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Soziale Unruhen in Bolivien. Ein Land vor dem Umbruch?

Soziale Unruhen in Bolivien. Ein Land vor dem Umbruch?

Ein Reader des FDCL, Berlin, April 2003.

Bestellbar zum Selbstkostenpreis von 5 € unter archiv(at)fdcl.org

 

Inhaltsverzeichnis

Einleitung                                       

Chronik der Ereignisse in Bolvien vom 03.04.2000 – 19.02.2003

Die Ereignisse im Februar

Ausschreitungen im Vorfeld der Februarkonflikte

Probleme des  Militärs

Die Konfliktherde
1. Die Minen/Bergbau
2. Erdgas/Energie
3. Wasser
4. Coca
5. Land/Landreform

Politische und gesellschaftliche Akteure

Die Participación Popular

Schulden und Schuldendienst

Ein Blick in die Geschichte

Die Wahlen von 2002

LINK – Seite    / Impressum

 

 

Einleitung

Als es am 12 Februar vor dem Hintergrund der Ankündigung der Regierung vom 9. Februar, eine Einkommenssteuer von 12,5 % für alle Löhne von über 880 Bolivianos (ca. 120 Euro) zu erheben, zu massiven Protesten und Ausschreitungen kam, lenkte dies den Blick der internationalen Medien dann doch einmal kurz auf Bolivien. Diese füllten ihre Auslandsseiten bis dahin vornehmlich mit dem drohenden Irak – Krieg und wenn dann doch einmal Lateinameika in den Medien thematisiert wurde, dann traten der neue brasilianische Präsident „Lula”, seine Kollegen Chavez in Venezuela und Gutierrez in Ecuador auf. Zudem war die Argentinienkrise wohl ohnehin medientauglicher als die Ereignisse im Nachbarland Bolivien.  Dort zählte man die Toten, die Regierung reagierte, indem sie die eben erst erhobene Steuer zurücknahm, wohl um weitere Sachschäden durch Protestierende zu verhindern. Der „Spiegel”zeigte einen zufrieden dreinblickenden Präsidenten de Lozada, der sich „eine bessere Zukunft für sein Land wünscht”.
Da kann man schon einmal kurz nachfragen, von welcher Zukunft und von was für einem Land der Präsident da spricht. Um seine eigene  Zukunft jedenfalls muß er sich finanziell keine großen Sorgen machen. Als einer der reichsten Männer des Landes hat er seine Unternehmerischen Talente unter anderem schon im Öl- und Bergbaugeschäft (welches, besonders was die Arbeitsbedingungen der Mineros angeht, nicht gerade ein traditionell vorbildliches ist -) unter Beweis gestellt. Die Erfogsstorry vom glücklichen Minenchef steht dem harten Alltag der Kumpel gegenüber.
Und von welchem Bolivien spricht der gute Mann? Dem Bolivien einer reichen und zurückgezogenen weißen Elite, der er selbst angehört, oder dem Bolivien der Campesinos, Mineros, Cocaleros, der Landlosen, der Marktfrauen und Straßenhändler oder der Lehrer, die außerdem noch Taxifahrer sind? Spricht er von dem Bolivien der Kinder, die nicht selten stundenlange Schulwege in Kauf nehmen müssen und für deren Zukunft Eltern ihr Leben riskieren, wenn sie für ihre Rechte auf die Straße gehen, wo sie sich dann nicht selten einer übermächtigen Miltärgewalt gegenübersehen? Spricht er etwa von der Zukunft der Studenten, die für bessere Universitäten und aus Solidarität mit den Arbeitern demonstrieren, die Ewigkeiten brauchen um ihr Studium abzuschließen, auch weil die UNIs immer einmal wieder geschlossen werden?
Und die Militärs selbst? Im Februar schossen sie auf Zivilpersonen und Polizisten. Letztere stellten sich auf einmal auf die Seite der Bevölkerung und „verteidigten”die Zivilbevölkerung dann sogleich mit der Dienstwaffe, gegen die Agression der Militärs! Was ist das für eine katastrophale Ausbildung, die diese Exekutive durchlaufen zu haben scheint? Wem kann man denn nun vertrauen, der Polizei oder dem Militär, das vielleicht ein wenig traurig darüber ist, daß der letzte große Präsident, Hugo Banzer, einer der ihren, im letzten Jahr von ihnen ging und das Ruder nun in der Hand eines „zivilen”liegt.
