de en es pt

Zum kompletten Text (inklusive Grafiken und Fußnoten) als .pdf-Dokument gelangen Sie hier!


Christian Russau (FDCL): Durchsetzung internationaler Handelsregime zwischen Europäischer Union (EU) und dem Gemeinsamen Markt des Südens (Mercosur)? Ausländische Direktinvestitionen als Gegenstand der Freihandelsverhandlungen im Spannungsfeld von Investorenrechten, Entwicklung und Menschenrechten, FDCL: EU-MERCOSUR-Info-Bulletin N°1, Januar 2004

0

Kapitel 1

 

1. Die Europäische Union (EU) und der Gemeinsame Markt des Südens (Mercosur)

1.1 Verhandlungen über ein "Interregionales Assoziationsabkommen" zwischen der Europäischen Union (EU) und dem Gemeinsamen Markt des Südens (Mercosur)

Nachdem der Mercosur und die Europäische Gemeinschaft im Mai 1992 ein Abkommen über die Interinstitutionelle Kooperation abgeschlossen hatten, wurde 1995 ein Rahmenvertrag über die Aufnahme von Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen Mercosur und Europäischer Union geschlossen. Auf dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs von EU, Karibik und Lateinamerika im Juni 1999 in Rio de Janeiro hatten EU und Mercosur die Verhandlungsmodalitäten beschlossen, so dass seit Ende 1999 die EU und der Mercosur in halbjährlichen Sitzungsrunden ("Bi-regional Negotiations Committee", BNC) über ein "Interregionales Assoziationsabkommen" verhandeln.

Dabei folgen die Verhandlungen formal dem Prinzip des sogenannten "single undertaking": "nichts wird beschlossen, solange nicht alles beschlossen ist." Schwerpunkte dieser Verhandlungen sind politischer Dialog und Kooperation sowie die gegenseitige Liberalisierung des Handels mit Gütern und Dienstleistungen:

"[A] political dialogue, a co-operation pillar and a trade chapter [...,] the main objective of the 1995 Framework Agreement is the preparation of negotiations on an Interregional Association Agreement between the EU and Mercosur, which should include a liberalization of all trade in goods and services, aiming at free trade, in conformity with WTO rules".

Ab dem Jahr 2005 soll schrittweise eine gemeinsame Freihandelszone eingeführt werden.

Parallel zu den Verhandlungen zwischen EU und Mercosur wird in Amerika über die Bildung einer amerikanischen Freihandelszone (ALCA/FTAA/ZLEA) verhandelt. Auf dem "Summit of the Americas", Miami 1994, hatten Staats- und Regierungschefs von 34 amerikanischen Staaten (mit Ausnahme Kubas) beschlossen, eine Freihandelszone Amerika zu schaffen.

Die Verhandlungen sollten dabei formal den Grundsätzen folgen, dass "by consensus", "transparent", "consistent with WTO rules", als "single undertaking" verhandelt wird, dass "bilateral and sub-regional agreements" davon unbeeinträchtigt bleiben und "special attention will be given to the needs of the smaller economies", dass die Verhandlungen bis 2005 zum Abschluß gebracht werden und die Freihandelszone Amerika mit ca. 780 Millionen potenziellen Konsumenten Ende 2005 in Kraft treten wird. Auf der VIII. Ministertagung des ALCA-Verhandlungsprozesses vom 20.-21.November 2003 in Miami wurde das ursprüngliche single undertaking dahingehend geöffnet, zunächst nur die Bereiche verhandeln zu wollen, die jeder potenzielle Beitrittsstaat dem Prinzip der uneingeschränkten Marktöffnung freizugeben gewillt sei, was laut Ansicht des überwiegenden Teils der internationalen Presse eine bahnbrechende Neuerung dahingehend darstellen würde, es handele sich somit um ein Konzept ALCA light, oder auch Alca à la carte. Doch ist diese Ansicht insofern kurzsichtig, als die umstrittensten Themen wie beispielsweise Investitionen und öffentliches Auftragswesen nicht von der Agenda verschwanden, sondern nur temporär hintenangestellt und deren Mandat nicht aus der Verhandlungsagenda beseitigt wurden.

Gleichzeitig wird in der Welthandelsorganisation (WTO) über die weltweite Liberalisierung der Marktzugänge verhandelt. Die 4.Ministerkonferenz als höchstes Entscheidungsgremium der WTO hatte auf ihrer Tagung im November 2001 in Doha, Katar, die Themen der nach dem Tagungsort benannten, neuen Welthandelsrunde (Doha-Runde) beschlossen. Gegenstand dieser Doha-Agenda, die offiziell unter dem schönen Titel Doha-Development-Round fungiert, ist die Liberalisierung des Handels mit Gütern, Dienstleistungen und Investitionen sowie Fragen geistigen Eigentums.

