL petroleum.berkeley.edu/papers/Biofuels/NRRethanol.2005.pdf, Artikel Spiegel online www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,363989,00.html

Fälle von Mundraub:

Mosambik: Eine von der Weltbank und der italienischen Regierung finanzierte Machbarkeitsstudie stellt neben anderen den Anbau von Sonnenblumen als geeignete Anbausorte für den Biosprit heraus. Einen Dämpfer erfuhren diese Empfehlungen durch Äußerungen des portugiesischen Pflanzenölproduzenten Iberol, seine Plantagen in Mosambik aufzugeben. Angaben des Nachrichtenproviders allafrican.com zufolge gab ein Vorstandsvorsitzender der Nutasa Group, zu der Iberol gehört, als Gründe den „beträchtlichen Diebstahl während der Erntezeit”sowie den „Mangel an gelernten Arbeitskräften”gegenüber Medien bekannt. Dies wurde auf „soziale Probleme”, bzw. Nahrungs-Engpässe innerhalb der Bevölkerung zurückgeführt. „Wie kann ich Pflanzenöl für Treibstoffe herstellen, wenn die vor der Plantage lebenden Menschen nicht genug Öl für die Nahrungszubereitung haben”?, ließ das Unternehmen verlautbaren, wobei eine Rückkehr bzw. Fortsetzung des Projekts an Finanzhilfen seitens internationaler Organisationen zur Bereitstellung einer sozialen Komponente gekoppelt wurden. (Vgl. allafrican.com 20/6/2008, „Mozambique: Preferred Crops for Biofuels”, URL allafrica.com/stories/200806201005.html )

Weitere Informationen:


Pilotprojekt in der Steiermark, Osterreich, um Gebrauch fossiler Energieträger in Landwirtschaft zu reduzieren: im März 2009 wurde erstmals ein mit Sonnenblumenöl betriebener Traktor durch Maschinenring Oststeiermark in Dienst gestellt, vgl. Kleine Zeitung 9/3/2009, URL www.kleinezeitung.at/steiermark/weiz/markt_hartmannsdorf/1837173/index.do

„Des tournesols contre de agro-carburants”– Sonnenblumen gegen Agrotreibstoffe: Vertreter_innen der französischen Grünen und Mitglieder der Association Seine Libre protestieren nahe Pont-sur-Seine (Champagne Ardenne) gegen den Bau einer Ethanol-Fabrik der Soufflet Gruppe und üben Kritik am ökologischen Nutzen von Agrotreibstoffen, URL verts.aube.free.fr/spip.php , zum Blog der Association Seine Libre, die sich zum naturräumlichen Schutz und Erhalt des Vallée de la Seine du Nogentais engagiert, URL seinelibre.blogspot.com

Preisentwicklung Sonnenblumenöl, zum Rekord-Preisanstieg 2007 vgl. agrarheute.com 6/11/2007, „Sonnenblumenöl so teuer wie noch nie”, URL www.agrarheute.com; und Linzer Rundschau Rundschau 18/6/2008, „Preisschock bei Nahrung & Energie”, URL www.klartext.at/presseartikel/konsum_marken_werbung/Preisschock%20bei%20Nahrung%20und%20Energie_Linzer%20Rundschau_180608.pdf ;  Überblick Diagramm der Florin-AG, „Preisentwicklung Sonnenblumenöl 1995-2009”, URL www.florin-ag.ch/de/common/statistiken.php ; vgl. zudem Positionierung des Verbandes der Ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland (OVID) zu Preisrückgängen von Ölsaaten und Getreide, URL www.ovid-verband.de/fileadmin/user_upload/ovid-verband.de/downloads/OVID_PM_Agrarpreise__10102008.pdf

Diesel aus gebrauchtem Frittier-/Sonnenblumenöl, Verfahren der Firma Humbel / Teil von Voegtlin-Meyer, Selbstdarstellung und Interview 3/1/2007, „Jeder Kochherd ist eine Ölquelle”, URL www.voegtlin-meyer.ch/domains/voegtlin-meyer_ch/data/free_docs/Biodiesel%20Humbel.pdf



Gefördert von der Deutschen Behindertenhilfe - Aktion Mensch e.V., der Europäischen Union und der InWEnt GmbH aus Mitteln des BMZ.


 

 

This publication was made possible through the financial support of the European Community. The opinions expressed therein represent the opinion of the author and do not represent the official opinion of the European Community.

This publication  was elaborated within the framework of the cooperation-project "Handel-Entwicklung-Menschenrechte" of the Heinrich Böll Foundation (hbs), the Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL), and the Transnational Institute (TNI). More information at:

http://www.handel-entwicklung-menschenrechte.org



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Heinrich Böll Stiftung, Referat Lateinamerika, Berlin: www.boell.de