Das Erbe Banzers, Jorge Quirogas, der als Übergangspräsident fungierte und seiner selbst durfte Gonzalo  Sanchez de Lozada, der bereits von 1993-97 bolivianischer Präsident war, im Juni 2002 antreten. Als „Macher”strebt er große Reformen an, zweifelsohne ist das Land reformüberbedürftig! Bildungs-, Renten- und Justizsystem sind marode. Nur wenige Straßen sind asphaltiert, was zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen führt, die Infrastruktur weist starke Defizite auf. Bolivien ist so hoch verschuldet, dass die Handlungsspielräume der Regierung wie unter gegebenen Bedingungen stark eingeschränkt sind. Zu hoch ist der Druck der Geldgeber, zu notwendig neue Kredite. Und zu alledem toben da auch noch der Krieg um Koka und Proteste gegen die Privatisierung ehemals staatlicher Unternehmen, gegen die ALCA und gegen noch mehr Fremdbestimmung im Land.
Ziel dieses Readers kann es nicht sein, all diese Probleme in ihren Einzelheiten darzustellen und womöglich auch noch Lösungsvorschläge zu liefern. Es geht vielmehr darum, eine Zusammenschau der Ereignisse seit dem Konflikt um die Privatisierung der Wasserwerke von Cochabamba im Jahre 2000 aufzustellen, dem zweiten Konflikt Boliviens der letzten Jahre der das Interesse der Weltöffentlichkeit auf sich zog, um ausgehend vom Hintergrund der Februarrevolte Texte vorzustellen, die sich entweder direkt mit den Konflikten oder den betroffenen  Menschen und deren Lebenssituationen auseinandersetzten. Auch sollen einige Akteure des multikulturellen und multiethnischen Boliviens vorgestellt werden, ebenso wie die beiden Gewerkschafter Felipe Quispe und Evo Morales. Einige aktuelle Konfliktherde, so wie der um die Privatisierung des Wassers, der Minen, des Exportes von bolivianischem Gas und der Kokakonflikt werden beleuchtet. Ein Text widmet sich dem Problem der ungleichen Landverteilung und dem neuen INRA-Gesetz zur Landverteilung, und hebt dabei im besonderen die Situation indigener Gemeinden hervor. Das Konzept der politischen Beteiligung, der sogenannten „Participacion Popular”, wird ebenfalls durch einen längeren Analyseartikel  erläutert. Das Problem der institutionalisierten Korruption - Bolivien ist in diesem Punkt lateinamerikanischer  Spitzenreiter - wird immer wieder in Artikeln angesprochen. Die Auslandsverschuldung Boliviens und speziell die Auswirkungen der Schuldenerlaß - Initiativen HIPC und HIPC II werden durch zwei kürzere Texte und einen Analysebericht zu den Vor- und Nachteilen dieser Kampagne behandelt. Zuletzt wird auf die Amtszeiten Banzers und Quirogas eingegangen, um vor diesem Hintergrund die Wahlen von 2002 knapp zu präsentieren, nicht ohne vorher noch in einem Hintergrundartikel die Geschichte der beiden Bündnisparteien UCS und CONDEPA zu schildern.
Es scheint, als ob trotz der anhaltenden Unzufriedenheit großer Teile der Bevölkerung mit ihrer Regierung und deren aufgeblähten Verwaltungs- und Exekutivorganen keine großen Alternativen bereitstehen. Ob die Zukunft in den Händen von Evo Morales, dem Führer der Coca- Bauern im Chaparé liegt, wird sich zeigen. So konnte dieser zwar bei den Wahlen im Juni fast ebenso viele Stimmen auf sich vereinen wie der amtierende Präsident, doch ob er sich auch so gut mit dessen amerikanischem Kollegen verstehen würde wie dieser, bleibt fraglich. Außerdem würde er vor den gleichen Problemen wie Lozada stehen, müßte konsensorientiert operieren und liefe so Gefahr, Sympathien zu verspielen.
Auf allzu wissenschaftliche Artikel wurde bewußt verzichtet und der Anteil an spanischen Texten relativ gering gehalten, um den Inhalt nicht durch die Form zu erschweren.
 