Die angestrebten Ziele dieser multilateral geführten Verhandlungen sind generell offener Marktzugang, unter Berücksichtigung der WTO-Prinzipien der Inländergleichbehandlung ("National Treatment", NT) und der Meistbegünstigungsklausel ("Most Favoured Nation", MFN). Diese Nicht-Diskriminierungs-Regeln der WTO definieren Inländergleichbehandlung als gleiche Marktzugangschancen für in- wie ausländische Anbieter, die durch keine lokalen, regionalen oder nationalen Gesetze beschränkt werden dürften, Meistbegünstigungsklausel meint, dass alle handelsbezogenen Vorteile, die ein WTO-Mitgliedsstaat einem anderen gewährt, diese auch allen anderen zu gewähren habe. Die Doha-Agenda sollte laut Plan bis 2005 zum Abschluß gebracht werden, doch ist nach dem "Scheitern" von Cancún und aufgrund der bestehenden Uneinigkeiten, die auch im Dezembertreffen der WTO in Genf nicht ausgeräumt wurden, der ursprüngliche Zeitplan der WTO wenn schon nicht "entgleist", so doch zumindest vorläufig ins Stocken geraten, - ein Umstand, der nach Cancún nun wieder vermehrt die "bilateralen Verhandlungsebenen", und dabei nicht zuletzt den Verhandlungsprozess zwischen EU und Mercosur, in den Vordergrund rücken liessen.

Nachdem Ende 1999 die Verhandlungen zwischen Mercosur und EU begannen, wurden auf dem II. Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs von Lateinamerika, der Karibik und Europas in Madrid, Mai 2002, weitere Weichen im Rahmen des politischen Dialogs und Kooperation gestellt. Voraussichtlich auf dem III. Gipfel, der am 28.-29.Mai 2004 in Guadalajara, Mexiko, stattfinden wird, sollen auf der Basis der erneuerten Verhandlungsangebote für die gegenseitige Liberalisierung der Märkte und Marktzugänge, die für den 15.April 2004 anvisiert sind, die abschließenden politischen Gespräche über das Freihandelsabkommen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs beraten werden, so dass bis Oktober 2004 das Abkommen unterzeichnet werden könne.

Ein ähnliches Abkommen der sog. "4. Generation" hat die EU mit Mexiko 1997 unterzeichnet und trat im Oktober 2000 in Kraft (auch "Global Agreement", "Acuerdo Global", genannt), das Assoziationsabkommen mit Chile wurde im November 2002 unterzeichnet und trat Februar 2003 in Kraft.

 

1.2 Handel – Entwicklung?

Verhandlungen über die Liberalisierung von Marktzugängen und Handel mit Gütern und Dienstleistungen allenthalben.

EU-Handelskommissar Pascal Lamy beurteilt die umfassende Öffnung von Marktzugängen im Rahmen der WTO-Verhandlungen wie folgt:

"WTO-members must further liberalise access to markets for goods and services, on the basis of predictabel and non-discriminatory rules. Agriculture, services and non-agriculture tariffs are all key-areas for improving market access." Denn als Folge dieser Liberalisierung von Handel sieht Lamy Entwicklung: "Trade and investment liberalisation offer great opportunities for economic growth and sustainable development."

In Bezug auf die zu schaffende Freihandelszone Amerika (ALCA) sieht es der US-Handelsbeauftragte Robert B. Zoellick ähnlich:

"A Tariff-Free World: Every corner store in America becomes a duty-free shop for working families."

Ebenso formuliert die WTO-Ministererklärung von Doha [WT/MIN(01)/DEC/1, 20 November 2001] den Zusammenhang von Handel und Entwicklung:

"International trade can play a major role in the promotion of economic development and the alleviation of poverty."

Diesem Credo folgend, dass Freihandel und Entwicklung derart miteinander verknüpft seien, wird sowohl multilateral im Rahmen der WTO, regional im Rahmen von ALCA/FTAA/ZLEA wie auch bilateral zwischen Regionen, zwischen dem Mercosur und der EU, über die Öffnung von Marktzugängen verhandelt. Dem länder- wie regionenübergreifenden Presseecho ist zu entnehmen, dass dem Bereich Agrar in allen internationalen Verhandlungen die Schlüsselrolle zukomme. Dies nicht zuletzt deshalb, weil es sich auf Seiten der Industrieländer, bei Fragen von Agrarsubventionen für Export wie für die Produktion für interne Märkte, unter gleichzeitigem erschwertem Marktzugang für Agrarprodukte aus dem "Süden" durch Zölle oder "phytosanitäre Handelsbarrieren", die nach Ansicht nicht weniger Agrarexportstaaten des "Südens" als "nicht-tarifäres Handelshemmnis" letztlich auch wieder nur dem Protektionismus des Nordens dienen, nach einhelliger Ansicht um einen der sensibelsten Bereiche handelt. Schätzungen zufolge belaufen sich in den OECD-Staaten die Subventionen für den Schutz der eigenen Agrarmärkte auf 360 Milliarden US-Dollar jährlich.

In den Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur gilt der Agrarbereich dementsprechend als zentraler Verhandlungspunkt. Denn der Agrarhandel ist der einzige Handelsbereich, in dem die vier Mercosur-Staaten eine positive Handelsbilanz gegenüber der Europäischen Union erreichen und dementsprechend von einer Zugangsöffnung europäischer Agrarmärkte in Folge eines zu schließenden Freihandelsabkommens weiteres ökonomisches Potential erwarten:

Paraguay erzielte dabei im Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit den fünfzehn EU-Staaten im Jahr 2002 einen Handelsüberschuß von 78,7 Millionen Euro, bei Exporten nach Europa von 98,9 Millionen Euro und Importen aus Europa von 20,2 Millionen Euro, Argentinien einen Überschuß von 4,6 Milliarden Euro, bei Exporten von 4,7 Mrd.€ und Importen von 0,1 Mrd.€, Uruguay einen Überschuß von 0,3 Mrd.€ bei Exporten von 0,4 Mrd.€ und Importen von 0,1 Mrd.€, Brasilien einen Überschuß von 7,4 Mrd.€ bei Exporten von 7,9 Mrd.€ und Importen von 0,5 Mrd.€.

