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"Alles muss raus!"

Freier Markt - und wo bleiben die Menschenrechte?

 

Tagung Runder Tisch Brasilien vom 2.-4. Dezember 2005 in Gelnhausen

 

 

WEITERE INFORMATIONEN FINDEN SIE AUF DER WEBSITE DER KOBRA:

 

http://www.kooperation-brasilien.org

 

Die 50jährige Wiederkehr der Verabschiedung der Menschenrechts-Charta der Vereinten Nationen hat in Brasilien die Diskussion über ein zeitgemäßes Verständnis der Menschenrechte belebt. Die Menschenrechtskonvention garantiert in ihrem Sozialpakt rechtsverbindlich grundlegende soziale, wirtschaftliche und kulturelle Menschenrechte. Im Zivilpakt der Charta sind zudem die bürgerlich-rechtlichen Menschenrechte vereinbart. Brasilien zählt zu den Unterzeichnerstaaten der Konvention und ist auch auf nationaler Ebene Verpflichtungen eingegangen, die die Gewährleistung der Menschenrechte als gesellschaftliche und staatliche Aufgabe festlegen.

Dennoch steht es um Menschenrechte in Brasilien nicht gut. Insbesondere im Nordosten leiden die Menschen unter dem Mangel an Wasser, und das Menschenrecht auf eine angemessene Ernährung wird durch internationale Handelsbeziehungen zunehmend in Frage gestellt. Auch die Rechte von Frauen werden in Brasilien noch vielfach missachtet. Die Situation auf dem Lande, insbesondere in Amazonien, ist von Rechtlosigkeit gekennzeichnet.

Auf der Tagung möchten wir mit fachkundigen und engagierten Akteuren die Menschenrechtssituation in Brasilien diskutieren. In Arbeitsgruppen werden wir unterschiedliche Aspekte und Beispiele in der Menschenrechtsdiskussion beleuchten. Zudem wollen wir Handlungsstrategien entwickeln, um uns gemeinsam für die Verwirklichung der Menschenrechte in Brasilien einzusetzen.

 

Verbindliche Anmeldung bis zum 11. November 2005 per Mail, Brief oder Fax bei:

KoBra

Habsburgerstr. 9

79104 Freiburg

Tel.: 0761-6006926

Fax: 0761-6006928

E-mail: kobra-mail(at)t-online.de

Es gibt ca. 110 Teilnahmeplätze.

Sollten Sie an einer Teilnahme verhindert sein, bitten wir bis spätestens 28. November 2005 um Ihre Benachrichtigung. Andernfalls müssen wir Ihnen 40 % der Tagungskosten in Rechnung stellen.

Tagungsbeitrag: 80,- €

Ermäßigung: Auszubildende, SchülerInnen, StudentInnen, Zivildienstleistende, Wehrpflichtige und Arbeitslose zahlen gegen Vorlage ihres Ausweises 40,- €, KoBra-(Gruppen)-mitglieder zahlen 60,- €. Auf vorherigen Antrag besteht die Möglichkeit eines Fahrtkostenzuschusses.

Während der Tagung wird für Kinderbetreuung gesorgt, wenn ausreichender Bedarf besteht. Als Anmeldebestätigung erhalten Sie Mitte November den Vorbereitungsreader, u.a. mit genauer Anfahrtsbeschreibung. Mitfahrgelegenheiten können direkt bei KoBra abgefragt werden.


Angebotene Arbeitsgruppen:

AG 1: Der Rio São Francisco und das Menschenrecht auf Wasser

Input: Ruben Siqueira (Commissão Pastoral da Terra, CPT, angefragt), Moderation: Claudio Moser (Misereor); Port.
Am 26. September trat Dom Luiz Flávio Cappio in den Hungerstreik. Elf Tage lang verweigerte der Bischof jede Nahrung, um auf die katastrophalen Folgen der Verlegung des Rio São Francisco für die Menschen im Nordosten aufmerksam zu machen. Aus dem Fluss sollen riesige Mengen Wasser als Kanalsystem in Trockengebiete gepumpt werden, um den Aufbau eines industriellen Agrarsektors zu ermöglichen. Der Bischof brach den Hungerstreik erst ab, als Lula in einem offenen Brief einlenkte und Kompromissbereitschaft signalisierte.
Der Rio São Francisco gehört zu den wichtigsten Flüssen Brasiliens und ist Lebensader für 12,8 Millionen Menschen. Der Fluss ist durch insgesamt sieben Staudämme aufgestaut und seine durchschnittliche Wassermenge am Unterlauf sinkt seit Jahrzehnten. Über 100.000 Menschen wurden in der Vergangenheit entschädigungslos von ihrem Land vertrieben oder zwangsumgesiedelt. Vor allem am Ufer des Sobradinho-Stausees siedelten sich Agrarunternehmen an, die auch für den Export nach Europa produzieren, während in der Region selbst Wassermangel, Hunger und Unterernährung an der Tagesordnung sind. Durch Agrargifte wird den ansässigen Subsistenzbauern und Kleinfischern die Lebensgrundlage entzogen. Mittlerweile hat sich die Wasserproblematik in der ganzen Region dramatisch zugespitzt.

