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Agroenergiepflanzen-Glossar

Photo: Kurt Damm (FDCL)

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Glossar zu Agroenergiepflanzen

Verfaßt von Sandra Schuster und Franziska Löschner

FDCL - Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika

Berlin, Ende 2008

 


Erdnuss (Arachis hypogaea)

Alle Photos: FDCL

(en: groundnut, peanut, es: cacahuate, cacahuete, maní, pt: amendoim, fr: arachide)


Familie: Fabacaea (Hülsenfrüchtler)


Herkunft und Geschichte:

Ursprungsgebiet ist Südamerika, hier existieren etwa 40 Wildarten. Vermutlich wurde schon vor 3000 Jahren die heutige A. hypogaea kultiviert. Sie gelangte nach der Entdeckung Amerikas in die tropischen Regionen, seit dem 19. Jhdt. auch in den warmen Regionen Europas angebaut.


Biologie:

Die Blüten stehen an kurzgestielten Blütenständen, Die Frucht beginnt erst zu wachsen, wenn sie sich 5-10 cm unter der Bodenoberfläche befindet. Sie wächst dann horizontal


Ansprüche:

Hohe Temperaturansprüche (Keimung 30-34°C, für die weitere Entwicklung 25-30°C optimal), Temperatur >35°C führt allerdings zur Störung der Blütenbildung, geringe Ansprüche an die Wasserversorgung 300-500 mm und an Boden. Trockenresistent, weil sie schnell ein tiefgehendes Wurzelsystem entwickelt. Nur Staunässe ist nicht geeignet. Hoher Bedarf an Sonnenlicht


Düngung:

Gehören zu den Leguminosen und brauchen keinen Stickstoff (N)


Schädlingsbekämpfung:

Fungizideinsatz bei Pilzbefall, Virusbefall durch Blattläuse, sollte nur in dreijähriger Fruchtfolge angebaut werden, bei guter Vorfrucht muss nicht gedüngt werden, in den ersten Wochen ist die Bekämpfung von Unkraut wichtig


Ertrag:

Schwankt zwischen 15-45 dt/ ha, ein Hektar ergibt etwa 788 Kg Öl. (Quelle: http://www.terra-brasil.eu/LANDWIRTSCHAFT/AGRIBUSINESS/Biodiesel.html). Das US-amerikanische Landwirtschaftsministerium geht für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 von einer Rekordproduktion von weltweit 34,9 Mio. t aus (2007/2008: 32,0 Mio. t; 2006/2007: 30,7 Mio. t.), als bemerkenswert gilt das weltweite Handelsvolumen, das mit 2,5 (2,5; 2,4) Mio. t. größer ausfällt als das von Sonnenblumensaat. Vgl. Toepfer International, „Marktbericht 2009”: 10, URL http://www.acti.de/media/MB_dt_03-09.pdf


Hauptanbauländer:

China, Indien, Nigeria, USA, Indonesien. Weltweit werden 36,5 Mio. Tonnen produziert.


Produkt und Verwendung:

Flüssiger Energieträger als Treibstoff – Agrodiesel. Der hohe Nährstoffgehalt in den Samen macht die Erdnuss zu einer für die menschliche Nahrung wichtigen Kulturpflanze. Eines der magnesiumreichsten Nahrungsmittel (180 mg/ 100g Erdnüsse), hoher Eiweißgehalt (25%), Fettsäurezusammensetzung: Ölsäure 40-62% und 13-35% Linolsäure, Erdnuss wird roh verzehrt oder verarbeitet als Knabbergebäck, Brotaufstrich (Erdnussbutter), Erdnussöl. Spielt Rolle in der Ölchemie. Futtermittel (Samen sowie Grünmasse), vgl. TransGen Lebensmitteldatenbank, „Erdnuss”, URL http://www.transgen.de/datenbank/pflanzen/33.erdnuss.html



Gentechnik:

Forschung an der Pilzresistenz, Insektenresistenz, Virusresistenz, Herbizidtoleranz, an der Pflanzenentwicklung zur Ertragsseigerung, an den Produkteigenschafteen wie Unterdrückung von allergieauslösenden Proteinen. Freilandversuche: 46 im Zeitraum von 1993-2008 (Indien, China, Südafrika)



Erdnussöl – Nutzung für Treibstoff?


