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Internationale Tagung

 

"30 Jahre Militärputsch in Argentinien 1976/2006"

 

Zeit: 10. März von 9:00 bis 18:00

Ort: Abgeordnetenhaus von Berlin (Raum 376), Niederkirchnerstrasse 5, 10111 Berlin

 

Zum 30. Jahrestag des Putsches werden der Hintergrund der Militärdiktatur und ihre Folgen für die argentinische Gesellschaft ebenso beleuchtet wie der besonders hervorgehobene Aspekt der Straflosigkeit und der argentinische und internationale Kampf gegen die Straflosigkeit. Die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland mit der damaligen Militärdiktatur sollen analysiert und Schlussfolgerungen aus dem Fall Argentinien für eine an den Menschenrechten orientierte Außenpolitik gezogen werden.

 

VeranstalterInnen: Koalition gegen Straflosigkeit, RAV, Berliner Rechtsanwaltskammer, FDCL (in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung)

 

Weitere Informationen und Anmeldung:

Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL)

Gneisenaustr.2 a, 10961 Berlin

Tel.: 030-693 4029; Fax: 030-692 6590; E-mail: fdcl-berlin@t-online.de

 

Zur Unterstützung der Arbeit der "Koalition gegen Straflosigkeit" bitten wir alle TeilnehmerInnen der Tagung um die Überweisung eines Solidaritätsbeitrages von 10,00 € auf das Konto der "Koalition":

NMRZ-Argentinien, Acredobank, Konto Nr.: 103 505 197, BLZ: 760 605 61, Stichwort: "Tagung"

 

Tagungsprogramm

[auch als pdf 98 KB]            [Einladungsflyer 208 KB]

30 Jahre Militärputsch in Argentinien - 1976/2006

 

Freitag, den 10. März 2006, 9:00 – 18:00 Uhr

 

9:00 – 9:15 Uhr

Begrüßung

durch Pfarrer Kuno Hauck (Koalition gegen Straflosigkeit; Nürnberg)

9:15 - 9:30

Einleitendes Grußwort von

Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin

(Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages)

9:30 – 11:30 Uhr

Die Militärdiktatur und ihre Folgen für die argentinische Gesellschaft

Vorträge von:

Adolfo Pérez Esquivel

(Friedensnobelpreisträger und Initiator der Gründung der Koalition gegen Straflosigkeit; Buenos Aires)

"Die Militärdiktatur, Straflosigkeit und die Menschenrechtsbewegung"

 

Arnol Kremer

(Familienangehöriger eines Verschwundenen, Buchautor; Buenos Aires)

"Das sozioökonomische Projekt der Diktatur - Repression und Widerstand"

 

Maristella Svampa

(Soziologin; Buenos Aires / Paris)

"Soziale Bewegungen und Menschenrechte 2001 - 2006"

 

Moderation:

Anne Huffschmid (Publizistin; Berlin)

 

11:30 – 13:00 Uhr Mittagspause

 

13:00 – 15:00 Uhr

Der Kampf gegen die Straflosigkeit in Argentinien und Europa -

Rückblick und Ausblick

Podiumsdiskussion mit:

Bernd Häusler

(Rechtsanwalt und Notar, Menschenrechtsbeauftragter der Berliner Rechtsanwaltskammer)

 

Rodolfo Yanzón

(Liga für Menschenrechte, Rechtsanwalt der deutschen Familienangehörigen; Buenos Aires)

Horacio Ravenna

(Jurist, Mitglied der Asamblea pro Derechos Humanos (APDH) und des Redaktionsteams der UNO-Konvention gegen Verschwindenlassen; Buenos Aires)

 

Prof. Kai Ambos

(Universität Göttingen)

 

Wolfgang Kaleck

(Rechtsanwalt, Koalition gegen Straflosigkeit, RAV; Berlin)

 

Moderation:

Petra Schlagenhauf

(Rechtsanwältin, FDCL, Koalition gegen Straflosigkeit; Berlin)

 

15:00 – 15:30 Uhr Kaffeepause

 

15:30 – 18:00 Uhr

Menschenrechte und deutsche Außenpolitik -

Schlussfolgerungen aus dem Fall Argentinien

Podiumsdiskussion mit:

Gaby Weber

(Journalistin; Buenos Aires)

 

Kuno Hauck

(Pfarrer, Koalition gegen Straflosigkeit; Nürnberg)

 

Herbert Quelle

Auswärtiges Amt - Referatsleiter 305 (Grundsatzfragen Lateinamerika, Conosur)

 

Peter Rothen

Auswärtiges Amt - Referatsleiter GF 08 (Arbeitsstab Menschenrechte)

 

Ferdinand Muggenthaler

(Nord- und Lateinamerikareferent der deutschen Sektion von amnesty international; Berlin)

 

Moderation:

Ingo Malcher (Journalist; London)

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Hinweis: Getränke/kleiner Imbiss (Kaffeepause) werden während der Tagung angeboten

Mittagessen: in unmittelbarer Nähe des Tagungsortes mehrere Möglichkeiten vorhanden.

