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Presseerklärung des FDCL zum Fall "Farias-Allende"

Die Stiftung Presidente Allende, mit Sitz in Madrid, mit wir seit mehreren Jahren in Verbindung stehen, hat darum gebeten, die nachstehende Presseerklärung (siehe unten) zu veröffentlichen.
Vorab diesbezüglich einige Erläuterungen, die verdeutlichen, dass die verleumderischen Behauptungen von Herrn Farías über Herrn Dr. Salvador Allende unzutreffend sind.

Die Behauptungen von Herrn Farías, Dr. Allende habe in seiner Dissertation antisemitische Äußerungen verarbeitet, sind nicht zu belegen. Ganz im Gegenteil kann man - inzwischen ist die Dissertation nämlich von der Familie Allende im Internet in spanischer Fassung erneut veröffentlicht worden (aufzurufen unter http://www.elclarin.cl,sección hemeroteca)- nachlesen, dass die von Herrn Farías Herrn Dr. Allende in den Mund gelegten Zitate solche Zitate sind, die Herr Dr. Allende in seiner Dissertation aufgegriffen und kritisch beleuchtet hat. Das Zitat, in dem Dr. Allende sich angeblich über "Juden und Zigeuner" als der Kriminalität zugeneigte Rassen geäußert haben soll, stammt in Wirklichkeit von Cesare Lombroso (1835-1909), dem Vater der Kriminologie in der Neuzeit, dessen "Erkenntnisse" natürlich längst überholt sind. Dr. Allende setzt sich in seiner Dissertation mit diesem Denken kritisch auseinander und vertritt die Auffassung, dass, so ein wörtliches Zitat aus seinen Schlussfolgerungen am Ende der Dissertation, "jede Gesellschaft ihre Straftäter formt oder ihre Menschen besser werden lässt, und dass in dem ein oder anderen Fall, sowohl im individuellen sowie im gesellschaftlichen, ein ethischer Imperativ dazu verpflichtet, jegliche Aktivität darauf auszurichten, dass der Mensch seine Begrenzung überwindet".

Die Behauptungen von Victor Farías zum Thema der Dissertation von Dr. Allende sind haltlos, und er wird den Beweis dafür, dass Herr Dr. Allende jemals antisemitische oder naziinfizierte Gedanken vertreten, zu Papier gebracht oder in Politik umgesetzt hat, schuldig bleiben. Auch hinsichtlich der Behauptung von Herrn Farías, Präsident Allende habe den Naziverbrecher Walter Rauff protegiert, verfälscht Herr Farías eindeutig die historischen Tatsachen. Der uns vorliegende Schriftwechsel zwischen Simon Wiesenthal und dem damaligen Präsidenten Dr. Salvador Allende aus dem Jahre 1972 belegt dies. Simon Wiesenthal hatte sich von Seiten des Wiesenthalcenters mit Schreiben vom 21.08.1972 an den Präsidenten gewandt und darauf hingewiesen, dass sich Walter Rauff in Chile aufhalten sollte, und Simon Wiesenthal bat den Präsidenten, eine Entscheidung der chilenischen Regierung aus dem Jahre 1963 (als die Auslieferungen von Walter Rauff durch den obersten Gerichtshof in Chile für unzulässig erklärt worden war) zu überprüfen und die Auslieferung von Rauff zu veranlassen.