Thomas Kutter

FDCL, Berlin, April 2003

 

 


Chronik der Ereignisse in Bolvien vom 03.04.2000 – 19.02.2003

3.April 2000

In Cochabamba beginnen Demonstrationen und Streiks von Bauern, Lehrern und Studenten, die sich gegen die massive Erhöhung der Wasserpreise richten. Polizei und Militär schlagen die Streiks gewaltsam nieder.


5. April 2000

In La Paz beginnt ein Hungerstreik von Polizeibeamten, die höhere Gehälter verlangen
den streikenden Polizisten wird am 9. April eine Gehaltserhöhung von 50 % zugesagt


8. April 2000

Der Ausnahmezustand wird eine Dauer von 90 Tagen ausgerufen. In Cochabamba weisen die Kirche, die große Mehrheit der Bevölkerung sowie Politiker die Ausrufung des Ausnahmezustandes zurück.


12. April 2000

Die Protestwelle weitet sich auf Parlamentskreise aus, 19 Mitglieder des Movimiento Sin Miedo (MSN) und des Movimiento Bolivia Libre (MBL) treten in Hungerstreik und fordern die Aussetzung des Ausnahmezustandes, den Rücktritt Banzers, sowie einen Prozess gegen die Verantwortlichen der Gewalttätigkeiten.


14. April 2000

Die Interamerikanische Entwicklungsbank setzt ihre Tätigkeit im Rahmen der HIPC- Entschuldungsinitiative aufgrund der sozialen Situation des Landes vorläufig aus.

Die Regierung nimmt die Erhöhung der Wasserpreise zurück. Ein Vertrag der Regierung mit der Bauernge-werkschaft, der eine Befreiung der gefangengenommenen Gewerkschaftler und eine Verpflichtung der Regierung vorsieht, über einen Zeitraum von 3 Monaten eine Lösung des Konfliktes zu finden, beendet die Streiks und Blockaden offiziell. Die Auseinandersetzungen haben 8 Menschenleben und 43 Verletzte gefordert.

 

18. April 2000

Die Cocaleros des Chapare, die sich in dieser Vereinbarung nicht repräsentiert fühlen, unterschreiben mit der Regierung eine Vereinbarung über die teilweise Einstellung der Feindseligkeiten. In La Paz kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Studenten, die eine Beendigung des Ausnahmezustandes fordern.


20. April 2000

Banzer hebt den Ausnahmezustand wieder auf.


26. April 2002

Das Kabinett tritt als Konsequenz aus der Regierungskrise, geschlossen zurück. Nach einer Kabinettsumbildung durch die Einsetzung 5 neuer Minister kündigt Banzer an, wirtschaftliche Aufbaupläne zu verwirklichen.


12. Mai 2000

Das Verfassungsgericht erklärt die Ausrufung des Notstandes am 8. April für verfassungswidrig. Die Regierung und Polizeikräfte protestieren gegen das Urteil.


22. Mai 2000

10.000 Cocaleros aus dem Chapare räumen der Regierung eine Frist von 30 Tagen ein, um die Vernichtung der Koka- Anbaufelder zu stoppen und gemeinsam ein alternatives Entwicklungsprogramm auszuarbeiten. Regierungssprecher Guillermo Fortún entgegnet daraufhin, daß die Beseitigungen fortgesetzt werden.


2. Juni 2000

Oppositionschef Sanchez de Lozada (MNR) und Präsident Banzer vereinbaren eine Wahlreform, um für die Wahlen 2002 genügend Transparenz zu schaffen.


6. Juni 2000

Der „ nationale Dialog”beginnt mit einem Treffen von Regierung, Parteien sowie Basis- Organisationen der Bevölkerung, die sich mit den Themen Armutsbekämpfung, strategische Allianzen für wirtschaftliche Entwicklung und Verfassungsreformen auseinandersetzt.



