(en: rye, es: centeno, pt: centeio, fr: seigle)
Familie: Poaceae (Süßgräser)
Herkunft und Geschichte:
Wichtige Getreidepflanze im nördlichen Europa. Urheimat wahrscheinlich im nördlichen Kaukasusgebiet, über Kleinasien nach Europa. 1000 v. Chr. in Kultur genommen
Biologie:
Wird einjährig kultiviert kann aber noch mal im 2. Jahr austreiben. 1,5 – 2 m hohes Gras, die Deckspelzen sind lang begrannt, runzlige Körner, die spelzenfrei, länglich und grünbläulich gefärbt sind. An der Rückenseite eine tiefe Furche.
Ansprüche:
Winterform hat wirtschaftliche Bedeutung, geringe Wärmebedürfnissee, hohe Winterfestigkeit und bescheidene Bodenansprüche, gedeiht auch auf sandigen Böden, liefert auch bei 700 mm Niederschlag noch gute Erträge, Fremdbefruchter
Düngung:
Grundsätzlich gilt für Roggen, dass er das beste Nährstoffaneignungsvermögen aller Getreidearten besitzt (gut ausgebildetes Wurzelsystem); Stickstoffdüngung (N)
Ertrag:
Ertragsmittel weltweit bei 2,4 t/ ha; europäischer Durchschnittsertrag: 3,2 t/ha (aufgrund von extensiven Anbauflächen in Osteuropa relativ niedrig), in Deutschland: 6 t / ha (auf der Grundlage ertragsoptimierten Anbaus, wie auch in der Schweiz betrieben). Für eine energetische Nutzung stellt letzteres das wahrscheinliche Szenario dar (Empa-Studie: 32)
Hauptanbauländer:
Russische Föderation, Deutschland, Polen, Weißrussland, China, Ukraine, Türkei, Spanien, Kanada, USA (FAOSTAT, Angaben für 2007)
Im Herbst 2008 wurden in Deutschland auf rund 740.800 ha Roggen ausgesät. Mit 0,6 % ist dies ein geringer Flächenzuwachs zum Wirtschaftsjahr 2007/2008 (736.000 ha), wie das statistische Bundesamt mitteilt. Viel Raum für Spekulationen werden die zu erwartenden Prognosen der Erntemengen 2009 bieten. Fakt ist, dass in 2008 in Deutschland rund 3,75 Mio. t Roggen geerntet wurden (nach Schätzungen von Toepfer International); rund eine Mio. t mehr als im Jahr zuvor. Ausgewirkt, so Analysten, habe sich das „Ende der Roggenintervention”, der Preis werde allein durch das Angebot und die Nachfrage von der am Markt verfügbaren Menge gestillt.
Produkt und Verwendung:
Verwendung als Treibstoff – Bioethanol. Wird in der Zukunft sicher größere Rolle in der Ethanolproduktion einnehmen, weil die Pflanze nicht anspruchsvoll ist und eine hohe Anbausicherheit besitzt. Anbaupotential in Osteuropa (Quelle: KWS Saatgut AG, 2007). Wichtiges Getreide für die menschliche Ernährung, Kornbranntweinherstellung, Tierfutter
Roggennutzung in Deutschland:
Brotroggen: Die Nachfrage in Deutschland wird als „vergleichsweise konstant”beurteilt. Der Bedarf beläuft sich auf rund 900.000 t jährlich. b) Mischfutterindustrie: im Wirtschaftsjahr 2007/2008 (Juli 2007 bis Mai 2008) wurden über 580.000 t Roggen verarbeitet. Von Juli bis Oktober 2008 flossen bereits 306.000 t Roggen ins Mischfutter. Bis vor drei Jahren wirkten Freigaben aus Interventionsbeständen Preissteigerungen – wie wir sie im vergangenen Jahr beobachtet haben – am Markt entgegen. Es war im Interesse der EU, den Roggenpreis niedrig zu halten, damit dieser ins Mischfutter wanderte und Importe von Substituten wie Tapioka oder Mais vermindert werden. Zudem wird eine schwer zu erfassende Menge an Roggen auf den Produzentenhöfen verfüttert (Futtereigenproduktion). Es wird angenommen, dass die Hoffütterung in den letzten Jahren zugenommen hat, für 2009 wird diesbezüglich von 1,1, Mio t. Roggen ausgegangen. c) Export: aktuell nimmt dieser wieder eine größere Rolle ein, nach Bedeutungslosigkeit im vergangenen Wirtschaftsjahr, Großteil exportierten Roggens wird in Mischfutterwerken in Niederlanden verarbeitet. d) Absatzkanal Bioenergie (ca. 14 Prozent der Erntemenge): 1) als Biogassubstrat (vor allem Stromerzeugung), viele Anlagen verzeichnen beim Einsatz von Roggen-Maissilage-Mischungen eine Verbesserung der Methanausbeute, was Einsatz von Roggen-GPS attraktiv macht; 2) Ethanolgewinnung: nachdem Hersteller im vergangenen Jahr aufgrund der hohen Marktpreise die Produktion einstellten oder auf andere Rohstoffe umstellten, so erlebt die Nachfrage der Industrie in diesem Jahr einen leichten Aufwind. (Vgl Rye Belt Roggenmarkt 2009, URL
http://www.ryebelt.de/fileadmin/files/dummy/2009_1.Roggenmarkt_01.pdf)
Kosten / Eigenschaft:
Kann auch auf ertragsschwachen Böden angebaut werden, erreicht dabei laut Empa-Studie aber eine geringe Flächenproduktivität (was mit mehr Treibhausgas-Emissionen verbunden ist), als Bemessungsgröße zugrunde gelegt wurde der europäische Durchschnittsertrag (Roggen RER, 3,2t /ha*y;), Werte eines ertragsoptimierten Anbaus, wie in der Schweiz und in Deutschland betrieben, versprechen laut der Studie bessere Ergebnisse und stellen für eine energetische Nutzung das wahrscheinliche Szenario dar. Vgl. hierzu u. zum folgenden Empa-Studie 2007: IIIff, 32.
