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Tagung: Nachhaltigkeitszertifikate für Agrarenergie: Leitplanke oder Schmiermittel für den Handel mit nachwachsenden Energierohstoffen?

Brot für die Welt und FDCL laden ein:

Nachhaltigkeitszertifikate für Agrarenergie

Leitplanke oder Schmiermittel für den Handel mit nachwachsenden Energierohstoffen?

Die Tagung findet statt am Dienstag, dem 04.11.2008 von 13:30 Uhr – 19:00 Uhr
 
Tagungsort ist das Dietrich-Bonhoeffer-Haus (Kirchsaal), Ziegelstrasse 30, 10117 Berlin-Mitte. Weitere Informationen zum Tagungsort: www.hotel-dietrich-bonhoeffer.de

Um Anmeldung wird gebeten bis zum 25.10.2008 unter: info(at)fdcl.org

Nachhaltigkeitszertifikate für Agrarenergie

Leitplanke oder Schmiermittel für den Handel mit nachwachsenden Energierohstoffen?

Während über die ökologischen und sozialen Risiken des wachsenden Welthandels mit energetischer Biomasse weitgehende Einigkeit herrscht, gehen die Meinungen über die notwendige Regulierung dieses Marktes teilweise auseinander. Besonderen Konfliktstoff bergen dabei die von Regierungen und einzelnen zivilgesellschaftlichen Initiativen propagierten Zertifizierungssysteme für Agrarenergie bzw. Agrartreibstoffe.

Im Austausch zwischen VertreterInnen aus Nord und Süd werden auf der Tagung die unterschiedlichen Perspektiven auf und Erfahrungen mit Zertifizierung als handelspolitischem Instrument deutlich werden. Ziel ist es, die Reichweite und die Grenzen dieses Instrumentes für die Regulierung des Agrarenergiemarktes zu eruieren und die diesbezügliche Lobbyarbeit zivilgesellschaftlicher Gruppen in Nord und Süd zu reflektieren.

Tagungsprogramm [als pdf 1,3 MB] [english version pdf 1,3 MB]
Anmeldung
Hintergrund und Ziel der Tagung

 


Tagungsprogramm: Nachhaltigkeitszertifikate für Agrarenergie: Leitplanke oder Schmiermittel für den Handel mit nachwachsenden Energierohstoffen?

Tagungsprogramm:

13.30 – 13.45 Uhr
Begrüßung / Einführung in das Tagungsprogramm
Jan Dunkhorst (FDCL – Berlin / Deutschland)

13.45 – 14.30 Uhr
Was leisten Zertifizierungssysteme?
Moderation: Peter Gerhardt (Robin Wood - Hamburg / Deutschland)

Umwelt- und Sozialsiegel: Instrumente für Nachhaltigkeit?  
Veerle Dossche (FERN – London / Großbritannien)

Der Forest Stewardship Council (FSC) – Praxistest bestanden oder auf dem Holzweg?
Chris Lang (World Rainforest Movement – Frankfurt / Deutschland)

Rückfragen / Diskussion


14.30 – 15:00 Uhr
Kaffeepause mit Imbiss

15.00 – 16.15 Uhr
Soziale und ökologische Folgen der Agroenergien – Implikationen für eine politische Regulierung
Moderation: Sandra Schuster (BLUE 21 - Berlin / Deutschland)

Brasilien
Camila Moreno (Terra de Direitos – Curitiba / Brasilien)

Tansania
Abdallah Mkindi (Envirocare – Daressalam / Tansania)

Indonesien
Norman Jiwan (SAWIT Watch – Bogor / Borneo-Indonesien)

Rückfragen / Diskussion


16.15 – 17.15 Uhr
Private und staatliche Zertifizierungssysteme
Moderation: Dr. Bernhard Walter (Brot für die Welt - Stuttgart / Deutschland)

Die privaten Siegelinitiativen: Soja, Palmöl, Zucker, Agrotreibstoff
Stella Semino (Grupo Reflexión Rural / GRR - Argentinien)

Entwürfe für Zertifizierungssysteme in der Europäischen Union und zivilgesellschaftliche Kritik

Deepak Rughani (Biofuelwatch – London / Großbritannien)

