de en es pt

<<<< vorherige               Projektaktivität               nächste >>>>

Investitionsstreitigkeiten vor internationalen Tribunalen:

Die Fälle Argentiniens und Boliviens.

Klagen vor dem ICSID und entwicklungspolitischer Reformbedarf


Seminar und Workshop des Lateinamerikareferats der Heinrich Böll Stiftung und des Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika

Jorge Carpio (FOCO - Foro Ciudadano de Participación por la Justicia y los Derechos Humanos, Argentinien)

Julián Perez (FEJUVE EL ALTO- La Federación de Juntas Vecinales, Bolivien)

Thomas Fritz (FDCL/BLUE21, Berlin)

Ort: Enlazando Alternativas 2 in Wien (genaue Zeit, Ort und Raum bitte dem Enlazando Alternativas-Plan unter: www.alternativas.at entnehmen)

Eintritt frei!

Die Veranstaltungen werden simultan spanisch/deutsch, deutsch/spanisch verdolmetscht.

Investitionsstreitigkeiten vor internationalen Tribunalen
Seit einigen Jahren steigt die Zahl der Klagen vor internationalen Schiedsgerichten zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten beträchtlich an. Die UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika CEPAL spricht von einem regelrechten Boom derartiger Verfahren, die hauptsächlich beim internationalen Schiedsgericht der Weltbank ICSID (International Centre for the Settlement of Investment Disputes) eingereicht wurden. Während das 1965 gegründete ICSID zunächst nur jährlich einen Fall registrierte, wurde seit 1998 bereits monatlich eine neue Klage seitens transnationaler Konzerne eingereicht. Seit 2001 nahmen die Fälle abermals zu. Sie stehen damit in direktem Zusammenhang zu den seit den 1990er Jahren ansteigenden ausländischen Direktinvestitionen in Schwellen- und Entwicklungsländern.

Investitionsstreitigkeiten vor internationalen Tribunalen: Die Fälle Argentiniens und Boliviens
Von den 100 derzeit beim ICSID anhängigen Verfahren richten sich 59 gegen lateinamerikanische Staaten, darunter allein 37 gegen Argentinien. Nachdem das südamerikanischen Land infolge der schweren Wirtschaftskrise 2001/2002 die Dollarbindung und die Währungskonvertibilität einstellen musste, reichten hauptsächlich europäische Investoren im Bereich der Infrastrukturdienstleistungen eine Reihe von ICSID-Klagen gegen den argentinischen Staat ein und stellten erhebliche Schadensersatzansprüche. Diese betragen oftmals das Mehrfache der ursprünglichen Investitionen, da in die Entschädigungsansprüche auch zukünftig erwartete Gewinne eingerechnet werden.
In Bolivien drohen gleich acht multinationale Energiekonzerne mit dem Gang vor das internationale Gericht, da die Regierung die für das Land unvorteilhaften bestehenden Verträge zur Ausbeutung von Öl und Gas nachverhandeln will. Den gleichen Schritt droht der Wasserversorger Suez an, mit dem die bolivianischen Behörden derzeit nach einer gescheiterten Privatisierung über die vorzeitige Beendigung des Versorgungsvertrags in La Paz und El Alto verhandeln. Vor allem auch die Wasserversorgung stellt ein äußerst konfliktes Feld dar, an dem sich auch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit im Sinne einer "schleichenden Privatisierung" beteiligt hat.

Investitionsstreitigkeiten als Folge von bilateralen Investitionsverträgen (BITs)
Die Zunahme der Klagen vor internationalen Gerichten ist ebenfalls eine Folge der in den letzten Jahren sprunghaft angestiegenen bilateralen Investitionsabkommen (Bilateral Investment Treaty - BIT), die vielfach anstelle von Verfahren vor nationalen Gerichten den Gang vor ein internationales Tribunal wie das ICSID vorsehen. Hauptsächlich Industrieländer, allen voran die Bundesrepublik, schlossen derartige Abkommen mit den Zielländern ihrer im Ausland tätigen Unternehmen ab. Existierten 1989 lediglich 400 bilaterale Investitionsabkommen, kletterte ihre Zahl im Jahr 2001 weltweit auf über 2000 Verträge. Wie sich nun zeigt, nahmen viele südliche Regierungen mit der leichtfertigen Unterzeichnung dieser Verträge einen empfindlichen Souveränitätsverlust hinsichtlich der entwicklungspolitischen Steuerung ausländischer Direktinvestitionen in Kauf.