Untersuchungen zum „nachhaltigen Energiepotenzial von Roggen”an der Fachhochschule Eberswalde benennen verschiedene Hauptgrößen, die Ethanolausbeute beeinflussen. Als zentral für die Wirtschaftlichkeit wird der Stärkegehalt des Korns betrachtet, demensprechend setzt die indirekte Messung hieran an und differenzierte folgende Faktoren, die die Qualität bestimmen: a) Umwelteinflüsse: Boden, Witterung, Schädlinge, Krankheiten, Unkräuter, Rahmenbedingungen, b) hierauf bezogene Handlungsoptionen: Standortwahl, Bodenbearbeitung, Arten-/Sortenwahl, Aussaat, Düngung Pflanzenschutz, Fruchtfolge.
Vgl. URL http://www.fh-eberswalde.de/Projekte/Bioenergie/Abgeschlossene-Projekte/BIOETHANOL/Ethanolroggen/Untersuchungen-zum-nachhaltigen-Energiepotenzial-des-Roggens-E2229.htm
Treibhausgasbilanz
Treibhausgaseinsparung von ungemischtem Pflanzentreibstoff (Ethanol / Europa) gegenüber fossilem Treibstoff (Benzin, EURO3): unter 10%, vor allem aufgrund niedriger Flächenerträge anfallende THG-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette wurden mit einberechnet, wie landwirtschaftlicher Anbau, Treibstoff-Produktion, Treibstoff-Transport, Fahrzeug-Betrieb, Infrastruktur (Fahrzeug, Straßen)
Bemerkungen zur Ökogesamtbilanz:
Gegenüberstellung mit Umweltbelastungen insgesamt: negative Ökobilanz angesichts Zunahme von ökologischen Belastungen im Vergleich zu fossilen Treibstoffen; extrem hohe Umweltbelastung wird insbesondere auf den niedrigen Ernteertrag von Roggen im gesamteuropäischen Schnitt zurückgeführt, insgesamt weist Roggen von allen der im Rahmen der Empa-Studie untersuchten Energiepflanzen die schlechteste Ökobilanz auf, hohe Werte hinsichtlich Atemwegserkrankungen, Ökotoxizität, Versauerung durch Schadstoffe (z.B. SO², Amoniak) mit verschiedenen Auswirkungen auf den Boden, Grundwasser, Oberflächengewässer, Ökosysteme, aber auch auf Gebäude (Vgl. Empa-Studie 2007: 92)
Weiterführende Informationen
Forschung, vgl. Biomasse-Projekte an der FH Eberswalde, seit 2002 Zukunftsprojekt „Erneuerbare Energien aus forst- und landwirtschaftlicher Biomasse im Konnex regionaler Entwicklungen”, das verschiedene, z.T. abgeschlossene Teilprojekte umfasst: u.a. „Nachthaltiger Roggenanbau für Bioethanol, URL
http://www.fh-eberswalde.de/Projekte/Bioenergie/Abgeschlossene-Projekte/BIOETHANOL/Nachhaltiger-Roggenanbau-fuer-Bio-Ethanol-K2748.htm; zu Roggennutzung als Ethanolgetreide vgl. Abstracts Herbstakademie 2008, vgl. Abstract Herbstakademie 2008, Dr. Thomas Schatz /Jan Noack, „Ethanolgetreide: Sortenempfehlungen für nachhaltigen Anbau”, URL
http://www.fh-eberswalde.de/_obj/3685CE8F-1B29-4917-A5FF-183133122A21/Abstract-Lorenz.doc
Auf und Ab der Roggenethanol-Produktion in Schwedt, Anlage der Verbio AG: Berliner Zeitung 9/7/2008, „Roggen und Zucker für Autos”, URL
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2008/0709/brandenburg/0020/index.html, älterer Artikel der Lausitzer Rundschau 23/12/2004, „In Schwedt entsteht aus Roggen biologischer Kraftstoff”, URL
http://www.lr-online.de/wirtschaft/wirtschaft-lr/In-Schwedt-entsteht-aus-Roggen-biologischer-Kraftstoff%3Bart1067,780893?fCMS=883bf6d1e335797a516f1b501581b946
„Mais spielt keine Rolle”, Interview des gen-ethischen-Netzwerkes mit Alexandra Mühr, Mitarbeiterin der Verbio AG, einer der größten Hersteller von Agrodiesel und –ethanol in Deutschland, u.a. auf der Grundlage von Roggen, vgl. Gen-ethisches Netzwerk, GID 183, Sept. 2009, S. 11-13, URL
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/183/thema/mais-spielt-keine-rolle
Zur Wirtschaftlichkeit des Winterroggenanbaus, vgl. Baumecker, Michael / HU Berlin, „Die Wirtschaftlichkeit des Winterroggenanbaus auf leichten Standorten. Roggen anbauen – oder Flächen stilllegen”, URL
http://www.agrar.hu-berlin.de/struktur/ze/freiland/publis/roggen.pdf
Roggenkrankheiten, vgl. Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft, „Roggen- und Haferkrankheiten”, URL
http://www.lfl.bayern.de/publikationen/daten/merkblaetter/daten20083.pdf