Es ist vor allem die sogenannte "Agroindustrie" in den vier Mercosur-Staaten, die sich von dem Abschluß des Freihandelsabkommens zwischen EU und Mercosur, als Folge der angestrebten Zollsenkungen und gleichzeitigem Abbau der europäischen Agrarsubventionen, eine Verbesserung ihrer Exportchancen verspricht. Doch ein solcher Automatismus ist unter den gegebenen internationalen Handelsregimen nicht eindeutig:

"Während die Abkommen die Entwicklungsländer zwingen, ihre Märkte weitgehend für EU-Produkte zu öffnen, bestehen gerade für viele der in der EU produzierten landwirtschaftlichen Erzeugnisse weiterhin hohe Zollschranken für Einfuhren aus dem Süden. Die Freihandelsabkommen mit Südafrika, Mexiko und Chile sehen darüber hinaus eine Sicherheitsklausel für den Fall vor, daß ein sprunghaftes Ansteigen der Handelsflüsse einen Sektor oder die gesamtökonomische Situation eines Partners bedroht - de facto eine Hintertür der EU, um ihre Märkte für den Fall einer erfolgreichen Exportsteigerung eines südlichen Partners vorübergehend zu schließen."

 

Dennoch sind sich die vier Regierungen des Mercosur in dem Agrarbereich als für sie "zentralem und essentiellem" Verhandlungspunkt dahingehend einig, dass in den Verhandlungen mit der EU Erfolge erzielt werden könnten, allerdings sei "substantielles Entgegenkommen" der EU-Verhandlungsführungs um Karl Falkenberg unabdingliche Voraussetzung für den Fortgang der Verhandlungen. - Nun muss hier, en passant, Erwähnung finden, dass es trotz dieses prioritären Interesses, beispielsweise nicht zuletzt das des starken brasilianischen Agroexportbusiness, nicht von einer einheitlichen Position der jeweiligen Regierung auszugehen ist. So "wichtig" beispielsweise der Agrarbereich der brasilianischen Regierung ist, so gibt es doch auch dort Stimmen, die trotz der "Priorität" der Agrarfragen nicht die Bedeutung anderer Fragen des Verhandlungsmarathons außer acht lassen wollen. So kam es beispielsweise im Vorfeld der Vorbereitungen der ALCA-Verhandlungsrunde für den 20.-21.November 2003 im Oktober zu erheblichen Mißstimmigkeiten innerhalb der brasilianischen Regierung: Zuständig für alle Verhandlungen sowohl mercosurintern wie zu ALCA und EU-Mercosur ist von brasilianischer Seite aus das brasilianische Außenministerium, Itamaraty, dort leitet Botschafter Samuel Pinheiro Guimarães die ALCA-Verhandlungen. Guimarães gilt als genereller Skeptiker und Gegner von ALCA, wohingegen der Agrarminister Roberto Rodrigues und Luiz Fernando Furlan, Minister für Entwicklung, Industrie und Außenhandel (Desenvolvimento, Indústria e Comércio Exterior), als vehemente Befürworter gelten und sich öffentlich über die Verhandlungsführung durch Samuel Pinheiro Guimarães beschwerten und für ihre Ministerien mehr Einflußnahmemöglichkeiten im Verhandlungsprozess forderten. Hintergrund ist hierbei, dass "[i]nsbesondere das Landwirtschafts- und Entwicklungsministerium gelten als Hochburgen der ALCA-Apologeten, weil hier die Lobbyisten der Industrie (Agrobusiness, Stahl, Textilien), die sich von einer Freihandelszone Vorteile versprechen, über großen Einfluß verfügen." So sah sich die Koalitionsregierung Lulas gezwungen, im Bereich der Außenhandelsverhandlungen die Macht des Itamaratys dahingehend zu beschneiden, dass an den Verhandlungen sowohl die Agrar- und Entwicklungsministerien wie das Finanzministerium von Antonio Palocci zwingend zu beteiligen seien.

Die Lobbyisten der Agrarexporteure sprechen sich für den umfassenden Abschluss eines Freihandelsabkommens mit der Europäischen Union aus, unter Beachtung der Kürzung aller "marktverzerrenden" Agrarsubventionen seitens der Europäischen Union: Brasilien war in 2003 nach Netto-Verkäufen der weltweit größte Exporteur von Hühnerfleisch mit insgesamt 1,85 Mrd. US-Dollar gegenüber den USA mit 1.5 Mrd.US-Dollar, wobei die USA 2,3 Millionen Tonnen, Brasilien hingegen nur 2 Millionen Tonnen exportierten, allerdings zu einem Durchschnittspreis von 900 US-Dollar je Tonne und die USA bei einem Preis von nur 650 US-Dollar je Tonne. Und der jetzige Entwicklungs- und Außenhandelsminister Luiz Fernando Furlan war bis zu seiner Ernennung "Presidente do Conselho de Administração" ("Chairman of the Board") bei Sadia S.A.: "This Brazilian company is the largest producer of poultry, pork and processed meat in Brazil and is composed of 12 industrial plants, present in seven states", ein Umstand, der einen ungenannten Vertreter der Europäischen Union, laut einem Bericht von ANotícia, AN, vom Januar 2003 zu der Einschätzung bewog, dass Brasilien nun mit diesem Minister sehr wahrscheinlich "radikaler" bei der WTO-Schiedsgerichtsstelle in den anhängigen Klagen wegen Handelsstreitigkeiten im Bereich Hühnerfleisch vorgehen werde. Eine der anhängigen Klagen betrifft die Zollerhöhung für aus Brasilien nach Europa exportiertes gesalzenes Hühnerfleisch von 15 Prozent auf 75 Prozent, die von der dazu in Brasilien zuständigen "Câmara de Comércio Exterior" (Camex) am 5.September bei der WTO erhoben wurde. Ursprünglich war der europäische Zollsatz für gesalzenes Hühnerfleisch aus Brasilien, im Gegensatz zu dem höheren für tiefgefrorenes Hühnerfleisch, auf 15 Prozent gesenkt worden, so dass als Folge davon die brasilianischen Exporteure rasch ihre Produkte in Salz einlegten und so den billigeren Zollsatz für sich reklamieren konnten, so dass die EU als Gegenmaßnahme dort die Zollsätze wiederum an den für tiefgefrorenes Hühnerfleisch anglichen.