Rückfragen / Diskussion


17.15 – 17.30 Uhr
Kaffeepause


17.30 – 19.00 Uhr
Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Strategie?
Offene Abschlussdiskussion
Moderation: Wolfgang Hees (Caritas International – Freiburg / Deutschland)

Impulsreferate / “Wrap-up”
Camila Moreno (Terra de Direitos – Curitiba / Brasilien)
Thomas Fritz (FDCL – Berlin / Deutschland)


Ende der Tagung ca. 19.00 Uhr

 

Tagungsprogramm [als pdf 1,3 MB] [english version pdf 1,3 MB]

 


Anmeldung zur Tagung

Nachhaltigkeitszertifikate für Agrarenergie

Leitplanke oder Schmiermittel für den Handel mit nachwachsenden Energierohstoffen?

Zeit: Dienstag, den 04.11.2008 von 13:30 – 19:00 Uhr
Ort: Dietrich-Bonhoeffer-Haus (Kirchsaal), Ziegelstrasse 30, 10117 Berlin

Konferenz-Sprachen: englisch - deutsch

Um Anmeldung wird gebeten bis zum 25.10.2008 unter: info(at)fdcl.org


Veranstaltet von: Brot für die Welt, Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL )

 


Hintergrund und Ziel der Tagung

Nachhaltigkeitszertifikate für Agrarenergie

Leitplanke oder Schmiermittel für den Handel mit nachwachsenden Energierohstoffen?

Hintergrund und Ziel der Tagung
Während über die ökologischen und sozialen Risiken des wachsenden Welthandels mit energetischer Biomasse weitgehende Einigkeit herrscht, gehen die Meinungen über die notwendige Regulierung dieses Marktes teilweise auseinander. Besonderen Konfliktstoff bergen dabei die von Regierungen und einzelnen zivilgesellschaftlichen Initiativen propagierten Zertifizierungssysteme für Agrarenergie bzw. Agrartreibstoffe.

In der aktuellen Debatte wird kaum noch bestritten, dass die nachwachsenden Energierohstoffe nur einen sehr geringen Beitrag zum Klimaschutz leisten können und in vielen Fällen die Bilanz sogar negativ ausfällt. Auch die Risiken eines Vordringens monokultureller Energieplantagen in wertvolle Ökosysteme (u.a. Regenwälder, Feuchtgebiete, Savannen) sind ebenso anerkannt wie die Existenz indirekter Verdrängungseffekte, das sogenannte „leakage”. Nicht zuletzt werden uns die Risiken für die Ernährungssicherheit durch Preiseffekte und die verstärkte Nutzungskonkurrenz um knappe Ressourcen wie Wasser und Land nahezu täglich vor Augen geführt. Hier dreht sich die Debatte oftmals nur noch darum, wie hoch der Anteil der Agrartreibstoffe an den jüngsten Preissteigerungen für Grundnahrungsmittel sein mag.

Schwieriger indes gestaltet sich die Diskussion um den evidenten Regulierungsbedarf dieses rasant wachsenden Massenmarktes. Während die Forderungen nach einer Modifikation oder Aufgabe politischer Fördermaßnahmen (Subventionen, Beimischungsquoten) immer mehr Unterstützung finden, nehmen die Zweifel an der Regulierungskapazität der Zertifizierungssysteme, die einzelne Regierungen derzeit erarbeiten, eher zu. In der Öffentlichkeit hingegen werden die Siegel mitunter als umfassende Garanten einer nachhaltigen Produktion dargestellt und sollen damit das weit verbreitete Bedürfnis nach ethischem Konsum befriedigen.

Die bisherigen Zertifizierungsentwürfe weisen jedoch erhebliche Lücken auf. Essenzielle Risiken bleiben unberücksichtigt: a) Preiseffekte des steigenden Biomassebedarfs und damit die Risiken für die Ernährungssicherheit, b) indirekte Landnutzungsänderungen und damit die Expansion der Agrarfront, und c) - häufig vergessen - die Konzentration im Agrar-, Lebensmittel- und Energiesektor.

