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Agroenergiepflanzen-Glossar

Photo: Kurt Damm (FDCL)

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Glossar zu Agroenergiepflanzen

Verfaßt von Sandra Schuster und Franziska Löschner

FDCL - Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika

Berlin, Ende 2008

 


Mais

Maisfeld. Aufgenommen in Brasilien. Photo: FDCL-Archiv
Maisfeld. Aufgenommen in Spanien. Photo: Klaus Schenck (Salva la Selva)
Mais im Kochtopf. Aufgenommen in Brasilien. Photo: Roosewelt Pinheiro, Agência Brasil ABr
Maiskörner. Photo: Christian Russau (FDCL)
Maiskörner. Photo: Christian Russau (FDCL)
Genmais. Aufgenommen in Spanien. Photo: Klaus Schenck (Salva la Selva)
Proteste pro und contra transgenen Mais in Brasilien. Photo: Antonio Cruz, Agência Brasil ABr
"Nachwachsende Monopole". Ausstellungstafel Nr.13 der FDCL-Ausstellung "Plantación - Lateinamerika und der Rausch der Bioenergie"

(en: maize / corn, es: maíz, pt: milho, fr: maïs)

Familie
Poaceae (Süßgräser)

Herkunft und Geschichte
Heimat liegt vermutlich in Mexiko, die Wildform ist noch nicht gefunden. Gesichert ist, dass der Mais schon von Indianern kultiviert worden. Bewohner der Karibischen Inseln haben den Namen gegeben (mahiz). Kurz nach 1500 brachten die Spanier den Mais nach Europa. Seit Mitte des 20. Jhd. fast überall angebaut. Über Italien, den Balkan und Russland dann auch nach China und Indien.

Biologie
Hochproduktive C4-pflanze. Einjähriges Gras (2-3 m hoch), sprossbürtige Wurzeln, die der Pflanze Standfestigkeit gewähren soll. An der Achse befinden sich 8-40 Blätter. Die Früchte des Mais, Maiskörner, können weiß, goldgelb, rot oder schwarzviolett sein (großer Sortenreichtum). Der Kolben ist von den Lieschblättern umhüllt.

Ansprüche
Braucht viel Sonne und Wärme (Temperaturoptimum liegt bei 30°C). Verträgt kein Frost, 500-700 mm Niederschlag. Braucht während der Blütezeit ausreichendes Wasser. Gedeiht auf verschiedenen Böden, auf regenreichen Standorten muss der Boden durchlässig sein, sonst Gefahr von Pilzbefall. Gefahr der Bodenerosion ist groß.

Düngung
Stickstoff (N): für Erzielung eines optimalen Ertrages wird für Silo- und Körnermais von einem Stickstoffangebot von 190 kg N / ha (Sollwert) ausgegangen, setzt sich zusammen aus Düngen und Bodenvorrat, d.h. im Boden vorhandenen pflanzenverfügbaren Stickstoff, und ggf. Nachlieferung; Phosphat (P²O5 ), gehört bei schlecht versorgten Standorten, Bodenstrukturmängeln und ungünstigen Witterungsbedingungen zum Standard. (Vgl. Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, N-Düngung zu Mais)

Schädlingsbekämpfung
Blattkrankheiten, Kolbenfäule, Erkrankung durch Viren, Insektenschädlinge wie Maiszünsler, Herbizid-, Insektizideinsatz

Ertrag
Weltweit 691,4 Mio. Tonnen Mais im Jahr 2005 (FAO, 2006)

Hauptanbauländer
USA, China, Brasilien, Mexiko, Argentinien, Indien, Frankreich, Indonesien, Südafrika; Italien (FAOSTAT, Angaben für 2007)

Im Jahr 2005 auf einer Fläche von 147 Mio. ha angebaut.

Produkt und Verwendung
Neben Weizen und Reis die wichtigste Nahrungspflanze der Welt, pflanzliche Stärke aus Mais (neben Kartoffeln und Weizen) wird für die Herstellung von Glukose bzw. Traubenzucker genutzt. Als Treibstoff – Ethanol genutzt, als Futtermittel genutzt. Verwertung in Biogasanlagen, Maisstärke (essbares Geschirr), Maisspindelgranulat als Ölbindemittel und Kleintierstreu.

Gentechnik
Forschung an Herbizidtoleranz, Insektenresistenz (bekannt ist der Bt-Mais), veränderte Produktqualität.

Freilandversuche
EU 773, USA 6600

Zulassungen

EU, viele in den USA (rund 52% der Maisernte sind genetisch manipuliert), Argentinien, Japan, Kanada, Philippinen, Südafrika, Uruguay, Brasilien, Ägypten.

Unternehmen

Führender Ethanolproduzent aus Mais in den USA: ADM, stärkster Rivale: VeraSun Energy; Mitte Juli gab es in den USA insgesamt 116 Maisethanolfabriken, 79 befanden sich im Auf- oder Ausbau (Vgl. FDCL / Fritz 2007: 11); biotechnische Forschung: Monsanto / Renessen entwickelt die Mavera-Maissorte, die höhreren Stärkegehalt verspricht, Kooperationen mit Unternehmen wie Targeted Growth, Cargill, BASF; Schweizer Pharmakonzern Syngenta beantragte in der EU und in Südafrika die Einfuhr der gentechnisch veränderten Maissorte Event 3272, die über eine besondere Enzymvariante die Umwandlung der Maisstärke in Bioethanol beschleunigt. Während die Sorte bereits in den USA und China registriert ist, hat die südafrikanische Regierung die Zulassung abgelehnt. (Vgl. Fritz, “Heizen mit Weizen”, in: analyse & kritik/21/9/2007)

Treibhausgasbilanz
Treibhausgaseinsparung von ungemischtem Pflanzentreibstoff (Ethanol /USA) gegenüber fossilem Treibstoff (Benzin, EURO3): etwa 10% (Empa-Studie 2007), anfallende THG-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette wurden mit einberechnet, wie landwirtschaftlicher Anbau, Treibstoff-Produktion, Treibstoff-Transport, Fahrzeug-Betrieb, Infrastruktur (Fahrzeug, Straßen), hoher THG Wert aufgrund vergleichsweise hohem Einsatz von fossiler Energie beim landwirtschaftlichem Anbau und Lachgasemissionen, die 30% ausmachen. Vergleichsweise geringer Wert bei Treibhausgaseinsparung insbesondere aufgrund hohem Einsatz fossiler Energieträger bei Produktion / Fermentierung von Bioethanol.