Unklar ist zur Zeit, was nach dem "Scheitern" von Cancún mit der 2004 auslaufenden Friedensklausel für Agrarstreitigkeiten in der WTO passiert: Eine Klagewelle wegen der umfassenden Agrarsubventionen des "Nordens" ist nicht auszuschließen, und deren mögliche Auswirkungen auf den Verhandlungsprozess schwer einzuschätzen.

Neben der Weltmarktführung beim Hühnerfleisch hält Brasilien auch beim Sojaexport den Spitzenplatz: Schätzungen für die Sojaernte 2003-2004 ergaben nach der Gazeta Mercantil Zahlen in Höhe von 57 Millionen Tonnen, womit Brasilien die USA als weltgrößten Sojaproduzenten überrunden würde. Haupthandelspartner Brasiliens sind mit Zahlen von 33% des Außenhandels im November 2003 die Staaten der Europäischen Union. - Und Soja und Fleisch zählen neben Mais zu den agrarischen Produkten, denen im Verhandlungsprozess nicht nur die wichtigste Bedeutung beikommt im Hinblick auf die strategisch-wirtschaftlichen Interessen, sondern auch im Hinblick auf die potenziellen Auswirkungen eines zukünftigen Freihandelsabkommens zwischen der EU und dem Mercosur. So urteilt die bereits zitierte WWF-Studie von 2002:

"In EU/Mercosur trade, the most environmentally sensitive crops at the present time are soy, corn and beef. The expansion of these crops threatens to accelerate deforestation, eliminate critical wildlife habitat and reduce biodiversity in ways that are irreversible. Some of these impacts are directly related to production practices and levels of production."

Die Forderungen des Mercosur in Bezug auf die Kürzung der europäischen Agrarexport- und der internen Agrarsubventionen sowie auf die Öffnung der Marktzugänge, vor allem im Agrarmarkt, sind ein Umstand, gegen den die europäische Agrarlobby ihrerseits wiederum Sturm läuft. So hat beispielsweise der Deutsche Bauernverband, anlässlich der 5.WTO-Ministerratstagung in Cancún folgende Presse-Erklärung veröffentlicht:

"Der Deutsche Bauernverband hält im Zuge der unaufhaltsamen Globalisierung der Weltwirtschaft verbindliche Spielregeln auch im Agrarhandel für notwendig. Bei fairen Wettbewerbsbedingungen sieht er wirtschaftliche Chancen auf den internationalen Märkten für die deutschen und europäischen Bauern, sowie für die Bauern in allen Teilen der Welt, insbesondere auch in den Entwicklungsländern. Deutschland ist schon heute einer der größten Importeure von landwirtschaftlichen Rohprodukten und Nahrungsmitteln. Die deutsche Agrarwirtschaft nimmt aber auch selbst am internationalen Handel teil.

Der Deutsche Bauernverband tritt für Handelsregeln ein, die allen Ländern der Welt vor dem Hintergrund verschiedener Entwicklungsstufen und Wertvorstellungen sowie ausgeprägter Unterschiede bei den natürlichen und klimatischen Bedingungen eine eigenständige Landwirtschaftspolitik ermöglichen, die aber gleichzeitig möglichst nicht handelsverzerrend ist."

 

Der gleichen Linie folgend erklärte der Präsident des europäischen Bauernverbandes COPA, Peter Gaemelke, der Zeitschrift "The Economist", nicht die Abschaffung von Agrarsubventionen in der EU stelle die "magische Formel" dar, mit der man "alles Üble auf dieser Welt abschaffen könne", sondern vielmehr gelte, dass landwirtschaftliche Stützungsmaßnahmen nicht alle gleichzusetzen seien und nicht alle Subventionen den Handel in gleichem Maße verzerrten. Die Europäische Union hätte mit der Reform ihrer Gemeinsamen Agrarpolitik ihrerseits Fortschritte erreicht, die nun auch von anderen gefragt seien. So müssten "fortgeschrittenere Entwicklungsländer wie Brasilien endlich aufhören, sich hinter den echten Entwicklungsländern zu verstecken."

 

Die "Agrarfrage" entzweit die europäischen Länder, wo sich einerseits die französische Regierung, im Einklang mit der irischen und britischen Regierung sieht, und die portugiesische, spanische und deutsche Regierung gegenteilige Positionen und Interessen verfolgen: So hatte schon 1999 auf dem I.Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs von Lateinamerika, Karibik und Europa, in Rio de Janeiro, die französische Regierung wegen der in der EU selbst nicht ganz unumstrittenen Agrarsubventionen, nicht zuletzt für die französische Landwirtschaft, ihr Veto gegen die Erteilung des EU-Verhandlungsmandats über die rasche Aufnahme der Verhandlungen mit dem Mercosur zum 1. Januar 2001 eingelegt, um so den Verhandlungsprozess zu verlangsamen.