29. Juni 2000

Es beginnt der dritte „ Marsch für Land”(Marcha por la Tierra), mit dem Bauern und Indios die Besitzzuschreibung von Land und wirtschaftliche Unterstützung fordern. Sie setzten der Regierung ein Ultimatum bis zum 14. Juli. Falls dies bis dahin ihre Forderungen nicht erfüllt, würden erneut Straßen- und Lebensmittelblockaden einsetzten.


30. Juni 2000

Während eines Deutschlandbesuches Präsident Banzers versichert die Bundesregierung ihre weitere Unterstützung Boliviens beim Kampf gegen den Rauschgifthandel.


6. Juli 2000

Mehr als 250 Familien aus 15 Gemeinden aus Nord - Condo und Challapa verlassen aus Angst vor erneuten Bluttaten im Krieg der Ayllus (=Gemeindevorsteher) ihre Häuser, die argentinische Regierung tritt am 28.7 für eine schnelle Zuerkennung aller Rechte für Tausende bolivianische Immigranten ein.


18. August 2000

Während eines Besuches von US- Außenministerin Albright in Bolivien beglückwünscht sie die Regierung zu ihren Fortschritten in der Kokavernichtung und verspricht weitere Unterstützung durch die USA.


29. August 2000

Nach schwierigen Verhandlungen gelingt in der Debatte des „Nationalen Dialogs”ein Konsens über die Verteilung der Mittel des HIPC-II- Programms auf die verschiedenen politischen Ebenen des Landes.


13. September 2000

Eine neue Streik- und Demonstrationswelle beginnt, die von Lehrern, Cocaleros und später auch von Bauern ausgeht und sich danach immer mehr ausweitet. Die Forderungen vom April nach sozialer Verbesserung werden wieder aufgenommen. Die Regierung hingegen erklärt, sie werde nach Ausschöpfen des Dialogweges auf den Gebrauch von Gewalt zurückgreifen.


26. September 2000

Die Städte Cochabamba, Santa Cruz, Oruru und La Paz sind wegen der Blockaden auf dem Landweg von ihrer Umgebung isoliert. Die Regierung befürwortet einen Dialog mit den Bauern, nicht aber mit den Cocaleros..


6. Oktober 2000

Die Regierung gibt den Forderungen der protestierenden Bauern nach und schließt mit Felipe Quispe, dem Führer der Bauerngewerkschaft Confederación Síndical Unica de Trabajadores Campesinos de Bolivia (CSUTCB) ein Abkommen in Bezug auf die Wasserrechte und die Agrarreform. Bezüglich der Cocaleros des Chapare verkündet die Regierung jedoch die Vorbereitung einer Militärinitiative. Während der über 20 Tage andauernden Blockaden und gewaltsamen Auseinandersetzungen werden 10 Menschen getötet und 130 verletzt.

Die wirtschaftlichen Verluste, die durch die Blockaden entstanden sind, werden auf US$ 250 Mio. geschätzt.


11. Oktober 2000

Die internationale Gemeinschaft sichert Bolivien für die nächsten 3 Jahre Kredite in Höhe von US$ 1,5 Mrd. zu, die dazu bestimmt sind, die Armut in Bolivien zu bekämpfen.


25. Oktober 2000

Nach der Entführung von insgesamt 4 Militärs und Polizisten sowie der Ehefrau eines jener Polizisten während der Blockade der Cocaleros, verfügt die Regierung die Festnahme von 16 verdächtigen Bauern. Die Polizei beantragt einen Prozess gegen Evo Morales, den Vertreter und Wortführer der Cocaleros. Ihm werden Terrorismus und bewaffneter Widerstand vorgeworfen.


13. November 2000

Zwei der vermutlich von den Cocaleros entführten Militärs werden tot und mit Folterspuren aufgefunden.


14. November 2000

Felipe Quispe gründet die indigene - bäuerliche Bewegung Movimiento Indígena Pachacutec (MIP). Die Bewegung strebt die Vertretung der Interessen der indigenen und bäuerlichen Bevölkerung (beinahe 70% der Gesamtbevölkerung) an.