Erwärmungseffekt aufgrund freigesetzter Lachgas-Emissionen (N²O), die durch Stickstoff-/ Nitrogendüngung entstehen, sind wischen 0,9 und 1,5 Mal höher als eingesparten Emissionen an CO² im Vergleich zu fossilen Benzin (Crutzen et al., 2007)

Bemerkungen zur Ökogesamtbilanz

Gegenüberstellung mit Umweltbelastungen insgesamt: negative Ökobilanz angesichts Zunahme von ökologischen Belastungen im Vergleich zu fossilen Treibstoffen, hohe Belastung bei der Nutzung von Mais / USA, im Einzelnen genannt werden Atemwegserkrankungen, Ökotoxizität, mögliche Auswirkungen auf Grund von Veränderung des Nährstoffgleichgewichtes durch Nährstoff-Emissionen (Eutrophierung). Diese kann unerwünschte Veränderungen in der Artenzusammensetzung von terrestrischen und aquatischen Ökosystemen hervorrufen. Des Weiteren Versauerung, wobei versauernde Schadstoffe viele verschiedene Auswirkungen auf den Boden, Grundwasser, Oberflächengewässer, Ökosysteme, aber auch auf Gebäude haben. Wichtigste versauernde Schadstoffe sind SO2, NOx und NH4.

Kostenfaktor
Mais könnte zu einem attraktiven Rohstoff für Ethanolerzeugung werden, wenn neue Sorten zugelassen werden, die noch auf dem Feld trocknen können.(Empa-Studie: 31)


Sozio-ökonomische Dimensionen:


Preissteigerungen
Mexiko, „Tortilla-Krieg”: Infolge gestiegener Weltmarktpreise und Verteuerung des importierten Mais verdoppelte sich der Preis für Maismehl und die daraus hergestellten Tortilla-Fladen, die in Mexiko Grundnahrungsmittel insbesondere der ärmeren Bevölkerungsschichten sind. Heftige Proteste schlossen sich hieran an. Die gestiegene Nachfrage nach Agrotreibstoffen ist einer der meist angeführten Hauptgründe für die Preissteigerung, neben Spekulation und Hortung durch agroindustrielle Monopole sowie wachsende Energiekosten. Zugleich ist „Tortilla-Krieg”Ausdruck der gefährdeten Ernährungssicherheit des Landes, das sich u. a. in Zusammenhang von NAFTA zu einem Netto-Importeur von Nahrungsmitteln entwickelt hat. Vgl. Luis Hernández Navarro, “The New Tortilla War,” Americas Program Special Report, 06 December 2007, URL www.http://americas.irc-online.org/am/4205

Südafrika: Nationale Biokraftstoffstrategiepläne schüren den „Ethanol-Effekt”im Sinne einer stark angezogenen Nachfrage nach Mais, was 2007 innerhalb kurzer Zeit zu erheblichen Preissteigerungen für das Grundnahrungsmittel führt. Mitte des Jahres waren zudem die Maisreserven des Landes auf den niedrigsten Wert seit fünf Jahren gefallen, wodurch Südafrika Mais importieren musste, um den heimischen Bedarf zu decken. Mit der Begründung, dass die Ernährungssicherung nicht gefährdet werden dürfte, hat die Regierung die Produktion von Pflanzentreibstoff aus Mais im Dezember 2007 vorerst gestoppt. Statt Mais sollen nun Soja, Sonnenblumen, Raps, Zuckerrohr und Zuckerrüben hierfür verwendet werden. Vgl. Grain, “The New Scramble for Africa,” July 2007: 40, Kürschner-Pelkmann, Agrotreibstoffe in Südafrika: Biosprit-Expansion vorerst gestoppt, in: Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung. Luxemburg, Nr. 1/2008 (www.weltwirtschaft-und-entwicklung.org)

Beispiel für Preissteigerung in Deutschland / Reaktionen

Glukose, die u.a. für die Fruchtgummiherstellung benötigt wird, verteuerte sich 2006 um 30%.

Vertreter der Mühlen, Großbäcker und Süßwarenproduzenten sowie der Tierfutterherstellen haben ein „Netzwerk-Lebensmittel-Forum”gegründet, um auf Gefahren der Produktion von Bioenergie anstelle von Lebensmitteln aufmerksam zu machen. (Vgl. URL www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,499588,00.html



Gefördert von der Deutschen Behindertenhilfe - Aktion Mensch e.V., der Europäischen Union und der InWEnt GmbH aus Mitteln des BMZ.


 

 

This publication was made possible through the financial support of the European Community. The opinions expressed therein represent the opinion of the author and do not represent the official opinion of the European Community.

This publication  was elaborated within the framework of the cooperation-project "Handel-Entwicklung-Menschenrechte" of the Heinrich Böll Foundation (hbs), the Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL), and the Transnational Institute (TNI). More information at:

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