Kritik sozialer Bewegungen
In der bisherigen Praxis enthüllte das als intransparent geltendene Schiedsgericht ICSID eine besorgniserregende Tendenz zur einseitigen Privilegierung von Investoreninteressen zulasten breiterer Entwicklungsanliegen. Soziale Bewegungen sowohl in Argentinien wie in Bolivien beklagen in diesem Zusammenhang folgende Punkte:
1.) Die bedenkliche Leichtigkeit, mit der Unternehmen Klagen beim ICSID einreichen konnten und diese akzeptiert wurden;
2.) Der Konflikt zwischen dem privaten Charakter internationaler Streitschlichtung in Investitionsfragen und dem öffentlichen Charakter der vorgebrachten Fälle. Private Unternehmen können gegen souveräne Staaten klagen. Anders als bei nationaler Gerichtsbarkeit berücksichtigen die internationalen Tribunale aber nicht, dass Staaten gänzlich andere Verpflichtungen haben (z.B. gegenüber ihren StaatsbürgerInnen) als Konzerne;
3.) Die beschränkten Revisionsmöglichkeiten;
4.) Die dem privaten Charakter der Tribunale geschuldeten intransparenten Verfahren. Meistens besteht nicht einmal die Verpflichtung zur Veröffentlichung von Klageschriften oder Urteilen und Betroffene werden nicht gehört;
5.) Das Fehlen eines vereinheitlichenden Fallrechts. Das ICSID setzt auf Initiative einzelner Unternehmen ad hoc-Tribunale ein, die - was bereits vorkam - zu ein und derselben Regierungsmaßnahme einander widersprechende Urteile fällten;
6.) Nicht zuletzt konkurrieren die verschiedenen existierenden Schlichtungsstellen um Streitfälle. Dieser Wettbewerb ermöglicht es den Konzernen, sich das für sie vorteilhafteste Gremium auszusuchen. Vielfach eröffnen die bilateralen Investitionsabkommen explizit diese Wahlmöglichkeit.

Auf dem vom Lateinamerikareferat der Heinrich Böll Stiftung und dem FDCL - Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (Berlin) organisierten Seminar und Workshop wollen wir gemeinsam mit unseren Referenten  sowohl die bisherigen lateinamerikanischen Erfahrungen mit dem ICSID sowie die in den betroffenen Ländern beginnende öffentliche Auseinandersetzung mit der fragwürdigen Rolle der internationalen Investitionstribunale diskutieren.

veranstaltet von:

Diese Veranstaltung wird gefördert durch:

Kooperation Eine Welt - Katholischer Fonds für weltkirchliche und entwicklungsbezogene Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit

Stiftung Umverteilen!

Bewegungsstiftung

 

This event was made possible through the financial support of the European Community. The opinions expressed therein represent the opinion of the speakers/organizations and do not represent the official opinion of the European Community.

This event was elaborated within the framework of the cooperation-project "Handel-Entwicklung-Menschenrechte" of the Heinrich Böll Foundation (hbs), the Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL), and the Transnational Institute (TNI). More information at:

http://www.handel-entwicklung-menschenrechte.org 


FDCL, Berlin: fdcl-berlin.de/de/
TNI - Transnational Institute, Amsterdam: www.tni.org
Fundação Heinrich Böll, Rio de Janeiro: www.boell-latinoamerica.org/pt/nav/35.htm
Heinrich Böll Stiftung, Referat Lateinamerika, Berlin: www.boell.de