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Konzessionen in Peru für mineralische Ressourcen (blau)

Dienstag, 16. Mai 2006 - 20.00Uhr
- Berlin, Mehringhof, 3. Aufgang, Veranstaltungsraum 1. Stock

Von Blei & Gold, belasteter Umwelt und sozialen Kämpfen in Peru –
Situation und Kampf der Menschen in Bergbauorten und ihre Forderungen

Wie für Erdöl- und Erdgas gilt auch für Industrie- und Edelmetalle wie Gold, Kupfer und Blei: Die weltweite Nachfrage wächst, die Welt­marktpreise steigen. Insbesondere Gold erlebt gegenwärtig einen wahren Höhenflug und nähert sich einem Wert von 700 US-Dollar pro Feinunze Gold (~31g). Die Produktionskosten pro Feinunze liegen zwischen 100-150 US-Dollar.

'Bergbau bringt Entwicklung' sagen Volkswirtschaftler und Politiker gern. Im Fall von Peru meinen sie damit die aktuell jährlich 7 Mrd. US-Dollar an Exporterlösen, was ca. 50% der peruanischen Exporte entspricht. Die makroökonomische Rechnung ist dabei die übliche: Investitionen im Bergbausektor schaffen erhöhte Ressourcenproduktion schafft Exporterlöse, die wiederum die Devisenbilanz des Landes aufbessern und helfen Zinsen auf die 30 Mrd. US$ Außenschulden – wenn schon nicht die Schulden selbst – zu tilgen.

Bei all diesen schönen Zahlen gerät folgendes gern aus dem Blickfeld: im Bergbausektor Perus bestehen lediglich 70.000 direkte Arbeitsplätze (< 1% der insgesamt Beschäftigten), die Anzahl resultierender indirekter Arbeitsplätze ist gering, es schliessen sich weder weitere Wertschöpfungsschritte an noch verleiht der Bergbau der lokalen Ökonomie wesentliche Impulse und das Steueraufkommen aus dem Sektor ist niedrig. Dass gute makroökonomische Daten und lokale Entwicklung eher entkoppelt sind, zeigt, dass ein jährliches Wirtschaftswachstum in Peru von mehr als 5% in den letzten Jahren keine Minderung der Armutssituation erbracht hat. Mehr als 50% der 28 Millionen PeruanerInnen leben weiterhin unter Armutsbedingungen.

'Bergbau ist kompatibel mit nachhaltiger Entwicklung' sagen Vertreter des Industriesektors gern. Wer jedoch in die Orte und Regionen des Ressourcenabbaus geht, wird dies allenfalls als Verkaufsargument enttarnen und als zynisch empfinden. Ob es private oder staatliche Resourcenproduktion ist: Sie hinterläßt deutliche negative ökologische und soziale Spuren, deren Last die lokale Bevölkerung trägt. Weder werden die Menschen zudem an Projektentscheidungen adäquat beteiligt noch nimmt die staatliche Vergabepraxis von Konzessionen in Peru Rücksicht auf bestehende lokale ökonomische Strukturen.

Wie sieht das Leben aus in den Orten, aus deren Ressourcen die Güter entstehen, die im wesentlichen der 'globale Norden' für seinen Lebensstil braucht? Welche Forderungen haben die Menschen? Wir wollen uns anhand zweier Regionen mit unseren Gästen ein Bild machen.

Blick auf La Oroya im Tal des Rio Mantaro: kein Schnee sondern Umweltverschmutzung (Klick auf Bild vergrößert)

Szene #1: Msgr. Pedro Barreto, Erzbischof von Huancayo, wird über die aktuelle Situation in La Oroya berichten. Die Stadt mit ihren 35.000 EinwohnerInnen liegt auf 3.800m Höhe in den peruanischen Zentralanden. Das wesentliche Kennzeichen des Ortes ist die im Jahr 1922 erbaute Erzverhüttungsanlage und eine mit Schwer­metallen und Staub belastete Luft. Die Kinder in der Region weisen Blutbleiwerte auf, die um das 5fache über dem von der Weltgesundheitsorganisation gesetzten Richtwert liegen, was negative Folgen für ihre geistige und körperliche Entwicklung hat. DoeRun, die US-amerikanische Betreiberfirma der Anlage tätigt trotz bestehender vertraglicher Verpflichtungen keine Investition, um die Emissionen zu mindern. Statt dessen empfielt sie der Bevölkerung in Broschüren häufigeres Waschen. Der peruanische Staat zuckt mit den Schultern und verlängerte bisher die gesetzten Fristen für die Invesititionen. Auf der Strecke bleibt die Gesundheit der Menschen, die zudem vom Unternehmen mit der Schließung der Anlage ökonomisch unter Druck gesetzt werden: Wählen zwischen Gesundheit oder Arbeit. Angesichts der Situation ist die Bevölkerung gespalten, und es bestehen massive soziale Konflikte. Über den Antrag von DoeRun für die vierte Fristverlängerung zum Bau der Anlage entscheidet die peruanische Regierung in den nächsten Tagen.

Kampagnenposter Tambogrande (Klick auf Bild vergrößert)

Szene #2: Über Tambogrande, gelegen in der Region Piura in Nordperu, wird Eva Boyle (DIACONIA) berichten. Die Geschichte Tambograndes ist die des friedlichen und erfolgreichen Widerstandes gegen ein irssinniges Bergbauprojekt. In den 60er Jahren wurde die Region durch Weltbankkredite in eine landwirtschaftliche Region entwickelt, heutzutage produziert sie für den Weltmarkt u.a. Mangos und Limonen im dreistelligen Millionenbereich. Perus Ex-Präsident Fujimori ignorierte all dies und vergab Ende der 90er Jahre per präsidentialem Dekret Konzessionsrechte an die kanadische Firma Manhattan Minerals für ein Goldbergbauprojekt. Dieses hätte Umsiedlungen und die Gefährdung der Landwirtschaf t sowie der Wasserressourcen der Region mit sich gebracht. Die Bevölkerung wehrte sich mit Streiks, Demonstrationen, Blockaden. In einem Referendum am 2. Juli 2002 votierten mehr als 90 Prozent der Menschen in der Region Tambogrande im Tal des Rio San Lorenzo mit 'Nein' zum Bergbauprojekt. Es bedurfte weiterer Demonstrationen und einer aktiven und friedlichen Haltung der Bevölkerung gegen das Projekt bis der peruanische Staat dem Unternehmen im Jahr 2004 die Konzession entzog. Wie ist die Situation in Tambogrande heute? Der Weltmarkt jedenfalls erzeugt beständig Nachfrage nach Rohstoffen und in Nordperu drohen weitere Bergbauprojekte, die die Region und ihre landwirtschaftliche Produktion wiederum gefährden.

Als Gäste: Msgr. Pedro Barreto (Erzbischof von Huancayo), Eva Boyle (DIACONIA, Piura)

Die Veranstaltung ist eine Kooperation zwischen: "Bergbaukampagne Peru: Reichtum geht – Armut bleibt" (Träger: Caritas international, Diözese Mainz, Erzdiözese Bamberg, FIAN Deutschland e.V., Informationsstelle Peru e.V., Kirchliche Peru-Partnerschaftsgruppen in Deutschland, Kolping International, MISEREOR, Städtepartnerschaft Treptow-Köpenick - Cajamarca) und dem FDCL.