6. Dezember 2000

Präsident Banzer beschließt, bis zum Ende seiner Amtszeit (6. August 2002) kein Gesetz zur Reform oder Flexibilisierung des Arbeitswesens im Parlament einzureichen.


18. Dezember 2000

Banzer erklärt die Beseitigung der illegalen Kokaanbauflächen in der Region Chapare gemäß dem vorgegebenen Zeitplan für abgeschlossen. Es wurden demnach laut Vorgabe seit 1997 43.000 Hektar vernichtet, ungefähr 600 Hektar Anbaufläche bleiben übrig, die in nicht mehr als zwei Monaten vernichtet werden müssen.


2. Januar 2000

Offenbar betrunken schlägt Präsidialminister und enger Vertrauter Banzers Walter Guiteras auf Frau und Kind ein. Die Medien stürzen sich auf den Skandal. Gutieras tritt am 13. Januar zurück.


10. Februar 2001

Der jahrzehntelange Mitstreiter und Berater Banzers, Alfredo Arce Carpio (60) wird in einem Armenviertel von La Paz tot aufgefunden, die Todesursache bleibt unklar.


13. Februar 2001

Die französisch- belgische Total Fina Elf gibt die Entdeckung einer neuen Erdgasquelle im Osten Tarijas bekannt. Petrobras spricht von einer Festigung der Macht Boliviens auf dem südamerikanischen Erdgassektor.


24. Februar 2001

Neun Menschen sterben beim Einsturz einer Goldmine. Die Behörden sprechen von einem nicht kalkulierbaren Unfall, andere von der logischen Konsequenz des katastrophalen Zustands des Minensektors in Bolivien.


7. Juni 2001

Der Parteigründer der MNR und mehrmalige Präsident Boliviens (1952- 56, 1960- 64 und 1985-89), Víctor Paz Estenssoro stirbt. Völlig unerwartet fallen Bergarbeiter, die in Kooperativen, ohne Privatunternehmer oder Staat über sich zu haben ganz auf sich allein gestellt sind, in La Paz ein und liefern sich Straßenkämpfe mit der Polizei. Die Regierung verspricht ihnen nach Verhandlungen Anteile aus den Mitteln der HIPC- II initiative und von der staatlichen Minengesellschaft COMIBOL


26/27. 2001Juni

Banzer trifft sich mit seinem bras. Kollegen Cardoso in La paz, Santa Cruz und San Alberto, um den umfas-senden „Integrations - Vertrag”zu den Förder- und Verkaufsmengen im Energiesektor festzulegen. Die boli-vianische Presse spricht von einem jährlichen Wegfall von 48 Mio US $ durch die neuen Vertragsbedingungen.


2.Juli 2001

Eine Gruppe von Kleindarlehensnehmern dringt, zahlungsunfähig und mürbe von 97 tägigem Protest, in der Bankaufsichtsbehörde von La Paz ein und nimmt 90 Personen als Geiseln. Angesichts von nunmehr 12.500 Kleindarlehensnehmern vor dem unmittelbaren Konkurs wirft man der Bank unverantwortliches Handeln vor.


6. August 2001

Hugo Banzer Suarez, Präsident und Vorsitzender der Acción Democrátita Nacionalista (ADN), erklärt seinen Rücktritt und ernennt seinen Vizepräsidenten und Parteigenosse Jorge Quiroga Ramirez zu seinem Nachfolger.


9. November 2001

Bei einem von Paramilitärs verübten Massaker werden in Pananti 6 Landlose Bauern erschossen, 16 weitere werden verletzt. Das Massaker wird als ein Exempel an der Bewegung der Landlosen gewertet.


15.November 2001

Bei Straßenblockaden im Chapare eröffnen Militärs das Feuer auf die Blockierer. Drei Menschen sterben.


Januar 2002

Argentinien stellt einen Auslieferungsantrag für Hugo Banzer. Ihm wird die Verantwortung für 6 „Verschwundene”in der Zeit seiner Militärdiktatur in den 70er Jahren zur Last gelegt.

