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Mehringhof e.V. - Verein zur Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung und Völkerverständigung (Berlin) in Kooperation mit FDCL lädt ein zum MehringHof-Filmabend:

 

Soberanía Violada - Verletzte Souveränität

Paraguay 2007, Original (Guaraní/Span.) mit dt. UT, 30’; R: Malu Vázquez. C: Arturo Peña, Calatina Servín, S: José Elizeche, T: W. Krauch

 

Zeit: 03.12.2007, 19:00 Uhr [anschließend Vortrag und Diskussion mit Reto Sonderegger, Paraguay]

Ort: Versammlungsraum im Mehringhof, Gneisenaustr. 2a, 10 961 Berlin – Kreuzberg. Im Mehringhof, Aufgang 3, 1.Stock, über dem Theater. U-Bhf. Mehringdamm [U6 / U7]

Eintritt frei!


Soberanía Violada - Verletzte Souveränität. Paraguay 2007, Original (Guaraní /Span.) mit dt. UT, 30’; R: Malu Vázquez. C: Arturo Peña, Calatina Servín, S: José Elizeche, T: W. Krauch

 

Der Distrikt San Pedro in Paraguay. Die grüne Wüste beginnt gleich neben den Siedlungen der Kleinbauern. Die grüne Wüste sind Monokulturen aus Soja, Weizen und demnächst möglicherweise Raps, aus dem die Investoren Agrokraftstoff gewinnen wollen, um ihn zu exportieren.

Monokulturen expandieren in Paraguay, wo die Landfläche schon jetzt extrem ungleich verteilt ist. Die Expansion setzt auf gentechnisch veränderte Pflanzen und die chemische Keule der Pestizide. Sie geht zu Lasten der Lebens- und Wirt­schafts­weise von indigenen Kleinbauernfamilien, die vertrieben, vergiftet, enteignet und zu Landlosen werden.

Der Export von Produkten wie Soja zählt in Paraguay alles – das Recht auf Ernährungssouveränität zählt nichts. Der Film gibt den Kleinbauern eine Stimme.

 

 

VeranstalterInnen:

Mehringhof e.V. - Verein zur Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung und Völkerverständigung (Berlin) in Kooperation mit FDCL

 



Soberanía Violada - Verletzte Souveränität. Paraguay 2007, Original (Guaraní /Span.) mit dt. UT, 30’; R: Malu Vázquez. C: Arturo Peña, Calatina Servín, S: José Elizeche, T: W. Krauch



Monokulturen in den Tank?

Vom Vormarsch der Agroindustrie und Latifundien in der 'Soja-Republik' Paraguay

 

Diskussionsveranstaltung mit Reto Sonderegger (Paraguay)

Ort: Mehringhof Versammlungsraum

Zeit: ab ca. 20 Uhr

 

 

Im letzten Winterhalbjahr, zwischen Mai und September 2007, fiel kaum Regen in Paraguay. Die Bauern konnten nicht säen, haben ihre Vorräte aber bereits aufgebraucht. Über Geld, Lebensmittel zu kaufen, verfügen sie auch kaum. Denn Arbeitsmöglichkeiten gibt es kaum noch, schafft die mechanisierte Sojaproduktion dank Gentechnologie und großflächig mechanisierter Arbeit viel weniger Arbeitskräfte für die Unkrautbekämpfung. Statt Bauern mit Hacken sieht man riesige Spritzfahrzeuge, die so genannten "Mosquitos", die in einem Akt regelrechter chemischer Kriegsführung die Lebensbedingungen auf dem Land zerstören.