Doch jenseits dieser Differenzen zwischen den europäischen Regierungen verspricht sich die Europäische Kommission ihrerseits von dem angestrebten interregionalen Assoziationsabkommen gegenseitige Vorteile in Wirtschaft und Entwicklung. EU-Außenkommissar Chris Patten drückte dies in seiner Rede beim BNC im November 2000 in Brasilia wie folgt aus:

"What is at stake in the negotiations between the EU and Mercosur is the possibility for a strategic, political and economic alliance between the only two real common markets in the world. The prospective association agreement will not only provide for short-term financial gains and closer political ties. It will create a free trade area covering nearly 600 million people. By doing this, it will generate democratic development, growing prosperity [...]"

 

Die Hervorhebung der "politisch-strategischen Partnerschaft" zwischen EU und Mercosur ist der EU-Kommission eines der Hauptanliegen, auch um sich von anderen, "reinen Freihandelsabkommen", die keine "Dialog"- und "Kooperations"-Bestandteile in ihren Verhandlungen über die gegenseitige Öffnung der Märkte vorzuweisen hätten, abzusetzen. Dabei beruft sich die Europäische Kommission gerne auf Tatsachen wie: "[i]m Zeitraum 2000/2001 beteiligte sich die EU mit 38,5 Prozent an der Gesamthilfe Lateinamerikas, die USA hingegen nur mit 27,2 Prozent." Dabei wird übersehen, dass in Europa der Anteil der Öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit am Bruttosozialprodukt zur Zeit bei nur 0,37 Prozent liegt, obwohl sich die Industrieländer auf dem UN-Millenium-Gipfel im Jahr 2000 für die Halbierung der Armut weltweit auf eine Zielvorgabe von 0,7 Prozent vom BSP geeinigt hatten, sich auf dem Monterrey-Gipfel vom 18.-22.März 2002 hingegen erneut nur auf eine kurzfristige Aufstockung bis zu 0,39 Prozent einigen konnten.

So nimmt es auch nicht wunder, wenn Entwicklungsfragen genauso wie Kooperation und Dialog im Verhandlungsprozess zwar verbal präsent sind, aber der Schwerpunkt des Verhandlungsinteresses doch eher auf die Bereiche der Handelsfragen fällt, so dass von Seiten der Zivilgesellschaft das Urteil über die Einbindung von Entwicklung (oder gar nachhaltiger Entwicklung) in den Verhandlungsprozess eher nüchtern ausfällt:

"Negotiations of an interregional agreement between Mercosur and the European Union have been proceeding steadily since 1999. They include political and economic cooperation as well as trade. Given this broad remit it is extraordinary that issues relevant to the environment and sustainable development have been barely been included thus far. An agreement that does not adequately cover the environment and sustainable development will have little credibility, either as an expression of current priorities or as an instrument for future cooperation."

Der Autor der Studie kommt zu dem Schluss, dass diese reale Abwesenheit von Entwicklung und Umweltfragen auf Seiten der Europäischen Kommission auch der institutionalisierten Aufteilung zuzuschreiben sei: Während beispielsweise Umweltfragen auf internationaler Ebene von Seiten der EU in die Zuständigkeit von DG Environment (EU-Umweltkommissariat) fallen, Entwicklung der Regie DG Development obliegt, fällt der EU-Mercosur-Verhandlungsprozess unter die Regie der Kommissariate Außenpolitik (DG Relex) und Außenhandel (DG Trade). Und vor allem die Interessen des EU-Außenhandelskommissariats DG Trade liegen naturgemäß bei Handel und Investitionen, und nicht bei sozialen oder Umweltfragen.

 

1.3 Handel – Entwicklung – Menschenrechte?

Jedoch spätestens seit der Verabschiedung der EU Charter of Fundamental Rights, Nizza, Dez. 2000, sind Menschenrechte normativer Bestandteil der EU-Außen- und Innenpolitik. Schon seit den 90er Jahren hat die Europäische Kommission in alle bilateralen Handels- und Kooperationsabkommen mit Drittstaaten Klauseln aufgenommen, nach denen die gegenseitigen Beziehungen auf der Achtung und Förderung der Menschenrechte und demokratischer Prinzipen beruhen.

Diese sogenannte Menschenrechtsklausel fand erstmals in Artikel 5 des vierten Lomé-Abkommens mit den AKP-Staaten im Dezember 1989 Erwähnung. Doch selbst das EU-Außenkommissariat beeilt sich einzugestehen:

"However, Article 5 of Lomé IV and similar articles in other agreements do not provide a clear legal basis to suspend or denounce agreements in cases of serious human rights violations or interruptions of democratic process.

It is for this reason that a clause defining democratic principles and human rights as an "essential element" of the agreements with Brazil, the Andean Pact countries, the Baltic States and Albania was introduced in 1992."

Ab 1992 wurden dann in allen Verträgen mit Dritten Menschenrechtsklauseln aufgenommen, die der EU "a clear legal basis to suspend or denounce agreements in cases of serious human rights violations or interruptions of democratic process" gaben. Zunächst haben diese "Klauseln" nicht den juristischen Rang einer zwingenden Klausel denn eher den einer Absichtserklärung. Zu diesem Schluss kommt auch Klaus Schilder von der Nichtregierungsorganisation WEED:

"So ist zu befürchten, dass die EU Menschenrechts- und Demokratiefragen nicht zum zentralen Anliegen der Abkommen macht, sondern vielmehr ihren wirtschaftlichen Freihandelsinteressen unterordnet."

