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Pressemitteilung BLUE 21 / FDCL, 21.Okt.2004

 

    * EU-MERCOSUR-Verhandlungen vorläufig gescheitert


    * BLUE 21 und FDCL begrüßen Atempause für soziale Bewegungen des Cono Sur

 

Berlin, 21.10.2004: Gestern Nacht scheiterte in Lissabon der Versuch der Europäischen Kommission, bis zum 31. Oktober die Einigung auf ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den vier Mitgliedstaaten des MERCOSUR Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay zu erzielen. Diese Frist war ausschließlich im Interesse der Kommission, die zum 1. November wechselt. Die Minister beider regionalen Blöcke vereinbarten lediglich, bis Ende dieses Jahres einen Termin für ein Gipfeltreffen im kommenden Jahr zu finden.

 

„Das vorläufige Scheitern der Verhandlungen verschafft vor allem den sozialen Bewegungen des MERCOSUR eine willkommene Atempause“, so Thomas Fritz, Handelsexperte der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Umwelt und Entwicklung – BLUE 21. Mit zahlreichen Protestaktionen versuchten vor allem Gewerkschaften, Bauernorganisationen und die Landlosenbewegung, die Regierungen des MERCOSUR zur Nichtunterzeichnung des Vertrags zu bewegen. Sie machten dabei vor allem auf die desaströsen sozialen und ökologischen Folgen des forcierten Agrarexports, die Verdrängung inländischer Produzenten durch die geplante Beseitigung der Importzölle sowie die Unterbindung staatlicher Auflagen für ausländische Direktinvestitionen aufmerksam.

 

„Die Liberalisierungsforderungen der Europäischen Union sprechen dem europäischen Bekenntnis zur Förderung von Entwicklung und Menschenrechten Hohn“, kritisiert Christian Russau vom Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika, FDCL. So scheute sich die Kommission nicht, vom MERCOSUR die Beseitigung von Schutzmaßnahmen zugunsten benachteiligter Bevölkerungsgruppen, zur Regionalentwicklung, zum Technologietransfer, zum Umwelt- und Verbraucherschutz zu verlangen. Handelskommissar Pascal Lamy und sein Unterhändler Karl Falkenberg verlangten gar die Streichung eines Vorbehalts zugunsten der Agrarreform in Brasilien – eines der wichtigsten Armutbekämpfungsprojekte der Lula-Regierung.

 

Da die wechselseitig vorgelegten Liberalisierungsangebote lediglich bis 31. Oktober gültig sind, müssen EU und MERCOSUR neue Verhandlungen beginnen. Dies bietet die Chance für sozialen Bewegungen beiderseits des Atlantiks, nicht nur die konsequente Förderung von Entwicklung und Menschenrechten einzuklagen, sondern auch die Herstellung von Transparenz. In dieser Hinsicht ist der MERCOSUR bereits deutlich weiter als die Europäische Kommission: Während das brasilianische Außenministerium das MERCOSUR-Angebot im Internet veröffentlichte, hielt die Kommission sämtliche relevanten Dokumente unter Verschluss. Fragwürdig ist ferner, dass gemäß dem Verhandlungsmandat der Kommission das EU-MERCOSUR-Abkommen erst nach Ende der Liberalisierungsrunde der Welthandelsorganisation unterzeichnet werden soll. Die WTO-Runde läuft bekanntlich aber noch.

 

Für Nachfragen:
Thomas Fritz: 0160/93231548

Christian Russau: 030 - 693 40 29

 

Eine ausführliche Analyse der EU-Mercosur-Verhandlungen gibt es im Internet: "Feindliche Übernahme" unter www.blue21.de

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Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Umwelt und Entwicklung
BLUE 21 e.V.
Gneisenaustr. 2a
D-10961 Berlin
Tel: 49-(0)30-6946101
Fax: 49-(0)30-6926590


www.blue21.de

 

Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika

FDCL e.V.

Gneisenaustr.2a

D-10961 Berlin

Tel: 49-(0)30-6934029

Fax: 49-(0)30-6926590

 

www.fdcl.org

 

weitere Hintergrundinformationen zu EU-MERCOSUR-Verhandlungen:

 

EU-MERCOSUR Info-Bulletin N°1: Durchsetzung internationaler Handelsregime zwischen Europäischer Union (EU) und dem Gemeinsamen Markt des Südens (Mercosur)

[Januar 2004]

 

Deregulierung nationaler Märkte durch Regulierung internationalen Handelsrechts

[29.Mai.2004]

 

PRÄFERENTIELLE HANDELSABKOMMEN UND EXPORTHYBRIS - MULTI- UND BILATERALISMUS IN DER POLITISCHEN FREIHANDELSAGENDA ZWISCHEN EU UND BRASILIEN, in FDCL: EU - MERCOSUR Bulletin N°2, 3. September 2004

 

FDCL: Wir über uns