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Agroenergiepflanzen-Glossar

Photo: Kurt Damm (FDCL)

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Glossar zu Agroenergiepflanzen

Verfaßt von Sandra Schuster und Franziska Löschner

FDCL - Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika

Berlin, Ende 2008

 


Zuckerrübe (Beta vulgaris)

(en: sugar beet, es: remolacha azucarera, pt: betteraba sacarina, fr: betterave sucrière)

Familie: Chenopodiaceae (Gänsefußgewächse)

Herkunft und Geschichte:

Stammform wahrscheinlich aus dem Mittelmeerraum und Nordseeküste. Die Rübe wurde schon vor 2000 Jahren in Griechenland angebaut und breitete sich von dort nach ganz Europa aus. Erst im 18 Jh. wurde entdeckt, dass die Pflanze zuckerhaltig ist. Entdecker war der Apotheker Marggraf in Berlin. Der Zuckergehalt wurde in den Jahren hochgezüchtet.

Biologie:
Zweijähriges Gewächs, die Rübe besteht aus der Wurzel, die ganz im Boden steckt, weiß gefärbt, konisch geformt. E-Rüben (Ertragsrüben mit hohem Ertrag und mittlerem Zuckergehalt), Z-Rüben (zuckerreiche Rüben mit geringem Massenertrag), N-Rüben (Normale Form, mit Ertrag und Zuckergehalt zwischen E- und Z-Rüben), nicht selbstverträglich (sollte nur alle vier Jahre angebaut werden)

Ansprüche:
Optimal ist ein kalkhaltiger tiefgründiger Lehmboden. Optimale Keimtemperatur liegt zw. 20-25°C, das Minimum bei 4-5°C, frostempfindlich, nicht zu hohe Niederschläge

Düngung:
Gut balancierte Mineraldüngung, N-Kopfdüngung darf nicht zu spät erfolgen

Schädlingsbekämpfung:
Herbizideinsatz bei Unkräutern

Ertrag:
Je nach Standort 10 - 65t/ ha

Hauptanbauländer:

Frankreich, USA, Russische Föderation, Deutschland, Ukraine, Türkei, Polen, China, Großbritannien, Belgien. (FAOSTAT, Angaben für 2007) Weltweit wurden 2007 247, 9 Mio. Tonnen Zuckerrüben geerntet, 2005 waren es 251,7 Mio. Tonnen.

Großes Potenziell hinsichtlich Flächenverfügbarkeit für die Treibstoffproduktion wird für Russland, die Ukraine und Kasakstan angenommen, Schätzungen gehen von mindestens 13 Millionen ha aus (vgl. FAO 2008, „Biofuels: prospects, risks and opportunities”: 61).

Produkt und Verwendung:

Verwendung als Treibstoff – Ethanol. Basis für verschiedene Lebensmittel und Zutaten: Zucker in verschiedenen Angebotsformen, Kunsthonig, Karamell und Zuckerkulör (Lebensmittelfarbstoff), Zuckerrübensirup (Rübenkraut). Nebenprodukte der Zuckergewinnung: Melasse, verwendet als Futtermittel und als Nährlösung bei der biotechnischen Herstellung von Alkohol, Zitronensäure und Nährhefe; Rübenschnitzel als Futtermittel. Zucker ist zudem Rohstoff für die chemische und Kosmetikindustrie, genutzt auch für abbaubare Werkstoffe (nach www.transgen.de)

Gentechnik:

Forschung an Herbizidtoleranz, Resistenzen gegen Krankheitserreger, Nematodenresistenz, Forschung an der Pflanze als Energiepflanze (Erhöhung des Zuckergehalts); Freilandversuche: in der EU 309 z. B. in Frankreich, Italien, England, Deutschland; weltweit 201 z. B. USA ; Zulassung: in der EU sind 2 beantragt, weltweit USA, Kanada und andere Länder, zu Freilandversuchen mit gv-Zuckerrüben / Herbizidtoleranz in Deutschland vgl. transgen URL http://www.transgen.de/pflanzenforschung/anbaueigenschaften/920.doku.htm; USA exportieren Zuckerrübenschnitzel als Futtermittel in die EU

Unternehmen:

KWS Saat AG, Monsanto: Roundup Ready Zuckerrübe, erstmals 2008 in USA ausgesät, 2009 auf rund 450.000 ha – dies entspricht mehr als der gesamten derzeitigen Zuckerrüben-Anbaufläche in Deutschland (vgl. Proplanta 30/3/2009, „Großer Markterfolg der Roundup Ready Zuckerrüben von KWS in den USA”  zudem KWS Saat AG, „Grüne Gentechnik: Zuckerrübe H7-1, ); Schweizer Chemiekonzern Syngenta, The Tropical Sugar Beet (TSB) Project / Biokraftstoffentwicklung: Tropische Zuckerrübe, die mit einem Drittel Wasser und in der Hälfte der Zeit denselben Ertrag an Zucker wie Zuckerrohr liefern soll, nach Unternehmensangaben erfolgreiche TSB-Versuche in Indien, Pakistan, Thailand, Vietnam, China, Australien, Kolumbien, Brasilien, Peru, Kenia, Südafrika, Oberägypten, Sudan, Äthiopien (vgl. The Tropical Sugar Beet (TSB) Project, Vortrag von Dilip Gokhale, Syngenta auf dem Symposium „Tu das Brot in den Tank – verschärfen Agrotreibstoffe den Hunger?”, Bern, 29.05.2008); in Deutschland: Nordzucker AG, Europas zweitgrößter Zuckerproduzent, besitzt seit Erwerb des dänischen Konzerns Danisco Sugar im März 09 einen Marktanteil von rund 16%, produziert neben Zucker auch Futtermittel, Düngemittel und Energie aus der Zuckerrübe, Tochtergesellschaft fuel 21 GmbH & Co. betreibt Bioethanolanlage in Klein Wanzleben (Magdeburger Börde), Kapazität rund 1,3 Millionen Tonnen Rüben von 3.600 Landwirten aus vier Bundesländern (vgl. Pressemitteilung 04/08/08, URL http://www.nordzucker.de/index.php?id=271&tx_wmdbteaser_pi1[iframtarget]=&L=0 ); Größter europäischer Zuckerhersteller Südzucker unterhält in Zeitz, Sachsen-Anhalt, eine der europaweit größten Bioethanolanlagen, auf Basis von Zuckerrüben seit 2006, vor EU-Zuckermarktreform wurde Weizen eingesetzt, (da sich bei hohen Zuckersubventionen die Ethanolproduktion aus der Zuckerrübe nicht rechtfertigen ließe, vgl. URL http://www.godmode-trader.ch/news/pdf/?ida=255666 ), Bioethanol-Sparte wird von Südzucker Tochter CropEnergies getragen, Übernahme des französischen Alkoholherstellers Ryssen Alcools S.A.S. im Juni 2008, Inbetriebnahme einer Bioethanolanlage im belgischen Wanze Ende 2008 mit einer Produktionskapazität von bis zu 300.000 m³ / Jahr: neben Weizen wird Zuckerrübensirup verarbeitet, Beiprodukte wie Tierfuttermittel (Marke „ProtiWanze”) gewonnen. (Vgl. Spiegel Online manager magazine 22/12/2008, „DGAP-News:CropEnergies: Bioethanolanlage der nächsten Generation geht in Belgien in Betrieb”)

Bewertung als Treibstoff


Kosten:  Zuckerrüben weisen zwar hohe Flächenproduktivität auf, sind aber verhältnismäßig teuer. Studie des US-amerikanischen Landwirtschaftsministerium aus dem Jahr 2006 kommt zu dem Ergebnis, das die Produktion von Ethanol aus Zuckerrüben (ebenso wie aus Zuckerrohr) in den USA 2,5 mal mehr kostet als aus Mais. (Hinweis über domesticfuel.com 10/7/2006, URL domesticfuel.com/2006/07/10/sugar-not-so-sweet-for-ethanol/ )); Institut für Betriebswirtschaft der LFA MV / Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern hat zur Abschätzung der Wettbewerbsfähigkeit von Bioethanolrüben in Abhängigkeit vom Ethanolpreis und im Vergleich zu Alternativfrüchten (Raps, Weizen) neue Kalkulationshilfe bereit gestellt (vgl. Proplanta 2/3/2009 „Neue Kalkulationshilfe für Bioethanolrüben”, URL http://www.proplanta.de/Agrar-Nachrichten/agrar_news_themen.php?lasu=&can=&SITEID=1140008702&WEITER=99&MEHR=99&Fu1=1235980962&Fu1Ba=1140008702&con)