Die Flüsse und Bäche sind vor allem in Alto Parano und Itapua vielerorts biologisch tot. Der ehemalige Fischreichtum eine blasse Erinnerung. Paraguays Kleinbauern leben traditionell von Ackerbau und Viehhaltung, aber immer ergänzt durch Fischfang, Jagen und Sammeln im Wald. Die gnadenlose Abholzung des atlantischen Regenwaldes und der Pestizideinsatz in der industriellen Landwirtschaft haben diese traditionellen Subsistenzformen und deren Ernährungssouveränität stark eingeschränkt. Dazu kommt, dass viele nun brasilianische Großgrundbesitzer ein Eindringen in ihr Latifundio nicht mehr tolerieren und ihr Wachpersonal, die "Capataces", angewiesen haben, jeden Eindringling zu töten. So geschehen Mitte August dieses Jahres in San Vicente, im Departement San Pedro, wo zwei Campesinos in einem Hinterhalt erschossen wurden.

Während viele Familien gezwungen sind, von 2 bis 10 Hektar Land zu leben, misst allein das Latifundio Aguaray SA, wo die zwei Campesinos im August 2007 ermordet wurden, 93.000 Hektar. Der Besitzer lebt in São Paulo in Brasilien,- und außer dem Geld, welches die Monokulturen abwerfen, hat er keinen Bezug zum Land. In Paraguay besitzen ein Prozent der Bevölkerung 77 Prozent des Landes. Allein in den letzten Jahren erlebte Paraguay eine Landflucht von 90.000 Familien. Während der Agrarreform 'von oben' in den 1960er Jahren verteilte Strössner 12 Millionen Hektar an befreundete Militärs, Politiker und Unternehmer, unter ihnen auch damals schon brasilianische. Im letzten Sojazyklus 2006/2007 wurden fast 2.5 Millionen Hektar Soja angebaut. Davon sind 80% in ausländischer Hand, meistens deutschstämmiger Brasilianer.

Die Sojalobby in Paraguay redet davon, in den nächsten Jahren die Sojanbaufläche auf 4 Millionen Hektar auszudehnen. Die Nachfrage ist dank boomender europäischer und chinesischer Tierfabriken und dem nun rasant einsetzenden Run auf Agrotreibstoffe gegeben. Die Sojeros denken auch ernsthaft darüber nach, die traditionelle Winterkultur Weizen durch Raps zu ersetzen, um europäische Autos und Lastwagen zu versorgen anstatt einheimische Bäuche.

Ein apokalyptisches Panorama
Der massive Vormarsch des Agrobusiness in Paraguay bedroht das Überleben der letzten bäuerlichen und indigenen Siedlungen. Die genetische Verunreinigung traditionellen Saatgutes durch gentechnisch verändertes und hybrides Saatgut, die Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzflächen wegen der steigenden Nachfrage nach Futtermitteln und pseudoökologischer Agroenergie, der Verlust von ganzen Ökosystemen mit ihrer Biodiversität und die erbarmungslose chemische Kriegsführung mit Pestiziden bedrohen nicht nur die Campesinos in Paraguay, sondern die Menschheit als Ganzes.

Angesichts dieses Panoramas bleiben keine Zweifel, dass der Kampf ums Land Hand in Hand mit dem Kampf für die Bewahrung und Wiederherstellung der natürlichen Lebensgrundlagen gehen muss. Es ist ein Kampf mit tiefer lokaler Verwurzelung und einer globalen Perspektive und Vision. Man kann den Kampf für die Menschenrechte nicht mehr von demjenigen für eine gesunde und intakte Umwelt trennen. Der Zugang zu Land und entsprechend zu einer ausgewogenen und gesunden Ernährung und sauberem Trinkwasser sind fundamentale Menschenrechte, die täglich durch das wirtschaftliche Modell des Agrobusiness verletzt und ignoriert werden. Es ist eben nicht genug, die Brunnen in einer bäuerlichen Ansiedlung zu schützen, die umgeben ist von der grünen Wüste der Gentechsoja. Denn die Pestizide kennen keine Grenzen. Sie filtern sich bis ins Grundwasser und kontaminieren ohne Unterschied. Der Flusslauf, der aus dem Sojafeld kommt, enthält Pestizide und Kunstdünger statt Fischen. Und wenn die Leute dieses Wasser trinken, werden sie krank. In einem verletzten und moribunden Ökosystem können auch keine gesunden Menschen leben. Es gibt keine menschliche Gesundheit ohne eine gesunde Umwelt.