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Hintergrund:

Die argentinischen Madres de Plaza de Mayo engagieren sich seit den ersten Jahren der Militärdiktatur (1976-1983) – am Anfang unter Einsatzes ihres eigenen Lebens – bis heute für Wahrheit und Gerechtigkeit für die Opfer eines der blutigsten Regime der letzten Jahrzehnte in Lateinamerika. Mit Unterstützung weiter Teile der argentinischen Bevölkerung und eines Netzwerkes internationaler Menschenrechts- und juristischen Organisationen waren sie an der Strafverfolgung der Militärjunta unter der Regierung Alfonsin ab 1983 beteiligt. Die argentinische Menschenrechtsbewegung ließ sich durch die Straflosigkeits- und Amnestiegesetze, die unter dem Druck der Militärs zwischen 1985 bis 1987 erlassen wurden, nicht beirren, sondern kämpfte unverdrossen gegen die Straflosigkeit der Diktaturverbrechen an. Durch ihren Einsatz ist die von den Militärs zehntausendfach angewandte Methode des Verschwindenlassens von Personen weltweit nicht nur moralisch sondern auch juristisch geächtet (Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, Völkerstrafgesetzbuch).

Der Kampf der Madres beschränkte sich jedoch nicht auf die juristische Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Diktatur. Vielmehr wurden und werden die politischen und ökonomischen Ursachen und Folgen der Diktatur genauso benannt wie die politischen und psychologischen Folgen der Straflosigkeit für die Opfer und ihre Familien sowie die gesamte argentinische Gesellschaft.

Seit 1995 werden sie in ihrem Kampf zunehmend durch europäische Menschenrechts- und Juristenorganisationen unterstützt. In Spanien, Belgien, Italien, Schweden, Frankreich und der Schweiz wurden Prozesse gegen argentinische Militärs angestrengt. In Deutschland initiierte 1998 die Koalition gegen Straflosigkeit, ein Netzwerk von kirchlichen und Menschenrechtsorganisationen, auf Wunsch einer in Argentinien agierenden Gruppe deutscher Mütter von Verschwundenen und des Friedensnobelpreisträgers Adolfo Pérez Esquivel umfangreiche Ermittlungen der zuständigen Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth gegen die Militärs. Größter Erfolg dieser Arbeit waren die Auslieferungsersuchen, die 2004 von der Bundesregierung unter anderem gegen den ehemaligen Juntachef Videla gestellt wurden.

Im Sommer 2005 wurden von der aktuellen argentinischen Regierung von Präsident Néstor Kirchner die Straflosigkeitsgesetze aufgehoben und damit der Weg für erneute Strafverfahren in Argentinien freigemacht.

Die Tagung zum 30. Jahrestag des Putsches soll den Hintergrund der Militärdiktatur und ihre Folgen für die argentinische Gesellschaft ebenso beleuchten wie den besonders hervorgehobenen Aspekt der Straflosigkeit sowie den argentinischen und internationalen Kampf gegen die Straflosigkeit. Schließlich sollen die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland mit der damalige Militärdiktatur analysiert und Schlussfolgerungen aus dem Fall Argentinien für eine an den Menschenrechten orientierte Außenpolitik gezogen werden.

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Hinweis:

Buchankündigung

 

Menschenrechte und Außenpolitik.

Bundesrepublik Deutschland - Argentinien 1976-1983

Konstantin Thun

 

Eine aktualisierte Neuauflage mit Ergänzungen des Autors und Beiträgen von Osvaldo Bayer, Kuno Hauck, Roland Beckert, Wolfgang Kaleck, Esteban Cuya

Hrsg. Koalition gegen Straflosigkeit

Horlemann Verlag, Bad Honnef, 2006

Auch bestellbar über das FDCL: archiv@fdcl-berlin.de

 

1976 putschten in Argentinien die Militärs. Die bis 1983 andauernde Militärdiktatur in Argentinien war eine der repressivsten und brutalsten in der lateinamerikanischen Geschichte. Die damalige deutsche Bundesregierung war vorher über den Militärputsch informiert worden. Sie unternahm jedoch nichts gegen den Putsch und die angebliche "stille Diplomatie" entlarvte sich immer deutlicher als "stille Sympathie" mit dem Militärregime. Der Bundesrepublik Deutschland waren die guten Wirtschaftsbeziehungen zu Argentinien wichtiger als jede Kritik an der argentinischen Diktatur - selbst als Deutsche in Argentinien verschwanden und ermordet wurden.

Seit 1998 arbeitet die deutsche "Koalition gegen Straflosigkeit" gemeinsam mit argentinischen Menschenrechtsorganisationen daran, die Fälle von deutschen und deutschstämmigen Opfern gegen argentinische Militärs vor den deutschen Strafverfolgungsbehörden untersuchen und strafverfolgen zu lassen. Im März 2004 verlangte die Bundesregierung auf Grundlage eines internationalen Haftbefehls wegen der Ermordung von Elisabeth Käsemann und Klaus Zieschank durch die argentinischen Ex-Militärjuntachefs Videla und Massera von Argentinien deren Auslieferung. Die mehrjährigen Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nürnberg-Fürth gegen insgesamt 89 argentinische Militärs und einen ehemaligen Manager von Mercedes-Benz sind mittlerweile eingestellt worden.

Neben den juristischen Auseinandersetzungen spielte die nach wie vor nicht erfolgte politische Aufarbeitung der deutsch-argentinischen Vergangenheit eine große Rolle in der Arbeit der "Koalition gegen die Straflosigkeit". Vor diesem Hintergrund hat die im Jahr 1985 publizierte Analyse "Menschenrechte und Außenpolitik. Bundesrepublik Deutschland - Argentinien 1976-1983" von Konstantin Thun nichts von ihrer Aktualität und Brisanz verloren. Sie wird deshalb in Neuauflage vorgestellt, ergänzt durch Beiträge über die Entwicklungen seit 1983.