Zur Historie: Viele Beiträge kolportieren den Mythos, Rudolf Diesel habe bei der Konstruktion des nach ihm benannten ersten Hochdruckverbrennungsmotors Erdnussöl verwendet. Ein Blick in die historische Aufbereitung, die das Deutsche Museum in München anlässlich einer Sonderschau zu „50 Jahren Dieselmotor”herausbrachte, zeigt, dass er nach Versuchen mit Kohlenstaub auf „Leuchtpetroleum”, d.h. Lampenpetroleum als flüssigen Brennstoff zurückgriff. Erdnussöl war seinerzeit als so genannte Kolonialware nicht nur schwer zu bekommen sondern auch im Verhältnis zu anderen Produkten sehr teuer, so dass die Idee, ein solches Lebensmittel für die Verbrennung in einem Hochdruckmotor zu nutzen, sehr fern liegt. Vgl. Deutsches Museum, „50 Jahre Dieselmotor”, Reihe: Abhandlungen und Berichte, München 1949.


Hinsichtlich der gegenwärtigen Entwicklung gelangt ein Artikel auf der Seite von Renewable Energy zu der Einschätzung: „Erdnussöl erreicht an den internationalen Märkten entschieden höhere Preise als beispielsweise Sojaöl, so dass die Konversion in Biodiesel ökonomisch nicht tragfähig ist”, vgl. Renewable Energy, 8/11/2006, „Peanut Biodiesel Promising But Costly Alternative Fuel”, URL http://www.renewableenergyworld.com/rea/news/article/2006/11/peanut-biodiesel-promising-but-costly-alternative-fuel-46465



Wissenschaftler eines am US-Landwirtschaftsministerium angesiedelten Forschungsdienstes testeten verschiedene Sorten auf ihre Rentabilität für die Biodieselproduktion. Vergleichsweise gut schnitt „Georganic”ab, eine Sorte, die die gegenwärtigen Nahrungsstandards von Erdnüssen nicht erreicht, dafür aber einen hohen Ölanteil und geringe Produktionskosten verspricht. Vgl. United States Department of Agriculture, News 30/6/2007, “Peanuts Studied as Source of Biodiesel Fuel”, URL http://www.ars.usda.gov/IS/pr/2007/070730.htm; zudem Green Car Congress 6/8/2007, “ARS Studying Peanuts as Biodiesel Feedstock”, URL http://www.greencarcongress.com/2007/08/ars-studying-pe.html

 

Brasilien: Erdnussanbau auf stillgelegten Zuckerrohrflächen, auch für Biodiesel?

2006/2007 wurden in Brasilien 31,69 Mio. t Erdnüsse und 4,85 Mio. t Öl produziert, die gesamte Erntemenge belief sich 2006/2007 auf 242.650 t, bei einem Anbau auf 101.300 ha Fläche. São Paulo ist mit 88% der Gesamtproduktion der Hauptproduzent während sich die restlichen 12% auf die Staaten Mato Grosso, Paraná, Bahia, Rio Grande do Sul, Mato Grosso do Sul, Minas Gerais, Pernambuco, Goiás, Sergipe und Ceará verteilen. Innerhalb von São Paulo sind die größten Anbaugebiete die Regionen um Ribeirão Preto und Marília. In diesen Regionen besitzt die Kultivierung der Erdnuss besondere Bedeutung aufgrund ihres physiologisch kurzen Lebenskreislaufes, der, zusammen mit anderen Ölsaaten eine Option bietet, die stillgelegten Zuckerrohrflächen zu verwenden. Schätzungen weisen darauf hin, dass 80% der Stilllegungsflächen mit Erdnuss bepflanzt sind. Das Korn der Erdnuss wird besonders in der Nahrungsmittelindustrie verwendet. Auf dem nationalen und internationalen Markt genießt das Öl eine hohe Wertschätzung, eine geeignete Alternative könnte aber in einigen Fällen die Biodieselproduktion darstellen. Die durchschnittliche Produktivität der frischen Erdnusskerne liegt bei 1.100 - 2.800 kg/ha, bei getrockneten Kernen 1.000-1.500 kg/ha. Die Produktivität der Schale ist 1.500 - 4.000 kg/ha. Ein Hektar Erdnuss liefert 788 kg Öl, vgl. Terra Brasil, „Biodiesel”, URL http://www.terra-brasil.eu/LANDWIRTSCHAFT/AGRIBUSINESS/Biodiesel.html#Erdnuss



Biodiesel aus Erdnussöl – Projekt zum Betrieb von Mobilfunkstationen in Nigeria

2006 testeten Ericsson und der afrikanische Mobilfunkbetreiber MTN u.a. den Einsatz von Erdnuss-Biodiesel für den Betrieb von Mobilfunk-Basisstationen im ländlichen Raum. Neben Erdnüssen wurden für die Gewinnung auch Kürbiskerne und Palmenfrüchte erwogen. Die Rohstoffe sollen lokal angebaut werden - ein erstes Pilotprojekt startete in Nigeria, in der Region Lagos. (Vgl. ORF.at 12/10/2006, „Biodiesel für Afrikas Mobilfunkstationen”, URL http://futurezone.orf.at/stories/143082/)