Reto Sondergegger, geboren 1975 im Kanton Thurgau, lebt in Paraguay, ist Biobauer, Umweltaktivist und Mitglied der Bauerngewerkschaft Uniterre; er arbeitet als Sozialforscher und Journalist in Asunción und als Bioberater für Bauernorganisationen in den Departementen Caaguazú und San Pedro. Er wirkt an nationalen und internationalen Kampagnen gegen Pestizide, Gentech-Saatgut und Agrotreibstoffe mit.

Hommage an Joel

Joel ist jung, Anfang zwanzig. Er ist mit Perla verheiratet und sie haben zwei Kinder. Sie leben in der Gemeinde Tekojoja, was auf Guaraní «Gerechtigkeit» oder «Gleichheit» bedeutet. Angrenzend an ihre 2.5 ha kleine Parzelle beginnen die endlosen Sojamonokulturen, die grüne Wüste, wie Joel zu sagen pflegt. Traurige Berühmtheit erlangte Tekojoja am 24. Juni 2005, als brasilianische Sojafarmer eine illegale Räumung mit bestochenen Staatsanwälten, Polizei und eigenen bewaffneten Schlägern durchführten. 56 Häuser wurden niedergebrannt, die Feldkulturen mit Traktoren plattgewalzt, 150 Personen verhaftet und zwei Campesinos erschossen.


Am Vorabend der Räumung hatte Joel den Ziehbrunnen fertig gegraben, alles von Hand mit der Schaufel. Bis in 12 Meter Tiefe. Am folgenden Tag wurde auch ihr Haus niedergebrannt, ihre Kulturen zerstört und der Brunnen zugeschüttet. Doch das junge Paar kehrte wie alle anderen zurück. Joel hob den Brunnenschacht wieder aus. Sie säten von neuem aus und pflanzten Bäume. Seine Tochter Vivi kam mit einer Missbildung im Gesicht zur Welt, weil Perla während der Schwangerschaft mehrmals dem Abdrift der Pestizide ausgesetzt war.


Joel hat das Umweltschutzgesetz gelesen und kennt die entscheidenden Paragrafen auswendig. Es ist das einzige Buch in seinem Haus. Bei jeder Sprühung führt er die Dorfbewohner an, wenn sie die Traktoren zum Umkehren zwingen. Oft kehren sie unter Polizeischutz zurück. Einmal riss ein Polizist eine Seite aus dem Gesetzesbuch raus und stopfte sie Joel in den Mund, nachdem er ihn zu Boden geschlagen hatte. Der brasilianische Sojafarmer stand spöttisch neben ihm und sagte: „In diesem Land gibt es kein Gesetz. Es gibt nur Geld.”


Doch bei der nächsten Sprühung stand Joel wieder dort, die anderen anführend. Jedes Mal wieder. Zwei Jahre nach der Räumung hat Joel das erste Biolandbaukomitee der Gemeinde gegründet, in der Überzeugung, dass das Leben immer triumphieren wird.


Gefördert durch die "Deutsche Behindertenhilfe - Aktion Mensch e.V."



This event has been produced with the financial assistance of the European Union. The contents of this event are the sole responsibility of the organizers and can under no circumstances be regarded as reflecting the position of the European Union.

 

This event was elaborated within the framework of the cooperation-project "Handel-Entwicklung-Menschenrechte" of the Heinrich Böll Foundation (hbs), the Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL), and the Transnational Institute (TNI). More information at:

http://www.handel-entwicklung-menschenrechte.org 


FDCL, Berlin: fdcl-berlin.de/de/
TNI - Transnational Institute, Amsterdam: www.tni.org
Fundação Heinrich Böll, Rio de Janeiro: www.boell-latinoamerica.org/pt/nav/35.htm
Heinrich Böll Stiftung, Referat Lateinamerika, Berlin: www.boell.de

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