Hierauf antwortete der Präsident mit folgenden Ausführungen (zitiert in wörtlicher Übersetzung):

 


"Sehr geehrter Herr Wiesenthal, ich antworte auf Ihren Brief vom 21. August dieses Jahres, bezüglich des Falles Rauff.
Der Oberste Gerichtshof von Chile hatte aufgrund eines Auslieferungsgesuchs, das die zuständige gerichtliche Stelle der Bundesrepublik Deutschland auf diplomatischem Weg überbracht hat, ablehnend entschieden, mit der Begründung, dass die entsprechende Straftat verjährt sei. Doch im Begründungsabschnitt 38 dieser Entscheidung wird die nachhaltigste moralische Verurteilung der verwerflichen Verbrechen des Nationalsozialismus und seiner materiellen Täter ausgesprochen.
Im Fall, dass ein Auslieferungsgesuch erneut gestellt wird, was unabdingbarer Weise eine neues über diplomatischen Weg zugestelltes Gesuch bedeuten würde, so hätten hierüber ausschließlich die Gerichte Chiles zu entscheiden, welche aufgrund des Artikel 80 der politischen Verfassung des Staates allein zuständig dafür sind, über zivilrechtliche und strafrechtliche Angelegenheiten zu entscheiden. Dem Präsidenten der Republik ist es nach der Gesetzeslage untersagt, Gerichtsfunktionen auszuüben, anhängige Verfahren an sich zu ziehen oder abgeschlossene Verfahren wieder zu eröffnen.
Dies sind die verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Bestimmungen, die in Chile Geltung haben, und an die ich mich halten muss.
Das Vorstehende bedeutet natürlich nicht, dass ich als Bürger und als Staatsoberhaupt vollkommen Ihre Empfindungen nachvollziehen kann, und dass ich nicht noch einmal die schrecklichen Verbrechen verurteilte, die der Nazismus und seine Handlanger begangen haben.
Ich bedaure wirklich, sehr geehrter Herr Wiesenthal, dass meine Antwort auf Ihre Bitte negativ sein muss. Ich habe bewundert und bewundere immer noch Ihre Hartnäckigkeit bei der Verfolgung der Täter der schrecklichsten Verbrechen, die die Geschichte der Menschheit aufweist. Aber ich weiß auch, dass Sie die Herrschaft des Rechts innerhalb der politischen Systeme schätzen, und ich bin deswegen gewiss, dass Sie meine Position als Präsident der Republik nachvollziehen werden können.
Es grüßt Sie sehr freundlich
Salvador Allende"

 

Hierauf antwortete Simon Wiesenthal an Allende in sehr freundlichen Art und Weise, in dem er Dr. Allende für seinen herzlichen Brief dankt und ausdrücklich ausführt, dass dieser Brief beweise, "dass Sie tatsächlich eine bewunderungswürdige Person sind".

Simon Wiesenthal greift auch die Empfehlung von Allende auf, die deutschen Behörden zu einem neuen Auslieferungsgesuch bewegen zu wollen, damit der Oberste Gerichtshof Chile sich erneut mit der Sache befassen müsste. Bevor dies alles sich aber konkretisiert hat, kam der Militärputsch in Chile, so dass das Thema auf andere, schicksalhafte Art und Weise erledigt war. Auch der Schriftwechsel zwischen Simon Wiesenthal und Präsident Allende ist im Internet unter http://www.elclarin.cl,sección hemeroteca noch zu lesen.

Herr Farías ist in einer Sendung der Berliner Abendschausendung vom 21. Mai 2005 nicht davor zurückgeschreckt,  Dr. Salvador Allende in die geistige Nähe von Goebbels zu stellen, indem er auf die Frage, warum er denn auf eine Namensumbenennung im Fall von Dr. Allende drängen würde (im Falle der Salvador Allende Straße und Salvador Allende Brücke im Stadtteil Berlin-Köpenick), mit der Frage konterte, ob man nicht auch eine Goebbelsstraße umbenennen wollte, sollte eine solche in Berlin existieren.

Allein dieser Vergleich ist so ungeheuerlich, dass seitens der Stiftung Salvador Allende in Madrid und seitens der Familie von Herrn Dr. Allende rechtliche Schritte gegen Herrn Farías erwogen werden. Viel wichtiger ist uns und der Stiftung Salvador Allende jedoch, dass in Zukunft verhindert wird, dass Herr Farías seine unwahren und durch nichts zu belegenden Behauptungen weiter unwidersprochen in der Öffentlichkeit verbreiten kann.