Außerdem sind diese Klauseln zwar per Vertrag immer an alle Vertragsparteien gerichtet, gleichwohl liegt der Verdacht nahe, dass die EU-Verhandlungsseite eher die Möglichkeit eines einseitigen Drohszenarios der EU-Kommission, "handelspolitische Vergünstigungen" im Falle von Menschenrechtsverletzungen seitens des EU-Vertragspartners unilateral "suspendieren" zu können im Auge hat, - und schon gar nicht die eigenen Menschenrechtspolitik über solche Verträge überwacht sehen möchte.

So wurde mit der Communication from the Commission, COM(1995)216 vom Mai 1995, offensichtlich selbst der EU-Kommission die potenzielle Brisanz der generellen Einführung solcher Menschenrechtsklauseln bewußt: Das EU-Außenkommissariat schreibt auf seiner Website, dass diese Council Decision COM(1995)216:

"spells out the basic modalities of this clause, with the aim of ensuring consistency in the text used and its application. Since this Council decision of May 1995, the human rights clause has been included in all subsequently negotiated bilateral agreements of a general nature (excluding sectoral agreements on textiles, agricultural products, and so on). More than 20 such agreements have already been signed. These agreements come in addition to the more than 30 agreements negotiated before May 1995 which have a human rights clause not necessarily following the model launched in 1995."

Wahrscheinlich dämmerte der Europäischen Kommission, dass es auch im Hinblick auf die Praktiken europäischer transnationaler Konzerne beispielsweise in Sweat-Shop-Industrien im Textilbereich sowie im Hinblick auf die eigene Agrarpolitik nicht opportun sei, Menschenrechtsklauseln in diesbezüglichen bilateralen Verträgen einzuführen. Für die Verkündung der frohen Botschaft einer nicht-sanktionierend zu überprüfenden Menschenrechts-"Klausel" in umfassenden "Partnerschaftsabkommen" schien den EU-Vertretern die Gefahr nicht allzu latent.

So wird im Abkommen zwischen der Europäischen Union und Mexiko, Economic Partnership, Political Coordination and Cooperation Agreement between the European Community and its Member States, of the one part, and the United Mexican States, of the other part, geschlossen 1997, in Kraft getreten im Oktober 2000, gleich in Artikel 1 feierlich die sogenannte Menschenrechts- und Demokratieklausel erklärt:

 

"Article 1

Basis of the Agreement

Respect for democratic principles and fundamental human rights,

proclaimed by the Universal Declaration of Human Rights,

underpins the domestic and external policies of both Parties

and constitutes an essential element of this Agreement."

 

Desgleichen erklärt das Abkommen zwischen der Europäischen Union und Chile, geschlossen am 18. November 2002, ratifiziert Februar 2003, ebenfalls in Artikel 1:

 

"Article 1

Principles

Respect for democratic principles and fundamental human rights

as laid down in the Universal Declaration of Human Rights

and for the principle of the rule of law

underpins the internal and international policies of the Parties

and constitutes an essential element of this Agreement."

 

Diese Demokratie- und Menschenrechtsklausel wird auch integraler Bestandteil des geplanten "Interregionalen Assoziationsabkommens" zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur sein.

Ferner hat sich EU-Kommission scheinbar redlich bemüht, eventuelle Widersprüche zwischen den potenziellen Auswirkungen ihrer Freihandelsabkommen mit Dritten auf nachhaltige Entwicklung und ihren eigenen entwicklungspolitischen Ansprüchen einerseits und den Impakten ihrer Außenhandelspolitik andererseits aufzuklären. Auf zivilgesellschaftlichen Druck finanzierte die EU-Kommission sogenannte Sustainable Impact Assessments, SIA, Nachhaltigkeits- und Impaktstudien, über die eigene Außenhandelspolitik:

"The aim of the SIA, which is very much at the cutting-edge of the field of impact assessment, is to assess the impact that the results of trade negotiations will have on sustainability."

 

So finanzierte die EU über das Kommissariat DG Trade zu Beginn ihrer SIA-Reihe eine "Methodological study" und eine "Sustainability Impact Assessment of Proposed WTO Multilateral Trade Negotiations", beide durch die Manchester University, eine "Sectoral SIA on food crops sector " durch das Stockholm Environment Institute, eine "SIA on EU - A.C.P trade negotiations" sowie "SIA on EU - GCC trade negotiations", beide durch PriceWaterhouseCoopers, sowie eine "SIA on EU - Mercosur / Chile trade negotiations" durch Planistat Luxemburg.

Die SIA von Planistat Luxemburg sollte sich den potenziellen Impakten und Gefahren der Freihandelsabkommen zwischen EU und Chile sowie EU und Mercosur in zwei Schritten nähern, zunächst mittels einer methodischen Verortung und dann über die eigentliche Impaktstudie. Dabei sollte zunächst EU-Chile und dann EU-Mercosur Gegenstand der Untersuchung sein. Die Studie zu EU und Chile wurde mit dem Abschlussbericht, Final Report, von Oktober 2002 abgeschlossen, die EU-Mercosur-SIA kam aber über den draft inception report von Februar 2003, dessen revidierte Version im Juni 2003 hätte erscheinen sollen, nicht hinaus. Dabei war die hehre Absicht im Anfang dieser EU-Chile/Mercosur-SIA nicht weniger als

"to provide a better basis than has existed to date for EC institutions to shape any sustainability-related aspects of the EC approach to these negotiations, to provide an SIA-based assessment of negotiation underway and a review of the results of negotiations when the time comes to present them for formal adoption."