Transnationale Konzerne üben starken Einfluss auf die Ausgestaltung der staatlichen und privaten Siegelinitiativen aus. Für sie ist essenziell, dass die Zertifikate nicht zu einer Einschränkung der wachsenden Biomasse-Ströme führen, d.h. der Nachschub nicht abgeschnitten wird. Erst langsam aber verbreitet sich die Erkenntnis, dass gerade das Mengenwachstum in einen strukturellen Widerspruch zur Nachhaltigkeit gerät. Die von der Industrie geforderten Rohstoffmengen sind kaum mehr nachhaltig produzierbar. Genau vor diesem Hintergrund aber besteht die Gefahr, dass die Zertifikate eher zu einer Steigerung der Stoffströme, denn zu ihrer überfälligen Verminderung beitragen.

Hinzu kommt, dass Nachhaltigkeitsnachweise künftig von jenen Industriestaaten gefordert werden, die zugleich eine hohe Importabhängigkeit von den nachwachsenden Rohstoffen haben. So sind es derzeit vor allem europäische Staaten wie Großbritannien, die Niederlande und Deutschland sowie die Europäische Kommission die erste Zertifizierungsentwürfe vorlegten. Um ihre politisch gesetzten Ziele zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien auf Basis von Biomasse erfüllen zu können, werden sich die Regierungen aber nicht ohne weiteres die Importoption durch anspruchsvolle und streng kontrollierte Nachhaltigkeitsstandards verbauen.

Dieses Eigeninteresse an schwachen und lückenhaften Zertifizierungen führt auf Seiten europäischer Nichtregierungsorganisationen zu verständlicher Kritik. Zugleich geraten sie damit in das Dilemma, „bessere”Zertifikate zu fordern, während viele Bewegungen in den Anbauländern die Zertifizierung häufig grundsätzlich ablehnen. Sie bezweifeln, dass sich die Standards effektiv in ihren Ländern kontrollieren lassen. Dafür ist der Staat oftmals zu schwach, zu abhängig und zu stark mit den Interessen des Agrobusiness verfilzt. Es stellt sich daher die Frage, ob hier ein Widerspruch in der politischen Praxis zwischen Nichtregierungsorganisationen in Nord und Süd besteht oder ob eher eine Art Arbeitsteilung anzunehmen ist.

Ein zweites Dilemma hängt mit der Dominanz der Siegeldebatte zusammen. Die Regulierungsnotwendigkeiten, die der Agrarsprit-Markt jenseits von Zertifikaten erfordert, geraten häufig aus dem Blick. Die Inflation der Nahrungsmittelpreise etwa lässt sich nicht durch die Zertifizierung einzelner Plantagen in den Griff bekommen. Die Folgen der Preisinflation für die Ernährungssicherheit erfordern Maßnahmen, die aus dem Rahmen der Zertifizierungssysteme herausfallen. Dennoch dominieren die Siegel als nahezu einziges Instrument die Debatte.

Ein drittes Dilemma entsteht, weil die Zertifikate ausschließlich dem internationalen Handel dienen. Sie sind ein dezidiert handelspolitisches Instrument. Womöglich sind aber nationale Nachhaltigkeitsstandards für Agrarenergie weit wichtiger als Instrumente, die auf die Bedienung der internationalen Nachfrage abzielen. Würden in den Anbauländern anspruchsvolle soziale und ökologische Standards definiert und effektiv kontrolliert, wären die nachhaltig produzierbaren und exportierbaren Rohstoffmengen weit geringer als Industrie und Regierungen glauben machen wollen.

Diese und weitere Dilemmata der Zertifizierung von Agrarenergie möchten wir im Rahmen der Fachtagung mit interessierten Akteuren aus Nichtregierungsorganisationen, Hilfswerken, Umwelt- und Entwicklungspolitik diskutieren. Im Austausch zwischen VertreterInnen aus Nord und Süd sollen die unterschiedlichen Perspektiven auf und Erfahrungen mit Zertifizierung als handelspolitischem Instrument deutlich werden. Ziel ist es, die Reichweite und die Grenzen dieses Instrumentes für die Regulierung des Agrarenergiemarktes zu eruieren und die diesbezügliche Lobbyarbeit zivilgesellschaftlicher Gruppen in Nord und Süd zu reflektieren.

Weitere Informationen zu Biomasse & Agroenergie


Gefördert von Brot für die Welt, der Deutschen Behindertenhilfe - Aktion Mensch e.V., der Europäischen Union und der InWEnt GmbH aus Mitteln des BMZ.