Um ernsthaft eine Diskussion über die Frage führen zu können, wie die Gestalt und das Wirken von Dr. Salvador Allende aus heutiger Sicht zu betrachten ist, sollte auf ernsthafte Historiker, Politikwissenschaftlicher oder Zeitzeugen zu diesem Thema Bezug genommen werden. Hierzu zählt Herr Farías nicht, aus der Gesellschaft der ernstzunehmenden Wissenschaftler hat er sich mit den falschen Zitaten und der Verdrehung von Tatsachen in seinen Äußerungen zu Herrn Dr. Salvador Allende verabschiedet.

Dr. Salvador Allende war ein aufrechter, humanistisch gesinnter, demokratisch inspirierter Sozialist. 

FDCL, 30. Mai 2005
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Presseerklärung der Stiftung Presidente Allende

Madrid, 27 de mayo de 2005
Madrid, May 27, 2005


FUNDACIÓN PRESIDENTE ALLENDE
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Comunicado de prensa
Press Release


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Subjects:


1.  Ha sido publicado hoy en internet el original  íntegro de un escrito de Salvador Allende que desenmascara libelo difamatorio en circulación. También se ha publicado la correspondencia entre Simon Wiesenthal y el Presidente Allende.
1.  The original text as written by Salvador Allende has been published today in Internet which unmasks the defamatory libel which has been put in circulation. The correspondence between Simon Wiesenthal and President Allende is also published.

2.  Está disponible en CLARIN (http://www.elclarin.cl/descarga.html, 12.3 Mb), la tesis inédita del Dr. Salvador Allende para optar al título de Médico-Cirujano de la Universidad de Chile, en mayo de 1933, titulada Higiene Mental y Delincuencia (156 páginas). El texto es publicado ahora con una Introducción de Joan E. Garcés, politólogo, y un Prólogo de Juan Carlos Carbonell, Catedrático de Derecho Penal de la Universidad de Valencia.
2.  It is available on CLARIN (http://www.elclarin.cl/descarga.html, 12.3 Mb), and comprises the unpublished thesis with which Dr. Salvador Allende sought the professional qualificatioin of Physician-Surgeon from the University of Chile in May 1933. It was entitled Mental Health and Delinquency (156 pages). The text is now published with an Introduction of Juan E. Garcés, political scientist, and a Prologue of Juan Carlos Carbonell, Professor of Criminal Law at Valencia University.

Texto
Text

Un libelo difamatorio atribuye al estudiante Salvador Allende haber defendido de 1933 conceptos racistas y anti-semitas en su tesis universitaria. Las palabras del propio Allende muestran la falsificación de que ha sido objeto.
A defamatory libel alleges that Salvador Allende as a student defended racist and anti-semitic concepts in his University thesis of 1933. The words of Allende himself demonstrate  the fallacy of this accusation.

Quince líneas bastan al doctorando Allende para sentenciar que "carecemos de datos precisos para demostrar este influjo en el mundo civilizado" que el criminólogo italiano Lombroso atribuía a algunas étnias en relación con algunos tipos de delito (pág. 123 de la versión ahora accesible en internet).
Fifteen lines are all that the aspirant doctor Allende requires in order to conclude that "there is no precise data showing any such influence in the civilized world" in reference to the contention of the Italian criminologist Lombroso attributing race as a causal factor in certain types of crime (page 123 of the version now accessible on internet).

Este mes de junio se publicará en Santiago de Chile la tesis universitaria en soporte papel.
In this coming month of June the University thesis will be published in Santiago de Chile on paper.

La correspondencia entre Simon Wiesenthal y el Presidente Allende ha sido también publicada hoy en CLARIN (http://www.elclarin.cl,  sección Hemeroteca).
The correspondence between Simon Wiesenthal and President Allende is also published today in the web page of CLARIN (http://www.elclarin.cl, Hemeroteca section).

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