Weitere Informationen, Hinweise:

Guatemala, Nicaragua / ländlicher Raum, Artikel beschreibt Boom im Agrobusiness aus Blickwinkel von Kleinbauern und Kooperativen: medico Rundschreiben 04/2008, Dieter Müller, „Nicaragua/Guatemala: Biodiesel als Entwicklungshindernis. Über Segen und Fluch natürlichen Reichtums und einen Wald vieler neuer Möglichkeiten.”, URL www.medico.de/material/rundschreiben/2008/04/biodiesel-als-entwicklungshindernis/

Website des National Peanut Research Laboratory (NPRL), Forschungseinrichtung am US-amerikanischen Landwirtschaftsministerium: URL http://www.ars.usda.gov/main/site_main.htm?modecode=66-04-00-00


Treibstoff-Forschung in den USA, University of Geogia: Southwest Farmpress 3/8/2006, “Peanut breeders tap technology for efficiency, bio-fuel potential”, URL http://southwestfarmpress.com/mag/farming_peanut_breeders_tap/


Über die zunehmende Akzeptanz von Gentechnik in der US-amerikanischen Erdnuss-Forschung und -Züchtung, Vorstöße und Initiativen, vgl. The Associated Press 27/12/2007, „Scientists get go-ahead for genetically modified peanuts”, veröffentlicht auf Seiten von GMO Africa, URL http://www.gmoafrica.org/2006/12/scientists-get-go-ahead-for.html


Zu Potenzialen der Produktion von Erdnüssen für Biodiesel in Florida, USA: D.L. Wright, professor, Agronomy Department, Florida Cooperative Extension Service, „Production of Biofuel Crops in Florida: Peanut”, TheBioenergySite.com 01/2008, URL http://www.thebioenergysite.com/articles/66/production-of-biofuel-crops-in-florida-peanut


Produktion von Biodiesel aus Erdnussöl / Forschung in China: Tsinghua University, Beijing (Institute of Nuclear and New Energy Technology), weitere Infos und Links: Oilgae Digest, „Biodiesel from Peanuts, Peanut Oil as Bio-diesel, Biofuel - Reference & Resources”, URL http://www.oilgae.com/energy/sou/ae/re/be/bd/po/pea/pea.html


Berichten aus Benin zufolge plant die Regierung neben anderen Anbausorten Erdnüsse für die Produktion von Biodiesel zu fördern, vgl. Nature-Tropicale / Josea Doussou Bodjrenou, „Agrofuels in Benin”, in: African Biodiversity Network, „Biofuels in Africa”, URL http://www.landcoalition.org/cpl-blog/wp-content/uploads/case_studies_14.pdf


Zur Nutzung pflanzlicher Öle für Biodieselproduktion in Paraguay, Rentabilitätsüberprüfung der Erdnuss: Deutsch-Paraguayische Industrie- und Handelskammer 08/2007, „Paraguay Wirtschaft”: 6, URL http://www.ahk.org.br/WB/pasta_upload/Paraguay%20Wirtschaft%20Nr.%20500.pdf


Beispiele von gentechnikfreier Pflanzenzucht zur Entwicklung dürreresistenter Sorten, Artikel greift u.a. eine von indischen Forschenden entwickelte Erdnuss-Varietät auf, vgl. Koechlin, Florianne, Genschutz Zeitung 56 / 08/2009, „Das Geheimnis liegt in der Vielfalt”, URL http://www.blauen-institut.ch/tx_blu/tf/tf_geheimnis_vielfalt.html



Gefördert von der Deutschen Behindertenhilfe - Aktion Mensch e.V., der Europäischen Union und der InWEnt GmbH aus Mitteln des BMZ.


 

 

This publication was made possible through the financial support of the European Community. The opinions expressed therein represent the opinion of the author and do not represent the official opinion of the European Community.

This publication  was elaborated within the framework of the cooperation-project "Handel-Entwicklung-Menschenrechte" of the Heinrich Böll Foundation (hbs), the Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL), and the Transnational Institute (TNI). More information at:

http://www.handel-entwicklung-menschenrechte.org



FDCL, Berlin: fdcl-berlin.de/de/
TNI - Transnational Institute, Amsterdam: www.tni.org
Fundação Heinrich Böll, Rio de Janeiro: www.boell-latinoamerica.org/pt/nav/35.htm
Heinrich Böll Stiftung, Referat Lateinamerika, Berlin: www.boell.de