 

Und EU-Außenhandelskommissar Pascal Lamy hatte in seiner Rede vom 6. Februar 2003 in Brüssel, anlässlich eines Seminars über neue Wege der Folgenabschätzung von Freihandelsabkommen, gesagt:

"If trade is to be a tool for development, we need to ensure that it is compatible with sensitive management of the environment and social development. SIAs are an essential means to help us achieve these challenges."

 

Schon im April 2002 wurde in einer im Auftrag des WWF erstellten Studie über dieses Sustainable Impact Assessment EU/Mercosur geurteilt:

"In accordance with its announced policy, the Commission is preparing to undertake a sustainability assessment of the EU/Mercosur negotiations. That is a welcome development and one that may help to identify some of the missing elements of the current agenda. In principle, however, a sustainability assessment is not designed to rectify a negotiating agenda that is inadequate, in particular when its shortcoming concern primarily political issues and missed opportunities. It is difficult to see what a sustainability assessment can contribute to negotitions that have already been under way for three years under an agenda that takes little or no account of the issues surrounding sustainability."

 

Nun wurde im Verlauf des Jahres 2003 der Eurostat-Skandal bekannt, in dessen Zentrum Planistat Luxemburg stand: Planistat hatte ein mutmaßliches Schwarzgeldkonto (die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen noch) mit dem hübschen Namen "Euro-Diff", so dass sich die EU-Kommission gezwungen sah, alle Verträge, die die EU-Kommission mit Planistat hatte, unter anderem auch die Studie zu EU-Chile/Mercosur, zu kündigen.

Erste Folge davon war, dass die Planistat-Website (www.planistat.com) zunächst ein Memorandum veröffentlichte

"Suite à une décision de la Commission Européenne, ce site n'est plus mis à jour depuis le 10 Juillet 2003.

Following a decision of the European Commission, this website was not updated since the 10th of july 2003.

De acuerdo a una decisión de la Comisión Europea, esta página web no ha sido actualizada desde el 10 de julio de 2003",

bevor die Webseite dann ganz aus dem Netz entfernt, - und die Mitarbeiter auf die Straße gesetzt wurden. So forderte der OGB-L, Onofhängege Gewerkschaftsbond Lëtzebuerg, mit Nachdruck, dass "die Erstellung von Sozialplänen nicht die Lösung sein kann, um die Fehler der EU-Kommission auszubügeln." Es war vor allem der Europaparlamentarier Herbert Boesch (SPÖ, MEP), der über seine beharrlichen Nachforschungen die mögliche Verantwortung der EU-Kommission an dem Eurostat-Planistat-Skandal aufzuklären versuchte. Unter anderem stellte er die "Schriftliche Anfrage an die Kommission. Geschäftsbeziehungen der Kommission mit der Groupe Planistat", vom 19.Mai. 2003, deren Beantwortung, so informiert Herbert Boeschs Webseite, noch immer ausständig ist. - Und am 21.Oktober 2003 wurde die Studie SIA EU-Mercosur neu ausgeschrieben: "B-Brussels: framework contract to provide a sustainability impact assessment (SIA) of EU-Mercosur negotiations and a preliminary ex-post assessment of EU-Chile negotiations C398 - Invitation to tender " – Diese neue SIA soll sich dann den möglichen Auswirkungen des Freihandelsabkommen zwischen EU und Mercosur erneut in ihrer ganzen Bandbreite widmen. Es bleibt zu hoffen, dass es nicht wieder zu so unschönen Merkwürdigkeiten kommt, aufgrund welcher man Sachen wie diese lesen muss:

"Im Sommer [2002, Anm. d.A.] wurde das Zwischenergebnis [der SIA EU-Chile, Anm.d.A.] vor eingeladenen VertreterInnen der so genannten Zivilgesellschaft in Brüssel vorgestellt. Dabei wies der anwesende Kommissionsvertreter die VerfasserInnen des SIA an, in der Endfassung die Seiten mit Angaben über erwartbare Arbeitsplatzverluste herauszunehmen.

Während der besagten EP-Chile-Parlamentssitzung wurde die Kommission darauf angesprochen – und leugnete wider Erwarten den peinlichen Zwischenfall nicht. Die ausgewiesenen Jobverluste seien gering, war die Erläuterung, und bei Zukunftsberechnungen gäbe es immer mal wieder solche Ergebnisse, die von der Realität nicht bestätigt würden."

