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Nürnberger Strafverfahren gegen argentinische Militärs: Koalition gegen Straflosigkeit ist erleichtert über Fortführung und fordert Beschleunigung der Ermittlungen sowie Haftbefehle gegen argentinische Militärs

Presseinformation der Koalition gegen Straflosigkeit

 

15. Mai 2000

Nürnberger Strafverfahren gegen argentinische Militärs: Koalition gegen Straflosigkeit ist erleichtert über Fortführung und fordert Beschleunigung der Ermittlungen sowie Haftbefehle gegen argentinische Militärs

Die „Koalition gegen Straflosigkeit" ist erleichtert über den Beschluss der Nürnberger Staatsanwaltschaft, die Ermittlungsverfahren auch in den vier Fällen von deutsch-jüdischen Opfern fortzusetzen.


Noch im März d.J. beabsichtigte die Staatsanwaltschaft am Landgereicht Nürnberg-Fürth die Verfahren wegen fehlender Zuständigkeit einzustellen. Nach Überprüfung der Argumente der Rechtsanwälte der betroffenen deutsch-argentinischen Familienangehörigen ist nun die Staatsanwaltschaft zu dem Ergebnis gekommen, vorerst weiterzuermitteln. Diese Entscheidung hat bei den Angehörigen der Opfer große Freude und Erleichterung ausgelöst.


Die Koalition begrüßt diese Entscheidung mit großer Genugtuung. "Damit ist ein schwarzer Tag für Deutschland, die Deutsche Justiz und das allgemeine Gerechtigkeitsempfinden in letzter Minute abgewendet worden", betont Stefan Herbst, einer der Sprecher der Koalition gegen die Straflosigkeit.


Offensichtlich hat die Argumentation des Berliner Rechtsanwaltes Wolfgang Kaleck die Staatsanwaltschaft überzeugt: "In den Fällen der deutsch-jüdischen Opfer der argentinischen Militärdiktatur darf die für unwirksam erklärte Zwangsausbürgerung dieser Familien durch das Hiltlerregime nicht dazu führen, ausgerechnet diese zweifachen Opfer von Diktaturen heute vom Schutz des deutschen Strafrechts auszuschließen"


Trotz dieses Etappensieges ist die Koalition weiterhin sehr besorgt wegen der schleppenden Ermittlungen in den 10 eingereichten Fällen. "Auch wenn wir eine Einstellung von vier Verfahren in letzter Minute verhindern konnten, müssen wir, die Deutsche Justiz und die Öffentlichkeit zur Kenntnis nehmen, dass wir im Begriff sind, den Wettlauf gegen die Zeit zu verlieren", mahnt Kuno Hauck, ebenso Sprecher der Koalition gegen die Straflosigkeit. "


Praktisch zeitgleich mit der Botschaft von der Nichteinstellung der Verfahren hat uns die Nachricht vom Tod einer der Mütter eines der ermordeten Opfer erreicht." Nur schnelle Ermittlungen und Haftbefehle können nach Ansicht der Koalition gegen Straflosigkeit dazu beitragen, den Angehörigen den Glauben an Recht und Gerechtigkeit wieder zu geben und ein Stück Wiedergutmachung zu ermöglichen.


Deshalb fordert die Koalition die Staatsanwaltschaft nachdrücklich auf, die schon seit Mitte 1998 laufenden Ermittlungen zu intensivieren und zu beschleunigen.Es ist völlig unzureichend, jetzt noch länger auf eine Rechtshilfe ausgerechnet von der argentinischen Justiz zu warten, da diese den Militärs trotz schwerster Verbrechen Straffreiheit gewährt.


Stattdessen muss die Staatsanwaltschaft endlich selbst die zahlreichen von den Anzeigenerstattern mit Namen und Adresse benannten Zeugen anhören.


Diese Zeugen sind zum einen die Familienangehörigen, zum anderen Zeugen der Entführung der Verschwundenen und vor allem Mitinhaftierte, denen die Verschwundenen in einem der Folterzentren der Diktatur begegnet waren.


Entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung ist die deutsche Strafjustiz 25 Jahre lang auch in den Fällen von Auslandstaten in südamerikanischen Militärdiktaturen untätig geblieben, in denen die deutsche Staatsangehörigkeit der Opfer unstreitig ist.


„Die deutsche Justiz hat sich damit der völlig unzureichenden deutschen Außenpolitik angeschlossen, der die Unterstützung der Militärdiktaturen wichtiger als die Hilfe für deren Opfer war", erklärt RA Dr. Konstantin Thun, aus Freiburg, einer der Rechtsanwälte der „Koalition gegen Straflosigkeit"


„Die jetzige Entscheidung der Staatsanwaltschaft ist ein Erfolg unserer internationalen Kampagne gegen die Einstellung der Ermittlungen, die auch von amnesty international in London unterstützt wurde, und an der mehrere hundert Personen im Inn- und Ausland teilgenommen haben" unterstreicht Pfr. Kuno Hauck, Nürnberg, einer der Sprecher der „Koalition gegen Straflosigkeit".


So bald wie möglich muss das Nürnberger Landgericht Haftbefehle gegen die argentinischen Militärs erlassen, gegen die dringender Verdacht wegen Menschenrechtsverbrechen an Deutschen besteht.


Weitere Informationen im Internet unter: www.menschenrechte.org


Für Interviews und Rückfragen stehen zur Verfügung


AnsprechpartnerInnen:


Rechtsanwalt: Dr. Konstantin Thun Tel: 0761 202 770

Rechtsanwalt: Wolfgang Kaleck: Tel: 030 446 792 18


Kampagnenkoordinator: Nürnberger Menschenrechteszentrum, Adlerstraße 40, 90403 Nürnberg

Esteban Cuya, Tel.: 0911 230 55 50 Fax: -51Esteban Cuya, Tel.: 0911 230 55 50 Fax: -51


SprecherInnen der Koalition:

Angelika Denzler, Tel: 07041 941035Angelika Denzler, Tel: 07041 941035

Argentiniengruppe Stuttgart

Kuno Hauck, Tel: 0911 9354 352, oder 0179 70 511 28, Tel: 0911 54 08 230, oder 0179 70 511 28