Treibhausgasbilanz:

Treibhausgaseinsparung von ungemischtem Pflanzentreibstoff (Ethanol / Schweiz) gegenüber fossilem Treibstoff (Benzin, EURO3): über 50% (Empa-Studie 2007), anfallende THG-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette wurden mit einberechnet, wie landwirtschaftlicher Anbau, Treibstoff-Produktion, Treibstoff-Transport, Fahrzeug-Betrieb, Infrastruktur (Fahrzeug, Straßen)


Bemerkungen zur Ökogesamtbilanz:
Gegenüberstellung mit Umweltbelastungen insgesamt: negative Ökobilanz angesichts Zunahme von ökologischen Belastungen im Vergleich zu fossilen Treibstoffen, schneidet von in Studie untersuchten Energiepflanzen aber vergleichsweise am besten ab (Vgl. Empa Studie 2007:35)

Projektverschiebung in Zusammenhang steigender Lebensmittelpreise:
Ungarn: Angesichts steigender Lebensmittelpreise wurden 2007 in Ungarn etliche, bereits angekündigte Ethanol-Projekte verschoben. Denn die Umwidmung herkömmlicher landwirtschaftlicher Anbauflächen zur Produktion von Treibstoffen wurde für den Preisanstieg mit verantwortlich gemacht. Die obligatorischen Vorgaben der Europäischen Union und die Freigabe von EU-Fördermitteln können das Land jedoch langfristig zur Ethanol-Großmacht in der Region machen. Wichtigste Rohstoffe für Bioethanol sind Zuckerrüben, Weizen, Mais. (Vgl. Biokraftstoffe. Ethanolprojekte noch in den Startlöchern, in: „Wirtschaft in Ungarn. Német-Magyar Gazdaság”, Magazin der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer, Dezember 2008, URL http://www.ahkungarn.hu/fileadmin/user_upload/Dokumente/Bereich_CC/Publikationen/WiU/2008/Dezember/W)



Weiterführende Informationen:


Biosprit und Rübenanbau aus der Sicht Mecklenburger Landwirte der Norddeutschen Rüben AG: Berliner Zeitung 1/8/2008, „Die Energierübe”, URL www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2008/0801/seite3/0140/index.html

Zum TSB-Zuckerrüben-Projekt in Indien, Pune, „Neue Zuckerrübe aus Indien für den Tank”, in: Erdöl-/Energie-Informationsdienst Nr. 41/07 vom 8. Oktober 2007, bzw. esyoil, URL www.esyoil.com/s11_Neue_Zuckerruebe_aus_Indien_fuer_den_Tank_5398.php

Kritische Bewertung der Biotreibstoff-Strategie Südafrikas, Ethanol-Projekt aus Zuckerüben: African Centre for Biosafety 2008, „Agrofuels in South Africa, projects, players and poverty”, S. 28 ff, URL http://www.biosafetyafrica.org.za/images/stories/dmdocuments/agrofuelsbooklet1.pdf)


„Die Zuckerrübe hat Zukunft”, Interview mit Sina Isabel Strube, FR STRUBE Saatzucht GmbH & Co. KG, Söllingen 03 / 2008, u.a. über verschiedene Segmente der Zuckerrübennutzung, künftige Marktentwicklung aus Blickwinkel eines Saatzüchtungsunternehmens, URL www.fr-strube.de/Presse-Service/Pressemitteilungen/Zuckerruebe_hat_Zukunft.php

Landwirtschaftlicher Informationsdienst Zuckerrübe URL www.liz-online.de




Gefördert von der Deutschen Behindertenhilfe - Aktion Mensch e.V., der Europäischen Union und der InWEnt GmbH aus Mitteln des BMZ.


 

 

This publication was made possible through the financial support of the European Community. The opinions expressed therein represent the opinion of the author and do not represent the official opinion of the European Community.

This publication  was elaborated within the framework of the cooperation-project "Handel-Entwicklung-Menschenrechte" of the Heinrich Böll Foundation (hbs), the Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL), and the Transnational Institute (TNI). More information at:

http://www.handel-entwicklung-menschenrechte.org



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TNI - Transnational Institute, Amsterdam: www.tni.org
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