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Koalition gegen Straflosigkeit

Pressemitteilung
Argentinischer Juntageneral vor Gericht in Deutschland?

Die "Koalition gegen Straflosigkeit" ruft auf zu einer Briefaktion, um die Einstellung der Ermittlungen zu verhindern

Presseinformation

c/o Nürnberger Menschenrechtszentrum, Adlerstraße 40, D-90403 Nürnberg - Tel: +49 911 230 55 50, Fax: +49 911 230 55 51 - e-mail: Koalition@menschenrechte.org - Home Page

 

Nürnberg 27.05.04

In Bälde wird die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth über die Weiterführung oder Einstellung der Fälle in Argentinien "verschwundener" Deutscher und Deutschstämmiger erwartet.

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hatte am 27.11.2003 - zeitgleich zur Ausstellung von Haftbefehlen gegen Ex-General JorgeVidela und andere ranghohe argentinische Militärs a.D. in den Fällen Elisabeth Käsemann und Klaus Zieschank - ihre Ermittlungen in einem Großteil der Fälle von Opfern der argentinischen Diktatur eingestellt. Die "Koalition gegen Straflosigkeit" hatte im Februar 04 Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt.

Konkret zur Argumentation der Staatsanwaltschaft:
1) Im Fall der Opfer ohne deutschen Pass erklärt die Staatsanwaltschaft sich für nicht zuständig. Dabei beruht die auf § 6 Nr. 9 Strafgesetzbuch gestützte Anzeige wegen "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" auf dem Völkerrecht, ist also nicht an Nationalgrenzen gebunden, sondern fordert eine Strafverfolgung unabhängig von der Staatsangehörigkeit von Opfer oder Täter, weil die Menschheit als Solche durch die schwere Tat geschädigt ist.
2) In einer anderen Anzeige, dem sog. Fall Mercedes Benz, begründet die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Falls mit dem auch von Daimler-Chrysler-Vertretern vorgebrachten Argument, die Aussagen des Hauptbelastungszeugen seien "widersprüchlich".
Obwohl weitere Ermittlungen möglich sind, hat die Staatsanwaltschaft trotz auch von ihr festgestellter falscher Aussagen des beschuldigten Mercedes-Managers das Verfahren nach dem Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" eingestellt.
Darüber hinaus argumentiert die Staatsanwaltschaft in diesem Fall, es sei vielleicht gar kein Verbrechen geschehen, da die Leiche des "verschwundenen" Mercedes-Betriebsrates Diego Nuñez nicht zu finden ist. Vielleicht lebe er ja noch. Wörtlich: "die Tatsache des "Verschwindens" reicht für sich allein noch nicht aus, um mit einer für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit von einer Tötung auszugehen."
Bleibt diese eigenwillige Einschätzung des gewaltsamen "Verschwindenlassens" unwidersprochen, können mit diesem Argument alle noch laufenden Ermittlungen in "Verschwundenen"-Fällen in Deutschland und international eingestellt werden - mit gefährlichen Folgen für die Menschenrechtsarbeit.
Die "Koalition gegen Straflosigkeit" ruft deshalb zu einer Öffentlichkeitskampagne auf
Die Auffassung der Staatsanwaltschaft, ein "Verschwundener" sei nur dann ganz sicher Opfer eines Kapitalverbrechens, wenn seine Leiche vorgezeigt werden könne, leugnet die historische Tatsache der Ermordung der Verschwundenen. Es ist belegt, dass in Argentinien die "Verschwundenen" über dem Rio de La Plata oder dem Meer aus Flugzeugen abgeworfen wurden, in namenlosen Gräbern verscharrt oder in Öfen verbrannt wurden, um Beweise zu vernichten.
Die Entscheidung des Amtsgerichts mit dieser Argumentation bedeutet darüber hinaus:
- eine Kränkung der Würde der "Verschwundenen" und ihrer Familien durch die Unterstellung, ein überlebender "Verschwundener" bemühe sich nach seiner Freilassung nicht, seine Familie zu informieren, dass er noch lebt
- die Eliminierung von 40 Jahren Arbeit nationaler und internationaler Menschenrechtsorganisationen zum Thema "Verschwindenlassen"
- ein gefährliches Präzedenzurteil auf internationaler Ebene für ähnlich gelagerte Prozesse
- eine Gefährdung laufender Menschenrechtsprozesse in Argentinien und anderen Ländern
- einen ernsthaften Störfaktor für die aktuellen Bemühungen auf UN-Ebene, die Repressionsform des "Verschwindenlassens" durch eine Konvention zu ächten
- ein fatales Signal an alle Diktatoren dieser Welt, dass sie vor rechtsstaatlicher Strafverfolgung sicher sind, solange sie nur die Leichen ihrer Opfer beseitigen. Werden Leichen gefunden, so wie in den Fällen von Elisabeth Käsemann und Klaus Zieschank, dann drohen internationale Strafverfahren.

"Unsere Forderungen sind: Weiterführung der Ermittlungen in den Fällen von "Verbrechen gegen die Menschlichkeit", da in Völkerrechts-Verfahren die Nationalität unerheblich ist. Im Fall Mercedes Benz muß endlich Anklage erhoben werden. Die Fakten liegen auf dem Tisch", so Wolfgang Kaleck, Rechtsanwalt im Fall Mercedes Benz.

Angelika Denzler, Sprecherin der "Koalition gegen Straflosigkeit": "Es gibt Belege dafür, was mit den "Verschwundenen" in Argentinien geschehen ist. In solchen Fällen kann das Fehlen der Lei-chen kein Grund dafür sein, an der Existenz eines Verbrechens zu zweifeln, oder gar die Ermittlungen einzustellen. Wir fordern nun, dass die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth die Entscheidung zur Einstellung der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth zurücknimmt. Andernfalls würde die internationale Glaubwürdigkeit der deutschen Justiz schweren Schaden leiden"

Weitere Detailinformationen sowie die Unterlagen der Briefaktion finden Sie auf unserer Webseite:
Homepage Koalition

 

 

 

Kontakt:

Koalition gegen Straflosigkeit
NMRZ/Adlerstr. 40,
D-90403 Nürnberg. Deutschland.
Tel: 0049-911-230 55 50.
Fax: 0049-911-230 55 51
Email: koalition@menschenrechte.org

Für Rückfragen:
Sprecherin der Koalition:
Dr. Angelika Denzler: Tel: 07041 941035
Rechtsanwalt: Wolfgang Kaleck. Tel: 030 446 79212
Rechtsanwalt: Dr. Konstantin Thun, Tel: 0761-202 770
Kampagnenkoordinator: Esteban Cuya, Tel.: 0911 230 55 50 Fax: -51

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