Im Chapare kommt es zu massiven Repressionen gegen die Kokabauern


26. Januar 2002

Die CSUTCB beschließt, gemeinsam mit dem Movimiento sin Tierra (MST) und den Cocaleros, für die Annulierung des Dekrets 24615 (-verbietet Komerzialisierung der Koka und bestimmt die Schließung der Vorratsmärkte-) zu kämpfen.


Februar 2002

Die sozialen Unruhen im ganzen Land verschärfen sich, es kommt zu Protestmärschen und Straßenschlachten der Cocaleros, Studenten, Arbeiter und Gleichgesinnter mit der Polizei. Es gibt zahlreiche Festnahmen und Tote.


5.Mai 2002

Hugo Banzer Suarez stirbt an Krebs, fünf Tage vor seinem 76. Geburtstag


Juni 2002

Gonzales Sanchez de Lozada (1993-97) wird zum zweitenmal Präsident Boliviens. Der Kandidat mit dem zweitbesten Ergebnis heißt Evo Morales.


Oktober 2002

Mehr als 50 Jugendorganisationen fordern in Trinidad die Abschaffung des obligatorischen Wehrdienstes


Januar 2003

10.000 Rentner versammeln sich in Patacamaya um zu einem Protestmarsch in das 100 km entfernte La Paz aufzubrechen, und für eine Anbindung ihrer Renten an den Dollarkurs zu demonstrieren. 7 Rentner sterben bei einem Busunglück im Zusammenhang mit den Repressionsmaßnahmen der Regierung gegen die Demonstranten.

Cocaleros des Chapare organisieren seit Mitte des Monats Straßenblockaden, welche die Regierung durch massiven Einsatz von Polizei und Militär immer wieder durchbricht.


19. Januar 2003

In Cochabamba erklärt eine große und repräsentative Gruppe von Vertretern sozialer Organisationen in einem Manifest die Gründung eines „Generalstabs des Volkes”. In dem Manifest stellt sie der Regierung ein Ultimatum ihre Forderungen zu erfüllen und droht mit gewaltigen Blockaden.


9. Februar 2003

Der Präsident gibt in einer Botschaft an die Nation die wirtschaftlichen Umstellungen bekannt, die notwendig seien, um mehr Steuereinnahmen zu erzielen. Angekündigt wird eine Einkommenssteuer von 12,5 % für alle Löhne über 880 Bolivianos (= ca. 120 Euro).


10. Februar 2003

Teile der Polizei von La Paz weigern sich, aus Protest gegen die angekündigte Steuererhebung, durch die Straßen zu patrouillieren. Sie fordern eine Gehaltserhöhung von 40 % und die Rücknahme der Steuer.


12. Februar 2003

Schüler, die für die Absetzung ihres Direktors demonstrieren, schließen sich gegen die Steuererhöhung protestierenden Polizisten an.. Es kommt zu einem Gefecht zwischen Militär und Polizisten, die Schußwechsel hinterlassen 31 Tote und mindestens 134 Verletzte. Die Wut der Bevölkerung auf die Regierung entlädt sich auch in den Büros der Regierungsparteien (MNR, MIR, UCS, ADN), die in La Paz geplündert werden. Es kommt zu Plünderungen von Geschäften. Auch in EL Alto und Cochabamba kommt es zu Massendemon-strationen und Ausschreitungen.

13. Februar 2003

Alle öffentlichen Demonstrationen werden untersagt. Es kommt zu Blockaden, Protestmärschen und Plünderungen. Die Polizei von Santa Cruz befindet sich noch immer im Aufstand, ein Jugendlicher stirbt in El Alto bei Auseinandersetztungen zwischen Plünderern und Polizei. Im Chapare wird ein Kokabauer erschossen. Die Banco Sol in La Paz steht in Flammen. Stimmen, die den Rücktritt des Präsidenten verlangen werden laut.

18. Februar 2003

Das Kabinett tritt geschlossen zurück.

19. Februar 2003

Der Präsident reduziert als Zeichen seines Sparkurses die Anzahl der Ministerien von 18 auf 13 und ernennt seine Minister. Fünf Minister der alten Regierung müssen ihren Platz für neue räumen. Die geplante Steuer war bereits zurückgezogen worden.