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Koalition gegen Straflosigkeit

Pressemitteilung
Schwerer Rückschlag für Kampf gegen die Straflosigkeit

Strafverfahren gegen argentinische Militärs bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth in den deutsch-jüdischen Fällen eingestellt

Presseinformation

c/o Nürnberger Menschenrechtszentrum, Adlerstraße 40, D-90403 Nürnberg - Tel: +49 911 230 55 50, Fax: +49 911 230 55 51 - e-mail: Koalition@menschenrechte.org - Home Page

 

Nürnberg 19.07.04

Mit dem Ziel, die Anordnung der Anklageerhebung gegen den Mercedes-Manager Juan Tasselkraut wegen Beihilfe zum Mord an dem Mercedes-Benz – Gewerkschafter Diego Nunez durch das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg zu erzwingen, wurde in der vergangenen Woche von einem der Rechtsanwälte der Koalition gegen Straflosigkeit ein 530-seitiger Antrag an das OLG gestellt. Am Montag, den 12.07.04 wurde nun via Pressemitteilung der Justizpressestelle in Nürnberg mitgeteilt, dass die Verfahren in den sechs Fällen verschwundener Kinder von zur Zeit des Nationalsozialismus ausgebürgerter Deutscher jüdischer Abstammung von der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth eingestellt worden sind, weil die deutsche Justiz nicht zuständig sei.

Der genaue Wortlaut der Presseerklärung ist unter der Adresse www.justiz.bayern.de/olgn/presse/info/fr_aktuell.htm zu finden. Diese Verfahrenseinstellung ist trotz der Beteuerung der Staatsanwaltschaft, man werde die Auslieferungsverfahren gegen u.a. die Ex-Diktatoren Videla und Massera wegen des Mordes an den deutschen Staatsbürgern Elisabeth Käsemann und Klaus Zieschank „weiter mit Nachdruck”betreiben, ein schwerer Rückschlag für den Kampf gegen die Straflosigkeit in Argentinien.

Massive Proteste führten 2000 zu einer Aufnahme der Ermittlungen in den deutsch-jüdischen Fällen

Zur Erinnerung: Die Koalition gegen Straflosigkeit hatte im Sommer 1998 die ersten Strafanzeigen von Angehörigen verschwundener und gefolterter deutscher Staatsbürger gegen argentinische Militärs erstattet. Im Mai 1999 wurden dann weitere Fälle von Kindern von zur Zeit des Nationalsozialismus ausgebürgerter Deutscher jüdischer Abstammung zur Anzeige gebracht. Im Jahre 2000 wollte die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth diese Fälle bereits einstellen, da das deutsche Strafrecht nicht auf die Fälle anwendbar sei. Nach einer breiten Protestkampagne und nach politischen und juristischen Stellungnahmen u.a. des Strafverteidigertages wurden die Ermittlungen aufgenommen (vgl. zum gesamten Vorgang die früheren Presseerklärungen der Koalition). Obwohl von der Staatsanwaltschaft zahlreiche Zeugen in den Fällen vernommen sowie weitere Ermittlungen angestellt wurden, ist nun erneut geplant, die Ermittlungen einzustellen.

Staatsanwaltschaft ignoriert juristische Gegenstimmen - Familienangehörige nicht über Einstellung der Ermittlungen informiert

Trotz fundierter juristischer Gegenstimmen, u.a. der Völkerstrafrechts-Experten Prof. Albin Eser/ Freiburg und Prof. Kai Ambos/ Göttingen beharrt die Staatsanwaltschaft Nürnberg- Fürth auf ihrer Rechtsauffassung, dass nur deutsche Staatsangehörige im Sinne des Grundgesetzes als deutsche Opfer im Sinne des Strafgesetzbuches zu behandeln seien. Die spezielle Rechtsposition der nach einer NS-Verordnung von 1941 als „Auslandsjuden”zwangsweise ausgebürgerten, nach Argentinien geflohenen Familien wird dabei ignoriert.

Strafverfahren gegen argentinische Militärs dürfen nicht eingestellt werden

Wegen der Einstellung des Verfahrens im Mercedes-Fall durch die Staatsanwaltschaft Nürnberg- Fürth, bestätigt am 04.06.2004 durch die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg nach einer Beschwerde der Familienangehörigen betreibt Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck/ Berlin nunmehr das Klageerzwingungsverfahren gegen den Beschuldigten Juan Tasselkraut. Dem ehemaligen Mercedes-Benz-Manager wird vorgeworfen, durch Weitergabe der Adresse des Gewerkschafters Diego Nunez an ein Häscherkommando mitverantwortlich für dessen gewaltsames Verschwinden und anschliessende Ermordung zu sein.

Unabhängig von der vom Oberlandesgericht Nürnberg zu entscheidenden Frage, ob die Anklageerhebung gegen Juan Tasselkraut angeordnet wird oder nicht, sind die Ermittlungen in dem Fall fortzusetzen. Insbesondere die zur Zeit laufenden Zeugen- und Beschuldigtenvernehmungen in dem argentinischen Strafverfahren gegen Mercedes-Benz wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung machen eine Wiederaufnahme der Ermittlungen zwingend notwendig.

Wegen dieser und einer weiteren Teileinstellung bezüglich der nichtdeutschen Geschädigten haben die Rechtsanwälte Gegenvorstellung bei der Generalstaatsanwalt bei dem Oberlandesgericht Nürnberg eingelegt. Ziel ist die Fortsetzung der Ermittlungen. Außerdem erstatteten die Anwälte Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Staatsanwaltschaft Nürnberg und die Generalstaatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Nürnberg. Angelika Denzler, eine der Sprecherinnen der „Koalition gegen Straflosigkeit”: „Wir fordern die Weiterführung der Ermittlungen in allen eingestellten Fällen und die Anklageerhebung im Falle Tasselkraut. Die Beweiskette gegen ihn ist schlüssig”.

Weitere Detailinformationen sowie die Unterlagen der Briefaktion finden Sie auf unserer Webseite:
Homepage Koalition

 

 

 

Kontakt:

Koalition gegen Straflosigkeit
NMRZ/Adlerstr. 40,
D-90403 Nürnberg. Deutschland.
Tel: 0049-911-230 55 50.
Fax: 0049-911-230 55 51
Email: koalition@menschenrechte.org

Für Rückfragen:
Sprecherin der Koalition:
Dr. Angelika Denzler: Tel: 07041 941035
Rechtsanwalt: Wolfgang Kaleck. Tel: 030 446 79212
Rechtsanwalt: Dr. Konstantin Thun, Tel: 0761-202 770
Kampagnenkoordinator: Esteban Cuya, Tel.: 0911 230 55 50 Fax: -51

 


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