AG 2: Menschenrechtsverletzungen in Amazonien

Input: Thomas Fatheuer (HBS Rio), Clarita Müller-Plantenberg (Uni Kassel), Mod.: Kirsten Bredenbeck (KoBra); Deutsch.
Seit Beginn der siebziger Jahre wurde die Erschließung des amazonischen Regenwaldes durch Viehzuchtgrossbetriebe, Kleinbauern und Landspekulanten propagiert und durch steuerliche Anreize und Straßenbau angetrieben. Dies provozierte eine anhaltende zerstörerische Ausbeutung der Natur und blutige Landkonflikte, denen bis heute Landarbeiter und Gewerkschaftsführer zum Opfer fallen.
Die sozialen Auswirkungen für die traditionellen Regenwaldbewohner, die Kleinbauern, arbeitssuchenden MigrantInnen und Arbeiter der Subunternehmer sind gravierend. Hinzu kommen ökologische Folgen, die weit über die Region hinausreichen. Besorgniserregend ist, dass der Druck auf noch intakte Gebiete durch das Vordringen von Holzeinschlagfirmen, Viehweiden, Sojaplantagen und Infrastrukturmaßnahmen momentan enorm zunimmt. Rechtsstaatliche Strukturen oder funktionierende Behörden für den Umweltschutz oder die Grundbesitzregulierung gibt es kaum.

AG 3: Außenhandelspolitik am Beispiel Zucker

Input: Rudi Buntzel (EED, angefragt), Thomas Hirsch (FIAN, angefragt), Moderation: Wolfgang Hees (Caritas International), Deutsch.
Die Außenpolitik der Regierung Lula wird vor allem für die Stärkung der Süd-Süd-Linie und in Bezug auf die WTO-Verhandlungen vielfach gelobt. Doch im Rahmen des Zucker- bzw. Alkoholexports besteht derzeit die große Gefahr, dass die Interessen des brasilianischen Agrobusiness auf Kosten der Kleinbauern und der ärmsten Länder in Afrika und in der Karibik durchgesetzt werden. Um Einlass in den bislang hoch subventionierten EU-Zucker- und Ethanolmarkt zu bekommen, soll der EU im Gegenzug u.a. der Export von Milchderivaten in den Mercosul genehmigt werden. Dies gefährdet in Brasilien knapp 2 Mio. kleinbäuerliche Milcherzeugerfamilien. Gleichzeitig versucht Brasilien, über die Meistbegünstigungsklausel dem Zucker aus dem Mercosul Präferenz gegenüber armen Zuckerexportländern zu verschaffen, die wenig andere Exportoptionen besitzen. All dies wirft dunkle Schatten auf die gelobte Süd-Süd-Solidarität.

AG 4: Instrumente der Zivilgesellschaft im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen

Input: Maria Elena Rodríguez (FASE/DhESC), Mod.: Thomas Schimmel (MZF), Simultanübersetzung portugiesisch-deutsch.
Brasilien ist sowohl auf internationaler Ebene wie national in seiner Verfassung von 1988 Verpflichtungen eingegangen, die die Gewährleistung der Menschenrechte als gesellschaftliche und staatliche Aufgabe festlegen. Neben der Verteidigung der individuellen Menschenrechte in einem Land mit einer hohen Anzahl von Gewalttaten, der fehlenden Aufklärung dieser Verbrechen und häufigem Amts- oder Machtmissbrauch staatlicher Vertreter wurde dabei auch der Umsetzung der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei gilt es, die Dimension der Menschenrechte zu verstehen und im brasilianischen Alltag einklagbar zu machen. Wir wollen wissen, wie diese Instrumente mit einer zukunftsweisenden Gesellschafts- und Sozialpolitik in Verbindung zu bringen ist und was dies für die Rolle und Arbeit sozialer Bewegungen sowie kirchlicher und nicht-staatlicher Organisationen bedeuten kann.

AG 5: Frauenrechte sind Menschenrechte!

Input: Amélia Teles (União das Mulheres de SP)., Mod.: Iciar Oquiñena (HBS), Port. mit Konsekutivübersetzung.
Die Schaffung des Sonderministeriums für Frauenpolitik durch die Regierung Lula ist ein Novum in der Geschichte Brasiliens. Der Nationale Plan für Frauenpolitik wurde 2004 als Resultat der Richtlinien verabschiedet, die die I. Nationale Konferenz zu Frauenpolitik definiert hatte. Seine Aktionsfelder sind: Autonomie, Gleichberechtigung in der Arbeitswelt und Bürgerinnenrechte; einschließende und nicht sexistische Bildung; Frauengesundheit, sexuelle und reproduktive Rechte und Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen.
Auch wenn der Plan ein Fortschritt für die Menschenrechte der Frauen ist, wird seine Umsetzung dadurch erschwert, dass er nicht mit dem Bundeshaushalt abgestimmt und einige im Plan vorgesehene Maßnahmen nicht in den Haushalt aufgenommen wurden. Dies macht den fehlenden politischen Willen der Regierung deutlich.


Tagungsort

Die Tagung findet wie auch die letzten Jahre im Burckhardthaus in Gelnhausen statt.


Mitglieder am Runden Tisch Brasilien:

Brot für die Welt, Stuttgart
CARITAS International Freiburg
CPT - Comissão Pastoral da Terra (Landpastoral)
Deutsches Carajás Forum DCF, Berlin und Goiânia
Evangelischer Entwicklungsdienst EED, Bonn
FIAN International, Heidelberg
Heinrich Böll-Stiftung, Berlin
Kindernothilfe, Duisburg
KED - Kirchlicher Entwicklungsdienst Bayern, Nürnberg
KoBra - Kooperation Brasilien e.V., Freiburg
Landeskirchenamt der Ev.-luth. Kirche in Bayern, München
MISEREOR - Bischöfliches Hilfswerk, Aachen
MZF - Missionszentrale der Franziskaner, Bonn
Ökumenische Werkstatt, Kassel

Unterstützt von:
FDCL