 

Wenn dergestalt mit der Bedeutung der SIA umgegangen werden kann, so steht zu vermuten, dass es in anderen Bereichen bei der EU-Kommission vielleicht mit den eigenen Ansprüchen auch nicht so genau genommen wird. Wenn Menschenrechte, genauso wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und nachhaltige Entwicklung, den Rahmen für die entwicklungspolitischen Richtlinien und Ziele der Europäischen Union abgeben

"The objective of Community development co-operation policy is to foster sustainable development designed to eradicate poverty in developing countries and to integrate them into the world economy. This can only be achieved by pursuing policies that promote the consolidation of democracy, the rule of law, good governance and the respect for human rights",

dann ist es durchaus berechtigt zu fragen, wie denn die Triade der EU-Kommission von Außenhandel, Außenpolitik und Entwicklungspolitik miteinander in Einklang gebracht werden kann, genauso wie es im Rahmen eines Freihandelsabkommens zwischen EU und Mercosur zu fragen geboten ist, wie solch normative Bekundungen wie die der sogenannten Menschenrechtsklausel auf beiden Seiten umgesetzt und überwacht werden könnten: Es ist durchaus fragwürdig, wie denn in einem Freihandelsabkommen, das in seiner Grundausrichtung auf die Liberalisierung von Handel, Investitionen und Kapitalverkehr, auf die Öffnung von Märkten und Marktzugängen, auf die Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte öffentlicher Güter genauso wie auf den Bereich öffentlichen Beschaffungswesens abzielt, und durch dessen daraus folgender Anwendung, auf dem realen Parkett konkurrenzbeflügelten Weltmarktes, die hehren Ansprüche der Menschenrechte in ihrer ganzen Breite gewährleistet werden könnten? –

Die Frage der Menschenrechte wird – dem Modell EU-Mexiko und EU-Chile folgend - in dem angestrebten Abkommen explizite Erwähnung finden. Laut EU-Außenhandelskommissar Chris Patten soll das zwischen EU und Mercosur angestrebte "Interregionale Assoziationsabkommen", Handel und Entwicklung dergestalt miteinander verknüpfen, dass sich aus solch dynamischem Prozess, gleichsam wie von selbst, Demokratie und Respekt, Schutz, Gewährleistung und Erfüllung der Menschenrechte entwickeln.

[Fortsetzung Zitat Chris Patten]

"It will create a free trade area covering nearly 600 million people. By doing this, it will generate democratic development, growing prosperity and respect of human rights. Where prosperity reigns, democracy and human rights can take firm root. [...] We are seeking a wide political and economic partnership, building on our common commitment to liberty, democracy, respect for human rights, fundamental freedoms, the rule of law and sustainable development."

 

Entgegen solcherart vollmundiger, gleichsam magischer Prophezeiungen halten es dann doch mitunter selbst Regierungsvertreter aus Europa lieber mit verbaler Skepsis:

"Auch innerhalb der EU ist unter dem Stichwort "Kohärenz" noch einiges zu leisten. So gibt es immer noch drastische Widersprüche zwischen EU-Handelspolitik, EU-Agrarpolitik und EU-Entwicklungspolitik."

 

So sind die sich beispielsweise aus der europäischen Agrarpolitik ergebenden sozialen Verwerfungen für Millionen von Kleinbauern in den Ländern des Südens genauso hinlänglich bekannt, erörtert worden und sind Gegenstand großangelegter Kampagnen der Zivilgesellschaft, wie es beispielsweise die Probleme, Risiken und Auswirkungen der Verhandlungen in der Welthandelsorganisation WTO über Dienstleistungen (GATS) und der Privatisierung und Kommerzialisierung öffentlicher Güter oder aber auch der über ein neues Multilaterales Investitionsabkommen, sei es im Rahmen der OECD 1998 oder im Vorfeld zur 5.WTO-Ministerratstagung im mexikanischen Cancún im Verlauf des Jahres 2003, waren.

Das Thema der Investitionen steht, neben den anderen Themen, aber nicht minder brisant, auch auf der Agenda der Freihandelsverhandlungen zwischen der Europäischen Union und dem Gemeinsamen Markt des Südens, dem Mercosur:

"As always, investment negotiations have major implications for the environment and sustainable development. Investment is the only tool that can reliably shift currently unsustainable economies towards morde sustainable practices. At the same time, international investment agreements have proven themselves to be potential obstacles to the ability of governments to adopt measures that are needed to promote sustainability. The EU/Mercosur investment negotiations must be monitored from the perspective of the environment and sustainable development."

 

Kommt es zu einem Abschluss auch über Investitionen im Rahmen der Freihandelsverhandlungen zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur? Wäre beispielsweise eine Art "trade off" zwischen den beiden Verhandlungspartnern möglich, also Konzessionen von Seiten der Europäer im Bereich der Agrarfragen - Abschaffung oder Reduzierung von Agrarsubventionen und Aufhebung der Importquoten - gegen Zugeständnisse des Mercosur im Bereich von Investitionen und Fragen des öffentlichen Beschaffungswesens? Würden die von den Mercosurstaaten erwarteten Erfolge im Agrarsektor die zu erwartenden Rückschläge im Bereich von Investitionen, freiem Kapitalverkehr und öffentlichem Beschaffungswesen kompensieren? –

Oder ist das Thema der Investitionen für die Europäer ein vorgeschobenes, um es im Rahmen des Kuhhandels eines anders gelagerten "trade off" großzügig gegen das Entgegenkommen des Mercosur, auf die Agrarfragen zu verzichten, einzutauschen? Wären die Investitionsforderungen der Europäischen Union demnach nur Verhandlungsmasse im Poker um andere Fragen: "A bone thrown to the dogs"?

 

 

weiter zum Kapitel 2:

Ausländische Direktinvestitionen als Gegenstand internationaler Handelsregime

 

 

0

FDCL
Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e.V.
Centro de Investigación y Documentación Chile-América Latina
Centro de Pesquisa y Documentação Chile-América Latina
Gneisenaustraße 2a
10961 Berlin, Alemania, Alemanha
Fon: 49-(0)30-693 40 29; -69 81 89 35
Fax: 49-(0)30-692 65 90